Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
hier aß, fühlte er sich wie ein verdammter König. Ehe sie einander kennengelernt hatten, war er mit Wurstbroten und billigem Fastfood zufrieden gewesen. Sein Engel hatte ihn mit den feineren Dingen im Leben bekannt gemacht, sodass er inzwischen recht verwöhnt war.
Raschen Schrittes ging er den Bürgersteig entlang, schlängelte sich durch die Menschenmassen hindurch … und blieb abrupt stehen. Seine Kopfhaut prickelte, und sein Adrenalinpegel stieg schlagartig an. Hier war definitiv etwas nicht in Ordnung. Er hatte dreißig Jahre als Assassine gearbeitet und besaß inzwischen einen höllisch guten sechsten Sinn und einen ausgezeichneten Selbsterhaltungstrieb, und in seinem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken.
Wie zufällig glitt er in einen zurückgesetzten Eingang und drückte den Rücken gegen das Haus. Seine Nackenhärchen richteten sich auf, während er die Straße musterte, und sein Herz blieb kurz stehen, als er Idess auf sich zukommen sah. Ihr für gewöhnlich so sexy, schwingender Gang wirkte steif und gezwungen. Ein ter’taceo , ein Dämon namens Marcel in einem menschlichen Anzug, ging neben ihr; mit der einen Hand hielt er ihren Oberarm fest, die andere steckte in seiner Tasche. Lore wusste genau, was der Assassine – einer von Sins Leuten – versteckte, weil Lore bereits früher mit Marcel zusammengearbeitet hatte: einen Stift, aus dem man einen versenkbaren, fünfzehn Zentimeter langen Bolzen abschießen konnte, der direkt ins Auge, durch den Hinterkopf oder ins Herz ging. Das war eine rasche, relativ unblutige Art zu töten, wenn man ihn nur richtig anwendete, und Marcel machte keine Fehler.
Lore schaltete in den Tarnkappenmodus, indem er seine Atmung, seine Gedanken und sogar seinen Herzschlag herunterregelte, und mischte sich unter die Menge. Er spazierte an Idess vorbei, deren Blick stur geradeaus gerichtet war, obwohl sie sich Lores Gegenwart durchaus bewusst war. Er hielt aufmerksam Ausschau nach jedem, der mit Marcel zusammenarbeiten könnte, insbesondere Lycus. Der Warg und der Sensor-Dämon hatten im Laufe der Jahre schon öfter im Team getötet … manchmal einfach nur so zum Spaß.
Lore zog den Handschuh von seiner rechten Hand, machte eine behutsame Kehrtwende in der Menschenmenge und schlich sich von hinten an Marcel heran, dessen unauffällige Größe und Aussehen und mausbraunes Haar ihm gestattete, in einer Gruppe von Menschen praktisch unsichtbar zu werden. Idess jedoch war groß und eindrucksvoll, sie fiel überall auf. Männer beäugten sie begierig, Frauen neidisch, und Lore würde auch noch das kleinste bisschen seiner Tarnkünste anwenden müssen, um sie dort herauszuholen und Marcel zu töten.
Nur gut, dass bereits eine flüchtige Berührung seiner Finger das Leben dieses Kerls beenden würde – dazu brauchte Lore nicht einmal seine Tötungsgabe einzuschalten, was cool war, da Marcel die Energie nicht wert war. Das war niemand, der Hand an Lores Frau legte.
Lore gestattete sich ein grimmiges Lächeln, als er »zufällig« gegen Marcel stieß und seine Hand dabei den Arm des Dämons streifte. Der Kerl brach auf der Stelle zusammen, und in dem darauf folgenden Chaos von Menschen, die stehen blieben, um zu helfen, schnappte sich Lore Idess. Beide schlüpften rasch in die Seitengasse und das Höllentor. Wegen der Leiche machte er sich keine Sorgen; als ter’taceo würde sich Marcel nicht auflösen; er würde höchstwahrscheinlich in ein menschliches Krankenhaus und anschließend in eine menschliche Leichenhalle gebracht werden, ohne dass irgendjemandem etwas auffiel.
Im Höllentor angekommen, ließ Lore Idess nicht ein einziges Wort äußern, sondern zog sie fest in die Arme und küsste sie leidenschaftlich, bis sie beide dringend nach Luft schnappen mussten.
»Was ist passiert?«, fragte er schließlich, während er ihren langen, braunen Pferdeschwanz nahm, der in Abständen von fünfzehn Zentimetern von goldenen Reifen gehalten wurde, und ihn über ihre Schulter nach vorne zog. »Was wollte er? Hat er dir wehgetan?« Wenn das der Fall war, würde Lore bereuen, dem Mistkerl vor seinem Tod nicht einen Haufen Schmerzen zugefügt zu haben.
»Mir geht’s gut.« Sie streckte die Hand aus und tippte auf das Symbol an der Wand, das sie ins Underground General bringen würde. »Er sagte, ich solle als Köder dienen. Für Sin.«
»So ein verdammter Scheißkerl.« Lore zog den Handschuh über, um Unfällen im Krankenhaus vorzubeugen. Idess und seine Geschwister waren
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