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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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daß noch nie so Schönes gedichtet worden ist wie:
    Ihr kleinen goldenen Sterne,
    Ihr bleibt mir ewig ferne,
    was sie jetzt auf allen Leiern spielen, so sag’ ich: nein, ihr Herren, euer Geschmack ist nicht mein Geschmack, und es fällt mir ganz anders auf die Sinne, wenn unser Werneuchner Freund in seiner drallen Dichterweise anhebt:
    Auf seinem Waldhorn bläst des Dorfes Hägereiter,
    Die Paare treten an, die Augen werden heiter,
    Des Amtmanns Schreiber kommt, die Bauern rufen: Tusch,
    Fort mit den Tischen, itzt beginnt der Kiekebusch!
    Das nenn’ ich Sprache. Ich sehe den Bräutigam mit der rotkalmankenen Weste und höre, wie sie mit den Hacken zusammenschlagen. Da ist echtes Gold drin, gegen das sich die ›kleinen goldenen Sterne‹ verstecken können.«
    Turgany lachte herzlich. Im übrigen trat eine kleine Verlegenheitspause ein, die Seidentopf endlich – mit geflissentlicher Umgehung des ganzen Intermezzos, als welches die Dolgeliner Verteidigungsrede anzusehen war – unterbrach, indem er sich an seine schöne Widersacherin wendete: »Sie unterschätzen ihn, liebe Renate, wie so viele mit Ihnen tun. Vielleicht, daß ich meinerseits in den entgegengesetzten Fehler verfalle, weil ich die Vorzüge seines Herzens auch in seinen Dichtungen wiederfinde. Man muß ihn eben kennen.«
    »Nun, so lassen Sie uns an Ihrer Kenntnis teilnehmen, erzählen Sie von ihm.«
    »Das muß Turgany tun«, fuhr der Pastor fort, »er hat die Gabe eindringlicher Schilderung, er kennt ihn, er schätzt ihn auch, wenn ich mich früherer Gespräche recht entsinne.«
    Turgany machte zunächst eine ablehnende Handbewegung und setzte dann erklärend hinzu: »Lieber Seidentopf, es muß eine Verwechselung vorliegen, vielleicht mit deinem Amtsbruder Pastor Zabel, den wir soeben in dankbarer Erinnerung an die rotkalmankene Weste sich enthusiasmieren sahen. An ihn wäre dein Appell in der Ordnung gewesen.«
    Aber diese Ablehnung, wie vorauszusehen, war umsonst; alles drang in Turgany, der endlich, wohl oder übel, dem allgemeinen Wunsche nachgeben mußte. Vielleicht nicht ungern. Denn er tat nichts lieber als medisieren. »Nun denn«, so hob er an, »Sie wissen alle, daß unser Werneuchener Freund ein Prediger und Dichter ist, aber was Sie vielleicht nicht wissen und was so recht eigentlich den Schlüssel zum Verständnis seiner Dichtungen bildet, das ist das, daß er auch Gatte und Vater ist. Die Kanzel steht ihm nahe, aber die Wiege steht ihm näher. Sein Haus ist eine Kinderstube, oder wie es hierlandes heißt: mehr Quarre als Pfarre. Versteht sich, ist er kreuzbrav. Er züchtet Bienen und Blumen und lädt seine Gäste statt in Prosa in Versen, meist in Sonetten, ein. Er ist bescheiden und selbstbewußt, nachgiebig und eigensinnig, harmlos und schlau, in Summa ein Märker. Nicht zufrieden damit, für sein eigen Teil der Pastor Schmidt von Werneuchen zu sein, ist sein bester Freund auch noch der Pastor Schultze von Döbritz. Nomen et omen. Er raucht aus langer Pfeife und trägt Käpsel und Schlafrock, und wenn er den letztern ausnahmsweise nicht trägt, so macht er den Eindruck, als trüge er zwei. Unter seinen Dichtungen hat mir die kleine Gruppe, die die Überschrift aufweist: ›Lieder für Landmädchen, abends beim Melken zu singen‹, immer den größten Eindruck gemacht. In einer angefügten Notiz findet sich nämlich die Bemerkung, daß er sie gedichtet habe, um verschlafene Milchmädchen beim Melken wach zu erhalten. Ich bezweifle, daß er seinen Zweck erreicht hat.«
    Seidentopf mühte sich, einen kleinen Unwillen zu zeigen. »Das führt uns nicht weiter, Turgany; du selbst wirst nicht behaupten wollen, in deiner Schilderung auch nur einigermaßen Gerechtigkeit geübt zu haben.«
    »Ich weiß doch nicht«, fiel Lewin hier ein. »Wir kennen alle den lebhaften Farbenauftrag unsers justizrätlichen Freundes, aber, einer gewissen drastischen Ausdrucksweise entkleidet, hat er nichts gesagt, was ich nicht von ganzem Herzen unterschreiben möchte. Diese Werneuchener Poesie hat in der Tat kein anderes Ideal als den bekäpselten Familienvater, und die Abfertigung, die ihr von Weimar her zuteil wurde, war wohlverdient. Es ist wahr, manches glückt ihm. Wie hübsch klingt es:
    Was lieb sich hat mit Treuen,
    Das sucht ein einsam Örtchen gern,
    Wo’s heimlich sich kann freuen,
    Von Lärm und Lauschern fern.
    Da hat sich’s lieb im stillen,
    So inniglich, so minniglich,
    Da hat es seinen Willen,
    Sein Wesen ganz für sich.
    Das ist sinnig;

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