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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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Mann findet schon Frauen verlockend, die ständig Widerworte geben? Lulu lächelte. Lulu nickte. Lulu flocht ein paar »Wirklich?« und »Ist ja spannend!« ein. Gockel du nur, dachte sie. Auch du bist einsam. Auch du bist auf der Suche. Irgendwann wirst du den ganzen Quatsch weglassen. Dann, wenn wir uns näher kennen. Dann, wenn …
    »Verraten Sie mir, wovon Sie träumen?«, hörte sie Mikes Stimme.
    Was war das denn für eine Frage? Wenn sie jetzt sagte, dass sie von einem Mann träumte, der nett zu Lotte war, eine Waschmaschine reparieren konnte und sich noch dazu für unromantische Momente auf dem Spielplatz zuständig fühlte, hätte er sie bestimmt ausgelacht.
    »Wovon ich wirklich träume …«, sie zögerte, »… ist ein richtig großer, schöner Bildband mit meinen Fotos. Nicht mit den Werbesachen, mit meinen eigenen Fotos. Die liegen leider alle in der Schublade.«
    »Soso, ein Bildband.«
    Es war offensichtlich nicht die Antwort, die Mike erwartet hatte. Meinte er, Lulu würde von einem Liebeswochenende mit ihm auf den Malediven phantasieren? Jedenfalls ließ er das Thema sofort fallen und begann wieder, von seiner Agentur zu schwärmen.
    »Darf ich stören?« Die Kellnerin servierte die Vorspeise, nicht ohne Mike einen flirtigen Blick zu schenken.
    Zwei Dutzend Austern lagen auf einem Metallgestell, in einem kühlen Bett aus Eiswürfeln. Austern also, ah ja.
    »Sieht aus wie überfahrene Weinbergschnecken«, versuchte Lulu zu witzeln.
    Mike verzog entnervt das Gesicht. Schon das zweite Fettnäpfchen. Gütiger Himmel, was stellte man noch mal mit den Dingern an? Lulu wartete ab, bis er sich eine Auster an die Lippen setzte und so hingebungsvoll daran saugte wie ein Baby an der Mutterbrust. Lebten die Teile eigentlich noch? Falsche Frage. Auf der Stelle rebellierte ihr Magen.
    Genau in diesem Augenblick piepste wieder das Handy.
    Ich fürchte, Lotte hält es ohne dich nicht mehr aus.
    Lulu legte das Handy neben ihren Teller. Lotte war krank. Ihr geliebtes Lottchen. Warum war das Leben so schrecklich kompliziert? Verstohlen überwachte sie das Display.
    »Na, da ist ja jemand sehr hartnäckig«, lächelte Mike. »Oder etwa eifersüchtig? Ein Verehrer vielleicht?«
    Lulu war sich wieder nicht ganz sicher, ob er das ernst meinte. Sie lächelte schief. »Wer weiß …«
    Arme Lotte. Es musste sie schwer erwischt haben. Lulu ließ das Handy in ihren Rucksack gleiten. Verdammt, konnte sie nicht mal einen Abend ungestört mit einem Mann verbringen? Dann holte sie das Handy wieder heraus. Vorsichtshalber. Die Sache mit Lotte ließ ihr keine Ruhe.
    »So essen Sie doch, es schmeckt phantastisch«, ermunterte Mike sie.
    Zögernd griff Lulu nach einer Auster. Komisches Vieh. Und wie das roch! Wie brackiges Hafenwasser. In Gedanken entschuldigte sie sich bei Lotte, der sie über die Jahre hinweg Hunderte von Fischstäbchen aufgedrängt hatte. Es gab Tiere, die man besser in ihrem natürlichen Lebensraum ließ. Lulu unterdrückte einen Würgereiz und schlürfte den fischigen Glibber in sich hinein. Wahrscheinlich fühlte sich Lotte gerade genauso elend.
    »Habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie eine äußerst unkonventionelle Frau sind?«, unterbrach Mike ihre Grübeleien.
    Unkonventionell? Das klang aber gar nicht gut. Man sagte Frauen, dass sie schön seien, faszinierend, atemberaubend. Unkonventionell hieß doch wohl so viel wie unattraktiv, aber wenigstens ausgefallen. Lulus Gedanken waren ohnehin bei Lotte.
    »Hmm, ich glaube, ja. Oder?«
    Mike brach in Lachen aus. »Oh, ich mag es, wenn Frauen verwirrt sind. Das passiert mir nicht zum ersten Mal, glauben Sie mir. Meine Wirkung auf Frauen ist eben – na ja, später mehr davon. Sie sind so verspannt. Lassen Sie sich einfach fallen.«
    Er hat ja recht, dachte Lulu, mach dich locker. Gill kriegt das schon hin. Wieso auch nicht? Immerhin hat sie dich auch großgezogen, Bauchweh und Spucken inklusive. Denk nicht immer, dass du die Übermutter geben musst.Aber genau das wollte sie insgeheim sein. Seit Lottes Geburt hatte sie ihre sämtlichen Bedürfnisse dem Muttersein untergeordnet. Jede freie Minute verbrachte sie mit ihrem Kind, der Rest war dem Job vorbehalten. Dazwischen passte kein Blatt Papier. Sie hatte eine beeindruckende Karriere absolviert: beim Babyschwimmen, in Krabbelgruppen, als Elternbeirat des Kindergartens, im Schulkomitee »Gesundes Frühstück«. Über Kinder wusste sie alles, über Männer so gut wie nichts.
    Leichter Schwindel erfasste sie. Sie

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