Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
Astorga (E)
Morgens um 08:00 Uhr wache ich in meinem Bettchen auf. Ich hatte schon einmal vorher die Augen kurz aufgeschlagen, da war es zwar schon hell im Zimmer, aber alles schlief. Ich wollte keinen Stress machen und habe mich einfach umgedreht.
Heute morgen sind wir ziemlich entspannt. Wir reden erst einmal über das, was wir gestern so erlebt haben. Dann meldet sich der Pilger über mir zu Wort. Er sei in der letzten Nacht aus dem Bett gefallen. Davon habe ich aber nichts bemerkt, da bin ich mir ganz sicher. Ich frage ihn, ob er verletzt sei und einen Arzt braucht, aber er verneint. Ihm täten nur die Knochen weh, es würde schon gehen, meint er.
Als wir alles durchgesprochen haben, wollen wir es mit dem neuen Tag aufnehmen. Er kann kommen, wir packen das schon – ganz bestimmt.
Beim Betreten des Waschraums stelle ich fest, dass meine Radlersachen noch da und trocken sind – herrlich. Also schnell ein wenig Wasser ins Gesicht „gehauen“, mit der Zahnbürste einmal durch den Mund, die Haare notdürftig gelegt, es kommt nicht so genau drauf an, weil wir alle mit aufgesetztem Helm fahren. Dann geht es mit den Taschen in den Fahrstuhl nach unten zu den Rädern.
Die stehen auch noch da, wo wir sie abgestellt haben. Beim Beladen meines „Zossen“ stelle ich fest, dass er vorne einen Platten hat. Wir zählen nicht mehr. Timo hält das Rad am Lenker hoch, ich löse das Vorderrad und bekomme von Siggi schon einen Ersatzschlauch gereicht. Mit einigen Pumpenhüben ist es bereit für die ersten Meter auf dem Asphalt.
Auf bekannten Wegen geht es wieder in die Stadt zur Kathedrale. Gestern stand sightseeing auf dem Programm, heute holen wir uns dort einen Stempel für unsere Pilgerpässe. Am belebten Vorplatz treffen wir auf die Brasilianerin. Sie erzählt, dass sie die Kathedrale besichtigen möchte. Ich biete ihr an, dass wir zwischenzeitlich auf ihr Fahrrad aufpassen. Dieses Angebot nimmt sie gerne an.
Wir sitzen in der Sonne und genießen das bunte Treiben. Als unsere Schönheit wieder zurückkehrt, fragt sie mich, ob ich ihr Rad mal ansehen könnte, es gäbe ein technisches Problem. Sie meint, es würde klappern und sie sei sich darum nicht sicher, ob sie damit weiterfahren könne. Vom reinen Ansehen des Rades kann ich jedoch nicht auf den Schaden schließen. Sie bittet mich daher, eine Runde damit zu fahren. Ich schwinge mich auf das Rad und habe damit so meine Probleme. Der Sattel ist für mich viel zu tief eingestellt. Beim Trampeln berühren meine Knie fast den Lenker. So fahre ich beinahe einen Touristen über. Ich höre im Tretlager ab und zu ein leises „Knacken“. Das könnte das von ihr beschriebene Geräusch sein. Ich sage ihr, dass es nichts ist, worum sie sich Sorgen machen müsse. Sie ist erleichtert und wir verabschieden uns.
In einem Lokal frühstücken wir unseren allmorgendlichen Standard. Dos Kaffee Americano, una con Leche i tres Croissant por favor! Als wir das Heißgetränk und das Buttergebäck mit Marmelade genießen, sehen wir, wie die Brasilianerin vorbei fährt. Der Jakobsweg führt geradewegs an unserem Café entlang.
Etwas später sind auch wir wieder auf dem Pfad. Der Weg ist zwar überall gut ausgewiesen, aber in den größeren Städten besonders gut. Da sind mitunter auf dem Gehwegen alle paar hundert Meter Muschelsymbole zu finden. Das Handynavi läuft nur zur Aufzeichnung der eigenen Strecke.
Als wir an einer Kreuzung mit roter Ampel warten müssen, rufen Leute hinter uns her. Wir drehen uns um und erkennen unsere beiden spanischen Freunde Sarah und Carlos. Wir drehen und dann begrüßen wir uns erst einmal ausgiebig. Woher kommt ihr, wohin geht es heute. Als ich erzähle, dass wir wahrscheinlich in Astorga landen werden, hören wir, dass sie ebenfalls dort hin fahren werden. Da sehen wir uns, dass ist sicher. So verabschieden wir uns und wünschen einander einen schönen Weg.
Um 12:00 Uhr kehren wir in einem kleinen Ort in einer Bar ein. Dort erfrischen sich zwei Frauen, die per Pedes nach Sanitago unterwegs sind. Wir machen es uns an der Bar gemütlich und trinken einige Tinto d. V.. Die Tochter des Hauses bedient. Sie verlangt 0,60 € für ein Glas Tinto. Unglaublich. So lassen wir es uns richtig gut gehen. Als mein Bauch kneift, suche ich die Toilette auf, um dem ein Ende zu machen. Kurz vor mir war eine der Pilgerinnen dort. Ich mache die Tür auf, sehe ein völlig verdrecktes Stehklosett und mit dem Anblick ist mein Bedürfnis schon verflogen. Als ich die Damen
Weitere Kostenlose Bücher