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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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sehr jung.
    Und als sie an diesem Abend in dem makellosen, nüchternen, antiseptischen Krankenzimmer im Bett lag, sah sie aus wie ein kleines Mädchen. Wie ein sehr krankes kleines Mädchen. Ihre natürliche Blässe hatte sich noch verstärkt, und die braunen Augen, die sie nur kurz und widerwillig öffnete, waren schmerzverhangen. Und ihre Schmerzen spiegelten sich in MacAlpines Augen wider, als er auf seine Tochter hinunterblickte, auf das mit einer monströsen Schiene versehene und dick bandagierte linke Bein, das auf der Bettdecke lag. MacAlpine beugte sich über seine Tochter und küßte sie auf die Stirn.
    »Schlaf gut, mein Liebling«, sagte er. »Gute Nacht.«
    Sie versuchte zu lächeln. »Mit all den Tabletten, die sie mir gegeben haben, werde ich schon schlafen. Und Daddy …?«
    »Was ist, mein Liebling?«
    »Es war nicht Johnnys Schuld. Ich weiß, daß es nicht seine Schuld war. Es lag an seinem Wagen. Ich weiß es ganz sicher!«
    »Das werden wir feststellen. Jacobson nimmt sich den Wagen vor.«
    »Du wirst sehen, daß ich recht habe. Bitte sag doch Johnny, daß er mich besuchen soll, ja?«
    »Heute abend nicht mehr, mein Liebling. Ich fürchte, es geht ihm nicht gut.«
    »Er … er ist doch nicht …?«
    »Nein, nein. Er hat nur einen Schock.« MacAlpine lächelte. »Er hat die gleichen Tabletten bekommen wie du.«
    »Johnny Harlow hat einen Schock? Das glaube ich einfach nicht! Drei fast tödliche Unfälle hat er schon hinter sich gebracht, ohne auch nur …«
    »Er hat dich gesehen, mein Schatz.« Er drückte ihre Hand. »Ich komme später wieder.«
    MacAlpine verließ das Krankenzimmer und ging auf die Annahme zu. Am Tresen sprach ein Arzt mit einer Schwester. Er hatte graue Haare, müde Augen und das Gesicht eines Aristokraten. »Sind Sie der Mann, der sich um meine Tochter kümmert?« fragte MacAlpine.
    »Mr. MacAlpine? Ja, ich bin Dr. Chollet.«
    »Es scheint sehr schlimm zu sein.«
    »Nein, Mr. MacAlpine. Alles kein Problem. Sie hat nur sehr viele Mittel bekommen. Gegen die Schmerzen, wissen Sie.«
    »Aha. Wie lange wird sie …«
    »Zwei Wochen, vielleicht auch drei, aber auf keinen Fall länger.«
    »Eine Frage, Dr. Chollet. Warum ist ihr Bein nicht im Streckverband?«
    »Ich glaube, Sie können die Wahrheit vertragen.«
    »Warum ist das Bein nicht im Streckverband?«
    »Streckverbände sind für gebrochene Knochen, Mr. MacAlpine. Ich fürchte, der linke Knöchel Ihrer Tochter ist nicht nur gebrochen, er ist – wie sagt man doch gleich – pulverisiert, ja, ich glaube, das ist das richtige Wort. Und in so einem Fall kann kein Chirurg der Welt helfen. Was von dem Knochen noch übrig ist, wird man zusammenleimen müssen.«
    »Bedeutet das, daß Sie das Gelenk nie wieder bewegen kann?« Chollet senkte den Kopf. »Wollen Sie mir sagen, daß sie ihr Leben lang hinken wird?«
    »Sie können noch ein weiteres Urteil einholen, Mr. MacAlpine. Wir können den besten Orthopädie-Spezialisten aus Paris kommen lassen. Sie haben das Recht …«
    »Nein, das wird nicht nötig sein. Sie haben offensichtlich recht, Dr. Chollet. Und da hilft auch kein zweites Gutachten.«
    »Es tut mir schrecklich leid, Mr. MacAlpine. Sie ist so ein hübsches Mädchen. Aber ich bin nur ein Chirurg. Wunder kann ich auch nicht vollbringen.«
    »Ich danke Ihnen, Doktor. Sie sind sehr freundlich. Ich komme in etwa zwei Stunden wieder.«
    »Nein, bitte nicht. Sie wird mindestens zwölf Stunden schlafen. Vielleicht auch sechzehn.«
    MacAlpine nickte und ging.
    Dunnet schob den Teller weg. Er hatte das Essen nicht angerührt. Er warf einen Blick auf MacAlpines ebenfalls unberührten Teller und dann auf den vor sich hin brütenden Mann, der ihm gegenübersaß.
    »Ich glaube, keiner von uns ist so hart im Nehmen, wie wir es angenommen hatten, James«, sagte er.
    »Das ist das Alter, Alexis. Davon wird keiner verschont.«
    »Du hast recht.« Dunnet zog seinen Teller zu sich heran, betrachtete ihn sorgenvoll und schob ihn dann erneut von sich.
    »Nun, immerhin ist es noch besser, als wenn das Bein amputiert werden müßte.«
    »Das stimmt.« MacAlpine schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich glaube, wir sollten einen Spaziergang machen, Alexis.«
    »Damit wir Appetit bekommen? Das wird bei mir nichts nützen.«
    »Bei mir auch nicht. Ich dachte nur, daß es vielleicht interessant wäre, zu erfahren, ob Jacobson irgend etwas herausgefunden hat.«
    Die Garage war sehr lang und niedrig, mit großen Oberlichtern, hell

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