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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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da oben, die heute und morgen und wohl immer das Sagen haben, glauben, daß ein Mann nicht Offizier werden darf, wenn er mit seiner Hände Arbeit sein Brot ehrlich verdient hat.«
    Die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer in der kleinen Brigg verbreitet. Ozanne hatte sich die Gesichter genau angesehen. Überraschung, aber auch Erleichterung war in ihnen zu lesen gewesen. Die
Larne
war ein kleines Schiff, und die Männer waren viel länger als sonst üblich zusammengewesen, kannten sich also sehr genau. Jeder neue Besen hätte es mit dem Kehren an Bord schwer gehabt.
    Tyacke sah von seinem leeren Tisch auf, sein Gesicht war im Schatten.
    Ozanne sagte nur: »Sie warten alle, Sir!«
    Tyacke nickte langsam. »Ihre Beförderung ist angekommen.«
    »Werden Sie warten, Sir …?« Doch er kannte die Antwort schon.
    »Nein. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ich weiß, daß wir uns wiedersehen werden. So ist es immer.« Er wurde ungeduldig. »Sie sollen reinkommen.«
    Die Offiziere der
Larne
traten ein und fanden Platz zum Sitzen – auf Stühlen und auf der Bank unter dem Fenster. Als die Tür geschlossen wurde, war die Kajüte proppenvoll. Die
Larne
war gut bemannt mit Offizieren und Unteroffizieren. Sie hatte viele Prisen erobert, Sklavenschiffe und Schmuggler aufgebracht, und hatte immer ausreichend Männer an Bord, die erfahren genug waren, die Prisen in den nächsten freundschaftlichen Hafen zu segeln.
    Es gab jede Menge Cognac. Ozanne erinnerte sich daran, als Sir Richard Bolitho an Bord gekommen war und nach ihm sein Flaggleutnant. So betrunken hatte er seinen Kommandanten noch nie erlebt. Jetzt kannte er den Grund – oder jedenfalls einen der Gründe.
    »Bitte, bedienen Sie sich!« lud Tyacke ein. Anders ging es in der übervollen Kajüte nicht. Er beobachtete sie ohne besondere Gefühle: die Leutnants Flemyng und Robyns, Manley Pitcair, den Master, und Andrew Livett, der den schmalen Sold eines Schiffsarztes akzeptiert hatte, nur um Tropenkrankheiten und Tropenmedizin kennenzulernen. Dazu bot ihm die Sklavenküste reichlich Gelegenheit. Die Gehilfen des Masters, bronzebraun und verläßlich. Doch keine Midshipmen. All das würde sich ändern, wenn er erst einmal auf der
Indomitable
war, voraussichtlich Bolithos Flaggschiff. Sie lag nur zweihundert Meter entfernt, aber Tyacke hatte sie, wie es seiner Art entsprach, noch nicht inspiziert. Das hatte Zeit, bis er sein Kommando angetreten hatte, und das war nach dem Verlesen der Urkunde, nicht davor.
    Alles würde sich ändern.
Indomitable
hatte Seesoldaten an Bord wie jedes Kriegsschiff von der sechsten Klasse an aufwärts. Seit der
Majestich
atte Tyacke nicht mehr zusammen mit den Rotröcken an Bord gedient. Er fuhr sich über die Narben in seinem Gesicht und dachte an Bolithos Auge. Das rieb er sich immer, wenn er an etwas anderes dachte.
Ich hätte es ahnen müssen.
Er sah sich in der Kajüte um. Wie klein und niedrig sie doch war. Doch nach seinem ersten Kommando auf dem Schoner
Miranda
erschien sie ihm wie ein Palast. Auf der
Miranda
hatte er Bolitho kennengelernt, der alle Unbequemlichkeiten und den engen Raum mit ihm teilte. Als eine französische Fregatte sein Schiff zerstört hatte, gab ihm Bolitho ohne Zögern die
Larne.
Ihre Verbindung war immer enger geworden. Nur Distanz und ferne Pflichten konnten sie trennen. Er dachte zurück an Averys Besuch, den Ärger, die Verzweiflung.
Ich hätte es ahnen müssen.
    Er räusperte sich, und alle sahen sofort zu ihm.
    »Ich übergebe heute mein Kommando an Mister Ozanne. Ich kann meine Gefühle nur schwer beschreiben.« Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und sah nach draußen durch die dicken Fenster. So war es also immer gewesen: das dumpfe Knarren des Ruderschafts, das Wegrollen der schäumenden Seen unter dem Heck.
Lieber Gott, ich werde dieses Schiff vermissen.
    Und dann gab er bekannt: »Ich habe empfohlen, daß Robert Gallaway den Posten eines Leutnants so lange übernimmt, bis es offiziell bestätigt wird.« Er sah, wie sich der Gehilfe des Masters überrascht und freudig umschaute, während ihm seine Freunde auf die Schultern klopften. Er überließ es Ozanne, für Gallaway einen Ersatz zu finden. Das würde wahrscheinlich seine erste Aufgabe sein. So begann man seine neue Pflichten auf angenehme Weise.
    Niemand stieß sich hier an seinem Gesicht. Auf dem neuen Schiff wäre das anders. Aber was hatte er auch erwartet? Sollte er wie ein Phantom nur die Hochseerouten absegeln? Jetzt mußte er aus seiner
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