Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
mit mehrfachem Aufpumpen.
Als wir den Ort erreichen, lädt uns ein Lokal zum Ausruhen förmlich ein. Einige russische Pärchen lassen es sich bei Sekt und härteren Getränken mächtig gut gehen. Ich will gleich durchstarten und drei Tinto holen, aber Siggi möchte zunächst sein Rad flicken. Als das geschehen ist, steht dem Rotwein nichts mehr im Wege. Die Fahrräder stellen wir mit den Pedalen auf dem Bordstein ab. Timo lehnt sein Rad an dem Mähwerk eines geparkten Traktors an. Der Fahrer macht wohl auch eine Pause.
Der Rotwein ist lecker und bei der Bestellung der ersten Runde kann ich noch den eingelegten Garnelen in der Kühltheke widerstehen.
Eine Australierin setzt sich zu uns an den Tisch. Sie trinkt lieber Bier und erzählt uns, dass sie auf der langen Strecke im „Nichts“ mit ihren Füßen geredet hat. Das können wir nachvollziehen, denn die Gegend war schon für uns Radfahrer ätzend. Was muss da ein Fußgänger empfinden.
Als Timo einen nötigen Gang erledigt und ich drei Tinto und sechs Riesengarnelen (sechs Euro) hole, will der Traktorfahrer weiter. Siggi rettet Timos Fahrrad und stellt es zu unseren. Noch einmal drei Wein zur Belohnung und dann müssen wir weiter, sonst sind wir im gleichen Zustand wie die Russen.
In Sahagún angekommen, checken wir zunächst einmal in der Herberge ein. Das geht flott und man zeigt uns den Abstellort für die Fahrräder, ein riesiges Treppenhaus. Die werden mit unserem Seilschloss miteinander verkettet und danach wuchten wir unsere Habseligkeiten eine Etage höher. Die Herberge ist eine umgewidmete Kirche mit zwei Ebenen. Unten wird ein Theatherstück geprobt. Der Herbergsvater erklärt, dass wir uns keine Sorgen um die Nachtruhe machen bräuchten, die Proben würden nur bis 18:00 Uhr gehen.
Oben angekommen, zeigt er uns Küche, Toiletten und weist uns im großen Schlafraum ein Abteil mit 4 Hochbetten (8 Schlafplätze) zu, von dem bereits einer belegt ist. Die Abteile sind mit beschichteten Spanplatten voneinander abgetrennt. Am Ende des schmalen Abteils ist ein etwa 1 Quadratmeter großer „Raum“ wo die Taschen abgestellt werden und man sich umziehen kann. Die Betten sind mit einer pflegefreundlichen blauen Plastikhülle umgeben. Der Platz zwischen den unteren und den oberen Betten ist so knapp bemessen, dass man sich unten nicht hinsetzen kann. Es gibt nach oben keine weitere Zimmerdecke; man kann direkt bis zu den Dachpfannen sehen.
Die Herberge ist ziemlich voll. In der Küche und im Sanitärbereich herrscht emsige Betriebsamkeit.
Wir schwingen uns unter die Dusche und als ich die Wache für unsere Sachen übernehme, nutze ich die Zeit, um das Tagebuch mit den Geschehnissen des Tages zu füllen. Die gut gepflegte kurze Hose und das „Lieblings“ - T-Shirt sind schnell übergestreift und dann heißt es ab in den Ort.
Auf einem dreieckigen Platz zwischen zwei Straßen ist ein Café mit Bier– und Weinausschank. Da lassen wir uns nieder. Einige Biere und Tinto de Verano sind für uns der Lohn des Tages. Als wir der netten Dame beim Bezahlen der Rechnung noch ein kleines Trinkgeld geben, bekommen wir zum Dank einige leckere Kekse, die auf dem „Nachhauseweg“ vertilgt werden. Gegenüber des Cafés ist ein kleiner Lebensmittelmarkt. Da decken wir uns in bewährter Art und Weise für den Abend ein.
In der Herberge angekommen, setzen wir uns an einen Tisch. Dort sitzen zwei Männer mittleren Alters aus Spanien, ein älterer Herr, ein pensionierter deutscher Pastor und eine ältere Dame, eine Niederländerin. Mit denen kommen wir ins Gespräch. Die beiden Spanier haben offenkundig schon etwas mehr Wein intus als wir. Wir werden sogleich auf ein Glas eingeladen. Also holen wir noch schnell unsere Becher aus den Lenkertaschen und dann wird es gemütlich. Der Pastor kommt aus Hannoversch-Münden und erzählt, dass er schon mehrfach die verschiedenen Jakobswege gegangen ist. Für ihn sei Wandern die einzige Möglichkeit gewesen, Abstand zur Gemeindearbeit zu bekommen, denn nur so war er unerreichbar. Bei den 50 Kilometermärschen in den Niederlanden, den Nijmwegener Viertage, hat er etliche Jahre in Folge teilgenommen und ist einer der ältesten Teilnehmer. Wir schätzen ihn auf 85.
Die Niederländerin geht auf Frontalangriff und macht die Kirche, deren Gebetsstätten, die besonders hier in einer der ärmlichsten Regionen Spaniens mit Blattgold in Hülle und Fülle ausgestattet sind, dafür verantwortlich, die Menschen in der Historie ausgebeutet zu
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