Dem Leben Sinn geben
auf, für die Liebe zu le b en . Diese Sinngebung ist nicht an eine letzte Klärung der Frage gebunden, ob »das Leben an sich« irgendwelchen Sinn hat. Und sie hängt nicht so sehr von aufwallenden Leidenschaften ab, sondern von einer willentlichen Entscheidung. Das Potenzial des Liebens für die Sinngebung so vollständig wie möglich in den Blick zu bekommen, ist das Anliegen dieses Buches, dem bereits eines über die Liebe zwischen zweien vorausging. 1 Beide Bücher sind Teil des Projekts, eine umfassende Kunst des Liebens zu begründen, als deren Basis die Selbstbeziehung und Freundschaft mit sich selbst gelten darf. 2 Die Kunst des Liebens als gekonnter Umgang mit sich, mit Anderen und der Welt ist das Grundelement jeder Lebenskunst . Eine Voraussetzung der Kunst aber ist, die Wirklichkeiten und Schwierigkeiten der Liebe möglichst gut zu erfassen, um auch ihre Möglichkeiten besser sehen zu können. Der vorliegende Versuch dazu hat keine letzten Wahrheiten zu verkünden, sondern will dem Einzelnen behilflich sein, diejenige Wahrheit für sich zu finden, die ihm ein sinnerfülltes Leben und Lieben ermöglicht.
Leitend ist dabei die Idee, die Liebe nicht in Auffassungen zu ersticken, die dem Reichtum ihrer Möglichkeiten nicht gerecht werden können. Jede Liebe soll atmen können zwischen einem romantischen Grund , der von intensiven Gefühlen geprägt ist, und einer pragmatischen Anstrengung , die auch mit den Zeiten zurechtkommt, in denen die Gefühle ausbleiben oder ins Negative kippen. Unendlichkeitsgefühle sind mit alltäglichen Endlichkeitserfordernissen in Einklang zu bringen. GangbareWege sind zu erkunden zwischen den Hoffnungen auf vertraute Nähe und den Ansprüchen auf persönliche Freiheit, von denen moderne Menschen auch dann nicht lassen wollen, wenn dies eine unromantische Entzweiung zur Folge hat. Für alle, die lieber mit sich allein bleiben, stehen neben der Selbstfreundschaft viele andere Arten von Liebe zur Verfügung, die dem Leben Sinn geben können, die Freundschaft mit Anderen beispielsweise. Wer aber eine besondere Herausforderung sucht, findet sie in alten und neuen Formen des familiären Zusammenlebens, das in Zeiten der Diskontinuität geradezu zum Akt des Widerstands wird, um an einer neuerlichen Kontinuität zu arbeiten. Vielleicht ist mit einer neuen Anstrengung sogar die meistbedrohte Art der Liebe in moderner Zeit zu retten, die Ehe, vorausgesetzt, es interessiert sich noch jemand für ihre Rettung.
Von der Liebe in der Familie
Ist die Ehe noch zu retten?
Familie ist, wo mehr als einer ist, wenigstens zwei, die zusammenbleiben wollen, gleich welchen Geschlechts und aus welchen Gründen auch immer. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, wollen nicht einsam sein, suchen den gedanklichen Austausch, den körperlichen Verkehr, die materielle Absicherung: Nur sie selbst entscheiden, was den Ausschlag gibt. Und nicht nur Paare können Familien sein, mit oder ohne Kinder, sondern ebenso Alleinerziehende und alle, die in Wohngemeinschaften oder sonstwie zusammenleben. Bei einem Paar, das zusammenbleiben will, kann von einer Ehe gesprochen werden, mit einem ausdrücklichen oder unausgesprochenen Ja zueinander, mit oder ohne Trauschein, mit einiger Verbindlichkeit und einigen psychologischen, womöglich auch juristischen Konsequenzen. Mit der offenen oder stillen Bekundung, sich zu vertrauen, wird die Trauung im wörtlichen Sinne vollzogen, unabhängig davon, ob sie rituell ausgeschmückt und formell dokumentiert wird.
Andere fragen sich: Ist es wahre Liebe oder kalte Berechnung? Und nach einer Weile: Lieben sie sich noch? Die Frau haucht ein Yes . Der Mann zieht es vor, philosophisch zu antworten: Whatever love means … Ihm liegt offenbar an den unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten von Liebe und Ehe, die außer einer gefühlvollen Liebesehe auch eine kalkulierte Vernunftehe zulassen, bei der die Gefühle Dritten gehören können. Diejenigen, die so delikat antworteten, waren LadyDiana und Charles, Prince of Wales. Bereits am Tag ihrer Verlobung, zum Zeitpunkt der Pressekonferenz, auf der es zu dieser Szene kam, waren ihre Differenzen nicht zu überhören. 1981 feierten sie die »Hochzeit des Jahrhunderts«. Zwei Kinder und eine Scheidung später, auf die 1997 der tragische Unfalltod Dianas folgte, legalisierte Charles 2005 dann in einer vergleichsweise bescheidenen Zeremonie seine Beziehung zu der Anderen , Camilla, mit der er schon seit 1971 sämtliche Wirrnisse überstanden
Weitere Kostenlose Bücher