Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
lachend und übermütig betrachtet und für dessen Hauptfigur sie nur die Worte gehabt hatte: »Sieh, Ezel, sie hat geweint. Aber ist es nicht, als begriffe sie kaum ihre Schuld?«
    Ach, sie fühlte jetzt, daß das alles auch für sie selbst gesprochen war, und sie nahm das ihrer Hand entfallene Bildchen wieder auf und gab es an Rubehn und errötete.
    Dieser spielte damit hin und her und sagte dann, während er die Feder wieder zuknipste: »King Ezel in all his glories! Immer derselbe. Wohlwollend und ungeschickt. Ich werd’ es tragen. Als Uhrgehäng’, als Berloque.«
    »Nein, ich. Ach, du weißt nicht, wieviel es mir bedeutet. Und es soll mich erinnern und mahnen… Jede Stunde…«
    »Meinetwegen. Aber nimm es nicht tragischer als nötig und grüble nicht zuviel über das alte leidige Thema von Schuld und Sühne.«
    »Du bist hochmütig, Ruben.«
    »Nein.«
    »Nun gut. Dann bist du stolz.«
    »Ja, das bin ich, meine süße Melanie. Das bin ich. Aber auf was? Auf wen ?«
    Und sie umarmten sich und küßten sich, und eine Stunde später brannten ihnen die Weihnachtslichter in einem ungetrübten Glanz.

GRAF PETÖFY

     
    Dieser Roman erschien zuerst im Jahre 1884. Er handelt von der Ehe zwischen einer jungen, protestantischen, bürgerlichen Schauspielerin aus Norddeutschland und einem alten, katholischen, ungarischen Grafen.
    Das Geschlecht der Grafen von Petöfy hat nur noch drei lebende Vertreter: Den alten Grafen, einen etwa siebzigjährigen Junggesellen und Theaterhabitué, seine verwitwete Schwester Judith von Gundolskirchen, die ihre Zeit im Gegensatz zu ihrem Bruder mit Gesprächen mit ihrem Vertrauten Pater Feßler und Beschäftigung mit der katholischen Kirche ausfüllt, und den Neffen der beiden, Egon Graf Asperg, den Sohn einer bereits verstorbenen Schwester der beiden alten Herrschaften.

 

    Fontane, nah an der Veröffentlichung des Romans

Erstes Kapitel
     
    In einer der Querstraßen, die vom »Graben« her auf den Josephsplatz und die Augustinerstraße zuführen, stand das in den Prinz-Eugen-Tagen erbaute Stadthaus der Grafen von Petöfy mit seinem Doppeldach und seinen zwei vorspringenden Flügeln. Ein altmodisches Hochparterre, dazwischen ein Hof und ein etwas vernachlässigtes, den ganzen Bau nach vornhin abschließendes Eisengitter. Ging man an einem dunklen Tage hart an diesem Eisengitter vorüber und sah durch seine rostigen Stäbe hin auf den mit Kies bestreuten Vorhof, so gewann man den Eindruck, daß hier alles längst tot und ausgestorben sei; trat man aber umgekehrt auf das Trottoir der andern Straßenseite hinüber, so bemerkte man an allerlei kleinen Zeichen und nicht zum wenigsten an einem gedämpften Lichtschimmer, der abends durch die nicht ganz zugezogenen Gardinen fiel, daß, wenn nicht der ganze Bau, so doch die zwei vorspringenden Flügel desselben bewohnt sein mußten.
    Und so war es auch.
    Die beiden letzten Petöfys, Graf Adam und seine Schwester Judith, eine seit vielen Jahren verwitwete Gräfin von Gundolskirchen, bewohnten den Palais in getrennter Wirtschaftsführung und benutzten in Gemeinschaftlichkeit nur die dem Corps de Logis angehörigen Repräsentationsräume.
    Die »Gesellschaft«, die sich in diesen Räumen zu versammeln pflegte, war, je nachdem der Bruder oder die Schwester »invitiert« hatte, von sehr verschiedenem Gepräge.
    Beide Geschwister gefielen sich nämlich in einem ausgesprochenen Protegieren; aber während die Protektion des Grafen der Kunst galt, galt die der Gräfin der Kirche, weshalb es weder ausbleiben noch überraschen konnte, daß sich in denselben Empfangsräumen eine sehr verschiedene Gesellschaftselite: die Wolter und der Kardinal von Schwarzenberg, abwechselnd bewegte. Nur selten, daß man eine Vereinigung beider Elemente wagte.
    Graf und Gräfin waren jeder zu seinem Teil ebenso voll Hingebung wie voll Wohlwollen, und doch hätte es keiner allzu scharfen Beobachtung bedurft, um wahrzunehmen, daß die Protektion, in der sie sich ergingen, etwas von einer noblen Passion an sich trug. Sie fühlten eine gewisse Leere, wollten sie standesmäßig ausfüllen und trafen darnach unter dem, was ihnen zur Hand war, ihre Wahl.
    Aber dieser Entstehung ihrer Passion waren sich beide seit lange nicht mehr bewußt und standen vielmehr in Aufrichtigkeit und gutem Glauben jeder an seinem Platz.

Zweites Kapitel
     
    Es war Ende Januar, einer jener unfreundlichen Tage, wo der Himmel nicht weiß, ob er nebeln oder nieseln soll. Grau zogen die Wolken über

Weitere Kostenlose Bücher