Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
Schlafstätten. Es ist ein Gemeinschaftsraum (ca. 16 Betten) direkt unter dem Dach. Alle Fenster sind geöffnet. Der Kölner hat uns gesagt, dass es das schönste Zimmer sei, weil man von hier die schönste Aussicht auf den Ort hat. Stimmt. Nach dem Duschen gehen wir zur Rezeption. drei Spanier (zwei Männer und eine Frau), die ebenfalls mit dem Rad unterwegs sind, checken gerade ein. Die sollen wir ab heute häufiger treffen.
Während Siggi seinen Massagetermin hat, wasche ich meine Jeans und hänge sie im Innenhof zum Trocknen an die Wäscheleine. Dort stehen etliche Wanderschuhe, die sich im milden Sonnenschein von den Strapazen des Tages ausruhen. Wenn die reden könnten, denke ich so bei mir.
Dann gehe ich ins Internetcafe und lade auf meiner Internetseite, die ich vor der Fahrt für die Daheimgebliebenen eingerichtet habe, bei Dropbox einige Bilder hoch. Siggi hört nach der Behandlung vom Kölner, dass er morgen seine Beschwerden los sei. Falls nicht, solle er sich melden.
Anschließend gehen wir in die Stadt. Carlos hat uns von der kulinarischen Delikatesse Astorgas dem „Cocido maragato“ erzählt. Das wollen wir natürlich probieren. Was sich hinter dem Namen verbirgt, wissen wir zwar nicht, aber wir sind ja sowieso auf Entdeckertour. Vorher werden in einer Bar noch einige Tapas und Rotwein genommen. Dann entdecken wir ein Lokal, wo das Gericht angeboten wird. Hier bleiben wir. Die Speise wird für vier Personen zu einem Festpreis angeboten und an unserem Tisch sind noch zwei Plätze frei. Timo fragt in die Runde, was mit den zwei leeren Stühlen sei und ich antworte, dass er einfach abwarten solle, der Herr würde das schon regeln.
Der Speiseraum des Lokals öffnet erst um 21:00 Uhr. Also trinken wir zwangsläufig noch einen Rotwein. Aus der Ferne sehen wir dann Carlos und Sarah auf uns zukommen. Ich zeige auf das Werbeschild mit „Cocido maragato“ und bitten sie zu uns an den Tisch. Sie nehmen gerne an.
Wir bestellen noch einen Rotwein und die beiden ein Bier und wir erzählen von dem am Tage Erlebten. Als ich Sarah nach der Demonstration in Leon frage, erzählt sie mir, dass durch den Sparkurs der Regierung die Universitäten erhebliche Einbußen hätten. Auch sei die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen immens hoch. So würde fast an jedem Tag irgendwo demonstriert. Es seien schwierige Zeiten. Dann öffnet der Speiseraum und wir dürfen hinein. Carlos regelt alles mögliche mit dem Kellner, zum Beispiel, dass er das Gericht für 4 Personen servieren, aber noch ein zusätzliches Gedeck bringen soll und so weiter. Wir sind in den besten Händen.
„Cocido maragato“ stellt sich als Hochzeitsessen heraus, dass jedoch bis auf den Nachtisch in umgekehrter Reihenfolge gegessen wird. Dazu ordert Carlos leckere Weine.
Wir unterhalten uns über alles mögliche. Sarah ist, wie meine Tochter Dana, Lehrerin. Sie hat leider keine Stelle bekommen. Carlos hat einen Bürojob. Er braucht nur 8 Stunden pro Tag arbeiten. Er erzählt, dass in Spanien normaler Weise viel länger gearbeitet wird. Sie sind interessiert an unserer Route. Ich erkläre ihnen, wie ich die geplant und aus dem (Inter-)Netz gezogen habe. Die beiden möchten unsere Tour gerne umgekehrt fahren. Ich biete ihnen an, dass sie natürlich bei uns unterkommen können und wir tauschen unsere E-Mailadressen aus. Nebenbei sagt Sarah mir, dass ich eine sehr gute Aussprache im Englischen und Spanischen habe.
Acht verschiedene Fleischsorten (Paprikawurst, Kalbsblutwurst, Huhn, Speck, Rippe, Schweinsohr, Schweinsfüße und gekochter Schinken) kommen zuerst auf den Tisch. Dazu gibt es als Beilage geröstetes Brot. Dann bringt der Kellner Kichererbsen mit Gemüse und als nächsten Gang Suppe mit Nudeln. Als Dessert wird Vanillepudding gereicht.
Ich bin so satt, dass ich dem Platzen nahe bin.
Vom Nachtisch können wir nur noch probieren, denn es ist schon kurz vor 23:00 Uhr und um elf werden die Pforten der Herberge geschlossen. Da wollen wir vorher noch schnell hinein. Sarah hat sich beklagt, schon seit Tagen keinen Schlaf mehr bekommen zu haben. Timo gibt ihr seine, noch nicht benutzten, Ohrstöpsel. Sie sagt, dass die beiden sich wünschen, zusammen mit uns in Santiago anzukommen. Ich erwidere, dass es uns auch uns sehr freuen würde. Es ist also beschlossen und verkündet. Dann wünschen wir einander eine gute Nacht und schleichen uns in den dunklen Schlafsaal. Hier ist schon alles ruhig.
57,6 gefahrene km, gesamt 2322,4 km
4:11 gefahrene Zeit,
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