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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gewichtigen Hinweis, den ich früher hätte erkennen sollen: Er erzählte mir, er wünschte, Cleonyma hätte Polystratus vermöbelt. Andere haben sich auch geäußert. Das Bild nimmt nur langsam Formen an, aber es beginnt sich zu vervollständigen. Ich glaube, Ihr alter Kumpel hat Ihr Unternehmen durch unzumutbares Verhalten bedroht. Ich glaube, Sie verschwenden viel Mühe darauf, ihn davon abzuhalten, Phineus. Kurz gesagt, ich glaube, dass Polystratus ein Mörder ist – und Sie wissen es!«
    »Sie sehen Dinge, die es gar nicht gibt, Falco. Gehen Sie zu einem Augenarzt.«
    »Ihr Partner hat Valeria ermordet. Er ist der sogenannte gutgekleidete Mann, der Cleonymus ermordet hat. Sie haben ihn nach Delphi geschickt, dann aber Bedenken gekriegt. Sie befürchteten, er könne Statianus etwas antun, und daher sind Sie aus dem Arrest geflohen und Polystratus nachgereist. Vielleicht nach Delphi, aber Sie kamen zu spät. Da waren die beiden bereits in Lebadaia, Phineus – wo Polystratus noch einen weiteren Mord beging.«
    »Was für eine tolle Geschichte«, höhnte Phineus. »Aber nicht der kleinste Beweis, nicht wahr?«
    »Ich werde nicht aufgeben.«
    »Sie haben nicht mal eine Leiche, Falco.«
    »Nur die Götter wissen, was Polystratus mit Statianus angestellt hat. Doch sollten wir jemals eine Spur des armen Mannes finden – auch nur die geringste –, werden Ihre Tage des Vertuschens vorbei sein.«
    Ich wartete nicht darauf, dass sich Phineus von mir abwandte, sondern ließ ihn stehen. Sein verächtliches Lachen hinter mir schien einen hohlen Klang zu haben. Ich hoffte es.
     
    Meine Begleiter winkten mich an unseren Tisch zurück. Wir quetschten uns zusammen auf unsere zwei Speiseliegen. Bei einem vornehmeren Essen würde jede davon einem einzelnen männlichen Gast zur Verfügung stehen, doch dieses Fest durchbrach die Regeln in vielfacher Weise. Zum einen hatten wir Frauen und Mädchen unter uns. Minas betonte das immer wieder, jubilierte, er habe alle eingeladen als Verbeugung vor römischen Bräuchen. Sein eigenes Weibervolk war vermutlich zu Hause eingesperrt. Minas machte einen grässlichen Witz über unsere Frauen, die alle die gesellschaftliche Befähigung geborener Hetären hätten. Er pries sie überschwenglich als Tänzerinnen, Sängerinnen und gewandte Gesprächspartnerinnen. Für uns war das peinlich, und da sie freimütige römische Frauen waren, verhöhnten sie ihn ganz offen.
    Niedrige Tische waren vor unseren Liegen aufgestellt worden. Jetzt bedeckten Kellner sie mit verführerischen Vorspeisen. Sie brachten uns Körbe mit Brot, sowohl braune Gerstenbrötchen mit nussigem Geschmack als auch weiche weiße Weizenlaibe, luxuriös, aber fader. Dem folgte der erste Gang mit Leckerbissen: schmackhafte Garnelen, winzige gebratene Vögel, Schnecken, knusprig panierter Tintenfisch, Olivenpaste zum Brot, von der uns Öl über das Kinn tropfte, Mandeln und Walnüsse, Gebäck, mit Kräutern in Honigessig gedämpfter Kohl. Undefinierbare Dinge in heißem Teig lagen am längsten auf dem Teller, aber da das Servieren langsam vor sich ging, verschwanden schließlich auch die.
    Mehr Wein floss, der sich in Qualität und Quantität verbessert hatte. Minas hatte uns nemeischen Roten spendiert, vollmundig, ohne zu schwer zu sein, mit Nelken gewürzt und ansprechend. Wir kosteten ihn misstrauisch, ließen uns aber rasch überzeugen. Die Kellner verdünnten ihn im Verhältnis eins zu acht mit Wasser und ließen ihn in einer großen Mischschale herumwirbeln. Das Ergebnis wirkte zuerst seltsam, doch bald sehr angenehm.
    Fahrende Künstler steckten die Köpfe durch das Torhaus. Als sie hereinhüpften und ihre akrobatischen Kunststücke vorzuführen begannen, wurden die vorhandenen Musiker von Neid ergriffen. Schon bald tauchten vor allen Tischen Saitenzupfer, Dudler oder Bauchtänzerinnen auf. Wir bezahlten die Neuankömmlinge, damit sie verschwanden. Dann mussten wir die offiziellen Musiker bezahlen, damit sie zu schmollen aufhörten. Sie stellten sich fröhlich auf und stimmten das an, was den Römern ihrer Meinung nach am besten gefiel – endlose Wiederholungen der faden Stücke, die Nero für die »Siegesauftritte« bei seiner griechischen Bildungsreise komponiert hatte. Das konnte nur in den Provinzen passieren, denn in Rom spielt niemand mehr Neros Melodien. Hier draußen schienen die grausigen Schmachtfetzen der letzte Heuler zu sein. Mäandernde Rhythmen langweilten unendlich. Die Musiker lächelten wie Fanatiker

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