Dem Winde versprochen
Blackraven kannte Valdez e Incláns dunkelste
Geheimnisse und dieser ein paar brisante von ihm. Seit Jahren lebten sie in dieser Art Vernunftehe und niemand zweifelte daran, dass diese noch einige Jahre Bestand haben würde.
Das Sagen hatte Roger Blackraven. Seine absolute finanzielle Abhängigkeit machte Valdez e Inclán verwundbar und untertänig. Das Haus, in dem er wohnte, die Sklaven, die ihm dienten, die teuren Kleider, die er trug, die exquisiten Speisen, die er zu sich nahm, all das stammte aus Blackravens unerschöpflichen Taschen. Valdez e Inclán kümmerte sich um Blackravens Angelegenheiten, war in schwierigen Situationen zur Stelle, trat bei mehr als einem Geschäft als Strohmann auf, und Blackraven entlohnte ihn dafür großzügig. Hätte Alcides Valdez e Inclán bei der Verwaltung seines eigenen Geldes denselben Eifer an den Tag gelegt, wäre er inzwischen ein reicher Mann. Aber mit einer Frau wie Bernabela, den vier reizenden Töchtern, einer unverheirateten Schwägerin und einem verschwenderischen Herumtreiber von Schwager am Hals zerrann ihm das Geld zwischen den Fingern.
»Los, rede«, sagte Blackraven, der mit dem Degen unter dem Arm aufstand.
»Ich werde dir alles von Anfang an erzählen, damit du es verstehst.«
Kapitel 3
Da sie auf Béatrices guten Geschmack vertraute, hatte Bernabela ihren Schützling gebeten, sie in das einzig anständige Geschäft der Stadt zu begleiten. Béatrice hatte ein Talent, verschiedene Stoffe zu kombinieren, Kleider zu entwerfen und Frisuren zu machen, die später jeder haben wollte. Wenn Béatrice Bernabela ein Stück Stoff zeigte, das dieser nicht gefiel, kaufte sie es trotzdem; mit Sicherheit würde ihr Kleid bei dem nächsten Damenkränzchen am besten ankommen.
Ihre angeborene Eleganz machte Señorita Béatrice allen überlegen. Durch diese Art von natürlichem Stolz, der ganz ohne Hochmut auskam, stand sie weit über den anderen Frauen aus dem Kreis der Valdez e Incláns. Dabei spielte es keine Rolle, dass sie eine verarmte Verwandte Blackravens war. Niemand wagte zu erwähnen, dass sie nicht zur Familie gehörte, denn wer erst einmal mit Béatrices Sanftmut und Feinheit in Berührung kam, war verzaubert von ihr und dachte nicht länger daran. Keine Frage, Béatrice war wie eine verbannte Prinzessin, der jeder gern Asyl gewähren würde. Als Bernabela sie an dem besagten Nachmittag bat, sie in das Stoffgeschäft zu begleiten, machte Béatrice zur Bedingung, dass der kleine Víctor mitkam. Zähneknirschend stimmte Bernabela zu. So machten sie sich zu viert auf den Weg, denn Leonilda, Doña Belas mittellose, unverheiratete Schwester, war auch mit von der Partie. Anita, Béatrices Dienerin von gerade mal acht Jahren, trottete hinterher.
Obwohl es kein heißer Tag war, war es in dem Geschäft des
Franzosen Aignasse wie in einem glühenden Ofen. Das Kohlebecken am Ende der Theke machte die Luft auch nicht gerade besser. Durch die vielen Frauen an diesem Nachmittag wirkte der Raum noch kleiner, als er ohnehin war. Bernabela kannte sie alle, bis auf ein Mädchen, das etwas abseits einen Stoff begutachtete und mit der Frau des Stoffhändlers sprach.
Da war Marica Sánchez de Velazco, seit kurzem de Thompson, die Bernabela bewunderte, denn diese hatte erreicht, was ihr nicht gelungen war: den Mann zu heiraten, den sie liebte, und nicht einen alten, reichen Verwandten, der ihr von ihren Eltern aufgezwungen worden war. Es war nicht leicht gewesen: Es gab Streit, Prügel, Kloster und sogar ein Verfahren, das zugunsten von Marica und ihrem Bräutigam Martín Jacobo Thompson entschieden wurde. Der über mehrere Jahre andauernde Rechtsstreit, der
das
Stadtgespräch war, endete, als Vizekönig Sobremonte einen Dispens aussprach und Marica endlich ihren Willen durchsetzen konnte.
»Ja, da bin ich, meine liebe Bela«, bemerkte sie, »ich kaufe Stoffe und ein paar andere Kleinigkeiten, um das Haus nach Martíns Geschmack zu dekorieren.«
Casimira Marcó del Pont und Señora de Escalada kamen auf Bernabela zu und fragten: »Wer ist das Mädchen, das da mit Señora Aignasse spricht?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt«, gestand Bernabela.
»Ich sehe sie zum ersten Mal«, versicherte Marica Sánchez. »Ihr Haar ist seltsam, findet ihr nicht? Was ist das für eine Farbe?«
»Blond ist es nicht«, sagte Casimira, »aber auch nicht braun. Es schimmert rötlich. Und so dick! Es sieht aus, als würde es sich jeden Moment aus den Spangen lösen.«
Obwohl sie es alle
Weitere Kostenlose Bücher