Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
der schäbig-vornehme Mann machte keinen Versuch mehr, seine äußere Erscheinung zu verbessern.
    Es würde nicht leicht sein, einen besonderen Stadtteil als Hauptsammelplatz schäbig-vornehmer Leute zu bezeichnen. Wir haben ihrer viele in der Gegend der Inns of Court   gesehen. Man sieht sie jeden Morgen zwischen acht und zehn Uhr in Holborn, und wer sich aus Neugier in den Gerichtshof der insolventen Schuldner begibt, wird ihrer dort eine große Menge unter den Zu- und Nichtzuschauern erblicken. Wir gingen nie zufällig auf die Börse, ohne einige schäbig-elegante Leute zu bemerken, und haben oft darüber gegrübelt, was sie dort in aller Welt zu tun haben könnten. Sie sitzen stundenlang da, stützen sich auf große, wassersüchtige, verschlossene Regenschirme oder essen Abernethyzwiebäcke;   niemand spricht mit ihnen, und sie sprechen gleichfalls mit niemandem. Doch freilich, wir sahen einst ihrer zwei auf der Börse miteinander reden, können aber aus unserer Erfahrung versichern, daß so etwas sehr selten vorkommt und etwa nur durch das Anerbieten einer Prise Schnupftabak oder eine ähnliche Höflichkeit veranlaßt wird.
    Es würde ebenso schwer sein, zu sagen, wo sie vornehmlich ihre Wohnungen haben oder womit sie sich in der Regel beschäftigen. Wir verkehrten nur ein einziges Mal mit einem schäbig-vornehmen Manne, einem trunksüchtigen Graveur, der ein dumpfiges Hinterzimmer in einer neuen Reihe, halb Straße, halb Backsteinbrennereifeld, in Camden Town bewohnte. Solch ein schäbig-vornehmer Elegant hat vielleicht gar kein Geschäft, oder ist Korn- oder Kohlen- oder Weinmakler, oder Schuldeneinsammler, oder Brokersgehilfe, oder ein verunglückter Anwalt, ein Schreiber unterster Klasse, oder ein ebenso untergeordneter Korrespondent für eine Zeitung. Wir wissen es nicht, ob unsern Lesern auf ihren Wanderungen diese Leute ebenso oft aufgefallen sind als uns; das aber wissen wir, daß der verarmte, schäbig-elegante Mann (gleichviel, ob er sein Herunterkommen selbst verschuldet hat oder nicht), der seine Dürftigkeit schmerzlich fühlt und sich vergeblich bemüht, sie zu verheimlichen, zu den unglücklichsten Geschöpfen unter der Sonne gehört.

Ein lustiger Abend
    Pythias und Damon waren ohne Zweifel sehr wackere Leute auf ihre Art: der erstere wegen seiner ausnehmenden Bereitwilligkeit, persönliche Bürgschaft für einen Freund zu leisten, und der letztere wegen einer gewissen abtrumpfenden, kaum minder merkwürdigen Pünktlichkeit, gerade im letzten und entscheidenden Augenblicke wieder zur Stelle zu sein. Viele ihrer Charaktereigenheiten sind gegenwärtig veraltet. Damons sind in diesen Zeiten, wo sie ihrer Schulden wegen eingesperrt werden, schwer zu finden (die Scheine Damons ausgenommen, die eine halbe Krone kosten); und was die Pythiasse betrifft, so haben die wenigen, die es in diesem entarteten Zeitalter gab, die unglückliche Neigung gehabt, Versteck zu spielen, und zwar gerade in dem Moment, in dem ihr Erscheinen streng klassisch gewesen sein würde. Doch wenn sich in der neueren Zeit zu den Handlungen dieser Heroen keine Parallele findet, so ist es dafür in betreff ihrer Freundschaft der Fall. Wir haben Damon und Pythias auf der einen – Potter und Smithers auf der andern Seite; und da die letzterwähnten Namen das Ohr unserer unerleuchteten Leser mutmaßlich noch nicht erreicht haben, so können wir nichts Besseres tun, als sie mit den Eigentümern bekannt zu machen.
    Wohlan denn! Mr. Thomas Potter war ein Kontorschreiber in der City, und Mr. Robert Smithers war ein Dito in ebenderselben; ihr Einkommen war beschränkt, aber ihre Freundschaft unbegrenzt. Sie wohnten in derselben Straße, dinierten jeden Tag in demselben Speisehause und zechten einer in des anderen Gesellschaft jeglichen Abend. Sie waren durch die engsten Bande der Freundschaft und Vertraulichkeit miteinander verbunden oder waren, wie Mr. Thomas Potter empfindsam bemerkte, »Dick-und-Dünn-Gefährten«. In Mr. Smithers’ Gemütsart lag ein Anflug von Romantik – ein Strahl von Poesie – ein Aufblitzen von Zerrissenheit – eine Art Bewußtsein, er wußte nicht genau wovon, das ihn überkam, er wußte nicht recht eigentlich warum – wodurch ein schöner Gegensatz gebildet wurde zu dem Mr. Potter in einem eminenten Grade auszeichnenden munteren kecken Liebhabertaschendiebereiwesen.
    Die Eigentümlichkeit ihrer Charaktere erstreckte sich auch auf ihre Kleidung. Mr. Smithers erschien in der Öffentlichkeit gewöhnlich in

Weitere Kostenlose Bücher