Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
als sie hören, dass hier gleich König Fußball Einzug hält.
Zwischendurch bestelle ich ein paar Tappas: Boccerones (in Knoblauchöl eingelegte Sardellen) und Patatas bravas (extrem scharfe Pommes).
Dafür setzen sich am Tisch neben uns zwei Spanische Pärchen, die sich in atemberaubender Geschwindigkeit den Verstand mit Baccardi wegschießen. Während eine junge Frau auch schon sichtlich angeschlagen mit unserem FCB sympathisiert, wird von ihrem Freund der FC Chelsea favorisiert, weil Fernando Torres, ein Spanier, dort spielt. So kommen wir immer wieder ins Gespräch. Der Endstand nach der Verlängerung lautet 1:1. Im Elfmeterschießen verliert der FCB letztlich 3:4. Die Presse, und ich betone es ist die Presse, die am nächsten Tag festhält, dass die Bayern über 120 Minuten das bessere Team waren, sich aber im Elfmeterschießen geschlagen geben mussten.
Der Frust sitzt tief. Besonders bei Siggi. Als Timo sich nun auch noch lustig macht, gibt es ein kurzes Wortgefecht. Nach einigen Minuten ist der Streit geschlichtet und die Versöhnung oder die Enttäuschung wird mit einem Bier begossen beziehungsweise heruntergespült.
Wir zahlen und gehen nach Hause. So einen enttäuschenden Verlauf haben wir nicht erwartet. Wir machen uns bettklar und knipsen ohne weitere Verzögerung die Laterne aus.
20.05.2012 Sonntag
Tag 30 (Ruhetag 2)
Santiago de Compostella (E)
Als ich wach werde, ist alles ruhig. Unglaublich. Mitten in einer Großstadt hört man nichts. Nur der Regen prasselt an unser Fenster. In Biene hingegen, meinem Heimatdorf, hört man im Minutentakt den Lärm vorbeifahrender Autos. Hier hört man nichts.
Nach und nach blicken mich die anderen beiden müden „Krieger“ an. Ein zähes „guten Morgen“ bahnt sich bei ihnen langsam über ihre Lippen. Irgendjemand muss hat es dann wohl eilig ins Bad zu kommen. So ziehe ich mir die Decke noch einmal kurz über den Kopf.
Timo und ich bereiten das Frühstück vor. Mit Liebe. Die Stimmung ist auch aufgrund des Wetters etwas bedrückt. Was sollen wir bei diesem Wetter heute machen? Zunächst erst einmal frühstücken.
Dabei beschließen wir, gleich die Räder aus dem Stall zu holen und eine kleine Ausfahrt (Aufwärmtraining) zu machen, denn Morgen, am Montag wollen wir zum Kap Finisterre, dem Ende der Welt, fahren. Das ist der Abschluss der Pilgerfahrt. Da haben die Pilger traditionell die Pilgerreise beendet und dort etwas von ihren Habseligkeiten verbrannt. Wir werden dort unsere Radpilgerkarte opfern, dass ist sicher, denn die war uns nicht wirklich hilfreich.
Ungewohnt in Jeans, und Radlerjacke schwingen wir uns auf unsere Bikes und drehen eine Runde durch die Gemeinde. Zuerst wollen wir zur Bushaltestelle, wo der Aeropuerto – Bus hält, damit wir an unserem Abreisetag nicht noch suchen müssen. Den Weg dahin hat uns Manolo, unser Vermieter, noch einmal erklärt.
Nach kurzer Zeit haben wir die Haltestelle gefunden. Wir fahren zurück zum Zentrum. Auf einem Hügel am Rande der Stadtmitte ist Kirmes. Aufgrund der frühen Stunde und sicher auch des schlechten Wetters, haben aber fast alle Buden geschlossen. Wir fahren den spiralförmig in Schneckenhaus ähnlichen Kreis verlaufenden Weg bis nach oben und genießen den Ausblick.
Wenn es jetzt noch zu regnen aufhören würde, wäre es kaum auszuhalten. Aber Petrus tut uns nicht den gefallen. Es regnet. Wir sind uns einig, dass wir für den heutigen Tag genug Training hatten und lassen uns den Berg wieder herunter rollen. Unten holen wir uns an einem Stand eine Tüte mit Churros, dem Fettgebäck, das wir scherzhaft spanische Berliner nennen. Und stellen nach einem Biss in die süße Masse fest, dass die alte Dame, die wir in dem Ort Cacabelos getroffen hatten, recht hatte. Dort waren sie am Besten.
Zu Hause angekommen schieben wir die Räder wieder in ihren Stall und machen uns einen Kaffee und vertilgen den Rest der Aposteltorte. Dann beschließen wir, was sollen wir an so einem Tag auch anderes machen, in die Fußgängerzone zu gehen. Wir gehen aber nicht direkt dort hin, sondern über den Vorplatz der Kathedrale und am Pilgerbüro vorbei. Vielleicht treffen wir noch jemanden, den wir kennen. Heute aber leider nicht.
So kehren wir in einem Weinkeller ein, nehmen ein Getränk und zwängen uns danach in eine Tappasbar. Da kommen wir nur in völlig ausgeatmeten Zustand noch gerade hinein. Erst drinnen ist vorsichtiges einatmen möglich. Die Kellnerin versorgt uns, obwohl sich reichlich zu tun hat, sehr
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