Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Schilderung nach«, sagte Flamwell sinnend und ließ die Stimme fast bis zum Geflüster sinken, »hat er eine starke Ähnlichkeit mit dem hochachtbaren Augustus Fitz-Edward Fitz-John Fitz-Osborne. Er ist ein äußerst begabter junger Mann und ein wenig exzentrisch. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er zu irgendeinem Zweck für den Augenblick einen anderen Namen angenommen hat.«
Wie hoch Theresa das Herz schwoll! Sollte er wirklich der hochachtbare Augustus Fitz-Edward Fitz-John Fitz-Osborne sein? Welch ein Name auf eleganten Verlobungskarten! »Der hochachtbare Augustus Fitz-Edward Fitz-John Fitz-Osborne!« Der Gedanke war Entzücken und Seligkeit.
»‘s ist in fünf Minuten fünf Uhr«, sagte Mr. Malderton, auf seine Uhr sehend; »ich will hoffen, daß er uns nicht vergebens auf sich warten läßt.«
»Da ist er!« rief Miss Theresa aus, denn es ertönten mächtige Doppelschläge an der Haustür. Alle bemühten sich – wie es häufig zu geschehen pflegt, wenn ein Besucher begierig erwartet wird – auszusehen, als wenn sie an niemands Eintreten gedacht hätten.
Die Tür wurde geöffnet. »Mr. Barton!« rief der Bediente.
»Der verwünschte Krämer«, murmelte Mr. Malderton. »Ah, mein werter Herr, wie befinden Sie sich? Nichts Neues?«
»Nein, nichts Besonderes«, antwortete Barton mit seiner gewöhnlichen biederen Zutraulichkeit; »nichts Besonderes, daß ich wüßte. Was macht ihr, Mädels und Burschen? – Freue mich, Sie hier zu sehen, Mr. Flamwell.«
»Da kommt Mr. Sparkins, und auf was für ‘nem prächtigen Rappen!« sagte Tom, der durch das Fenster geschaut hatte.
In der Tat sprengte Horatio auf einem Rappen daher, den er gleich dem ersten Kunstreiter kurbettieren ließ. Er stieg ab und übergab sein Roß dem Stallbedienten, trat ein und wurde Flamwell und Barton sowie diese ihm vorgestellt. Flamwell musterte ihn durch seine Brille mit geheimnisvoll-wichtiger Miene, und Horatio warf Theresa, die sich anstrengte, ausnehmend schmachtend auszusehen, unaussprechliche Dinge verkündende Blicke zu.
»Ist’s der hochachtbare Augustus – wie nannten Sie ihn doch?« flüsterte Mrs. Malderton Flamwell zu, der sie nach dem Speisezimmer führte.
»Hm – nein – zum wenigsten nicht so ganz eigentlich«, erwiderte das große Orakel, »nicht so ganz eigentlich.«
»Aber wer ist er denn?«
»Pst!« sagte Flamwell mit bedeutsamem Kopfnicken, um anzudeuten, daß er es sehr gut wisse, allein durch wichtige Gründe bewogen würde, das wichtige Geheimnis nicht verlauten zu lassen. Der Unbekannte war vielleicht ein Mitglied des Ministeriums, das sich inkognito mit der Volksstimmung bekannt machen wollte.
»Mr. Sparkins«, sagte die glückliche Mrs. Malderton, »darf ich bitten, daß Sie die Damen trennen? John, setzen Sie einen Stuhl für den Herrn zwischen Miss Theresa und Miss Marianne.«
John versah gewöhnlich die Dienste des Stallknechts und Gärtners, war aber an diesem Tage, da es galt, Mr. Sparkins eine große Vorstellung von den Maldertons beizubringen, in Schuhe und ein weißes Halstuch gesteckt und sonst nach Kräften aufgestutzt worden, um wie ein zweiter Bedienter auszusehen. Das Diner war ausgesucht, Horatio erwies Theresa alle möglichen Aufmerksamkeiten, und alle waren äußerst vergnügt mit Ausnahme Mr. Maldertons, der seinen Schwager zu gut kannte, um nicht in fortwährender Angst zu schweben.
»Haben Sie Ihren Freund, Sir Thomas Noland, kürzlich gesehen, Flamwell?« fragte er, Horiatio von der Seite anblickend, um zu sehen, was für Effekt die Erwähnung eines so bedeutenden Mannes bei ihm machte.
»Hm, nein – ganz kürzlich nicht; vorgestern sah ich aber Lord Gubbleton.«
»Ich hoffe, Seine Lordschaft befindet sich wohl«, fuhr Malderton im Ton der lebhaftesten Teilnahme fort, und kaum wird es nötig sein, zu sagen, daß er bis zu diesem Augenblick hinsichtlich seiner Kenntnis vom Dasein des edeln Lords im Stande der vollkommensten Unschuld gelebt hatte.
»O ja; der Lord befand sich sehr wohl – in der Tat sehr wohl. Er ist ein sehr lieber Mann. Ich begegnete ihm in der City und plauderte lange mit ihm. Wir sind sehr vertraut miteinander. Ich konnte mich indes nicht so lange bei ihm aufhalten, wie ich’s gewünscht hätte, weil ich gerade auf dem Wege zu einem Bankier war, einem sehr reichen Mann und Parlamentsmitglied, mit dem ich gleichfalls, wie ich wohl sagen kann, auf dem vertrautesten Fuß stehe.«
»Ah, ich weiß, wen Sie meinen«, sagte Malderton, der genausoviel wußte
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