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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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was wohl Zenoria zu dem neuen Rang sagen würde und was Adam dachte. Gott sei Dank würde er bald wieder Segel setzen, obwohl ihm noch Offiziere und Männer fehlten.
    Wir sind eine Mannschaft.
Wie oft war ihm das klargeworden. Er erinnerte sich an die große Fregatte
Valkyrie,
auf der ihn viele winzige Splitter in seinem gesunden Auge vollständig hilflos gemacht hatten. Das Kommando hatte sofort Kapitän Peter Dawes übernommen, in gleichem Dienstalter wie Adam. Seine Fregatte, die
Laertes,
war durch Kreuzfeuer aus Barrattes Batterien so zusammengeschossen worden, daß sie wohl nie wieder in ein Gefecht segeln würde.
    Viele fragten sich, warum nicht Adam ein so bedeutendes Kommando übernommen hatte. Das fragten sich sicher auch einige der Herren da hinter der großen Tür. Doch die Entscheidung für Dawes war richtig gewesen. Er erwies sich als guter und fairer Kommandant, das genaue Gegenteil von Kapitän Trevenen. Unter dem hatte es ständig brutalste Auspeitschungen gegeben. Trevenen war spurlos verschwunden. Entweder war er ermordet worden, hatte einen Unfall gehabt oder sich selbst über Bord fallen lassen. Er hatte immerhin mit einer Anklage wegen Feigheit vor dem Feinde zu rechnen, als Herrick das Kommando übernahm.
    Er wog seine Gedanken ab und kam zu dem Schluß, daß Adam seine geliebte
Anemone
bestimmt noch nicht verlassen wollte, obwohl er an Bord kaum noch ein vertrautes Gesicht vorfinden würde.
    Er hörte Avery durchatmen, als Schritte über den Marmorboden klangen wie ferne Hammerschläge.
    Ein Bediensteter mit blassem Gesicht sagte: »Wenn Sie mir bitte folgen würden, Sir Richard.« Unsicher sah er zu Avery hinüber. »Man hat mir nichts gesagt über …«
    »Dann haben Sie sicher auch nichts dagegen, wenn mein Flaggleutnant mich begleitet.«
    Avery tat der Diener fast leid – aber nur fast.
    Der große Raum war voll wichtiger Männer – hohe Offiziere, Lords der Admiralität und Zivilisten, die eher an Anwälte aus dem Old Bailey erinnerten als an Strategieplaner.
    Bolitho setzte sich und hörte, wie Avery seitlich hinter ihm Platz nahm. Durch die großen Fenster schien kein Sonnenlicht, und es fehlten auch glitzernde Leuchter, deren Licht seinem verletzten Auge weh tat. Der eine oder andere Offizier nickte ihm zu. Man schien zufrieden, ihn unverwundet und bei offenbar ausgezeichneter Gesundheit wiederzusehen. Einige würden ihn aus anderen Gründen willkommen heißen. Es war in diesen Räumen der Seemacht durchaus üblich, daß starke Persönlichkeiten aneinandergerieten. Bedienstete, Sekretäre und ein Flaggleutnant hielten sich im Schatten einer Säule, versuchten ungesehen zu bleiben.
    »Mein Onkel ist hier, Sir Richard!« flüsterte Avery.
    In diesem Augenblick erhob sich Sir Graham Bethune und legte eine Hand auf den Tisch. Selbst diese kleine Geste sah elegant aus. Bolitho fragte sich dennoch, ob Bethune sich seiner Sache so sicher war, wie er schien.
    »Sir Richard Bolitho ist für die meisten von Ihnen kein Fremder. Sein Name ist draußen vielen Leuten bekannt.« Er lächelte leicht. »Und auch Napoleon, natürlich.« Man lachte, und Bethune sah zu Bolitho hinüber.
    Ein schwergewichtiger Admiral, in dem Bolitho den obersten Finanzmann der Marine erkannte, fuhr stur dazwischen: »Wir sind hier, um unsere zukünftige Taktik zu besprechen, falls die Amerikaner die Absicht haben, gegen unseren König Krieg zu führen. Ich habe daran immer noch einige Zweifel.« Zornig sah er zu zwei Kapitänen in vollem Rang hinüber, die miteinander flüsterten und es offenbar begrüßten, daß es jetzt keinen König mehr gab, der sie regierte. »Die Vereinigten Staaten wären krank, wenn sie einer so mächtigen Kriegsmarine den Krieg erklärten!«
    Das Wort »krank« veranlaßte die beiden Kapitäne zu weiterem Flüstern.
    Besänftigend sagte Bethune: »Sir Paul Sillitoe gibt uns heute die Ehre. Er wird uns klarmachen, womit wir rechnen müssen.«
    Sillitoe erhob sich. Aus dem Schatten seiner Augenbrauen musterte er die Versammelten wie jemand, der eigentlich etwas Wichtigeres zu tun hatte.
    »Die Lage ist ganz einfach. Wir haben die Völker Europas in Freunde und Feinde geteilt. Napoleon riegelt den Kontinent ab und bedroht alle Nationen, die unseren Schiffen ihre Häfen für den Handel öffnen würden. Wir blockieren Europa von See her.«
    Bolitho beobachtete ihn genau und dachte daran, wie er sie nach Whitechapel begleitet hatte. Der Mann könnte ein Gegner sein. Doch als Berater des Prinzregenten
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