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Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz

Titel: Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Maxey
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Prolog Teil Eins
Samen
    1070 D. Z . (Drachen-Zeitalter), im 39sten Jahr
der Herrschaft von Albekizan
     
    D er Geruch von frisch gepflügter Erde und von Frauen lag schwer in der Nachtluft. Nackt lief Bant die Furchen entlang, duckte sich so gut wie möglich, während er zur Obstwiese eilte. Überall um ihn herum sangen Frauen und stöhnten Männer vor Vergnügen. Bant starrte angestrengt in die Dunkelheit; jeden Augenblick könnte sich irgendein weißer Arm aus der mondlosen Nacht schlängeln und ihn zu sich ziehen, um von ihm zu verlangen, was Recanna zustand.
    Als er das andere Ende des Feldes erreichte, verblassten die Geräusche der Leidenschaft. Vor ihm türmten sich die schwarzen Schatten der Pfirsichbäume auf. Er blieb am Rand der Wiese stehen, gewärmt von der aufsteigenden Hitze der Erde und eingehüllt in den süßen Geruch der frischen Blüten.
    »Recanna?«, flüsterte er.

    Er beugte sich vor, lauschte auf ein Geräusch. Eine Frau lachte in der Ferne. Er duckte sich etwas und betrat die Obstwiese, ging vorsichtig weiter, während er die Arme vor sich hielt. Unter dem tief hängenden, dichten Blütendach verschwand sogar das schwache Sternenlicht. Er fand keinen Hinweis auf seine Geliebte. Hatte sie beschlossen, doch nicht zu kommen? Oder noch schlimmer, war sie auf ihrem Weg zwischen den Feldern hierher von jemand anderem festgehalten worden? Theoretisch stand in der Nacht des Säens den Frauen das Recht zu, sich den Partner frei zu wählen, den sie sich wünschten. In der Praxis allerdings war es der Frau unmöglich, einen Mann aus dem Dorf zurückzuweisen; dies wäre eine Beleidigung der Göttin gewesen.
    Bant war erst fünfzehn Jahre alt, Recanna vierzehn, und es war für sie beide das erste Mal, dass sie an dem Frühlingsritual zu Ehren der Göttin Ashera teilnahmen. Sie hatten auf diese Nacht ihr ganzes Leben lang gewartet. Wenn sich all ihre heimlichen Pläne und gemeinsamen Träume jetzt in nichts auflösten … Es war zu schrecklich, sich so etwas vorzustellen.
    »Recanna?«, fragte er erneut und etwas lauter, rief es beinahe. Dann hielt er den Atem an und lauschte auf ihre Antwort. Sein Herz trommelte in den Ohren.
    Schließlich antwortete sie mit leiser Stimme: »Ich bin hier.«
    Bant näherte sich vorsichtig dem Geräusch. Er konnte unter den Zweigen so gut wie nichts sehen. Einen Augenblick glaubte er, in der Dunkelheit ihre schlanke Gestalt als schwarzen Schemen vor einem grauen Hintergrund ausmachen
zu können. Als er jedoch näher herankam, erkannte er, dass es nur ein Baumstamm war. Dann spürte er ihre sanfte, kühle Hand, die sich um seine schloss und ihn zu sich heranzog.
    Sie war nackt, natürlich. Wenn sie in dieser Nacht in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ihren Körper mit Stoff bedeckte, würde dies als Sünde gewertet werden. Ihre weiche Haut schmiegte sich an seine, und er hatte das Gefühl, als wäre er in einen Traum geglitten. Er nahm sie in die Arme, hielt sie fest und zitterte vor Freude. Dann beugte er sich vor und berührte ihren Hals mit seinen Lippen, knabberte daran, sog den üppigen Geruch ihrer Haare ein. Sein Mund suchte ihre Lippen, aber sie wandte das Gesicht ab, und so fanden seine Lippen nur ihre nasse, salzige Wange. Recanna zitterte. Bant begriff, dass sie weinte.
    »Was ist los?«, flüsterte er und strich ihr über den Rücken.
    »Das Ganze hier«, sagte sie mit verängstigt klingender Stimme. »Wir. Bant, ich liebe dich, aber … wir sollten nicht hier sein. Ich habe Angst.«
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, erwiderte Bant und strich ihr über die Haare. »Wie du gesagt hast, du liebst mich. Ich liebe dich. Nichts, was aus Liebe getan wird, sollte zu Angst führen.«
    Sie schluckte schwer. Sie weinte immer noch.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte er und wischte ihr die Tränen beiseite.
    »Nein«, entgegnete sie. »Ich weiß, dass ich mit dem hier einverstanden war. Aber als die Frauen mich für das Ritual des Säens vorbereitet haben, haben sie über die Göttin gesprochen. Sie haben mir von meiner Pflicht erzählt.«
    »Vergiss die verdammte Pflicht«, sagte Bant. Er packte ihre Schultern und sah ihr in die Augen. »Wir haben so lange gewartet. Ich werde dich nicht mit den anderen teilen. Das kann ich nicht.«
    »Aber es ist die Nacht des Säens. Die Göttin ist gut zu uns. Sie lässt die Obstwiesen blühen und das Korn sprießen. Alles, was sie als Gegenleistung dafür erbittet, ist diese eine Nacht der …«
    »Still«, sagte Bant

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