Den lass ich gleich an
Oberschlawiner, plünderte gerade die Schokoladenvorräte der Minibar.
»Surprise, surprise!«, trällerte Sabrina.
Alle stürzten auf Lulu zu, umarmten und beglückwünschten sie. Völlig überrumpelt ließ sie alles über sich ergehen.
»Ihr seid sooo lieb«, flüsterte sie.
»Gewöhn dich besser dran, dass du etwas mehr Selbstbewusstsein zeigst«, erklärte Sabrina. »Petersen und Haller schmettern dein Loblied in den höchsten Tönen. Und die müssen es schließlich wissen.«
»Ist das nicht ein phantastisches Vorgeburtstagsgeschenk?«, fragte Gill. »Wir werden dich morgen in Saus und Braus feiern!«
»Hm.« Lulu räusperte sich. »Daraus wird nichts.«
Alle verstummten. Sie setzte sich auf die Couch und betrachtete die Malereien an der Wand. Die sonnigen Strandszenen, die sie an Dinge erinnerten, die sie schnellstens vergessen wollte.
»Wir reisen morgen früh ab.«
»Nein!«, schrie Lotte. »Machen wir nicht!«
»Doch. Es soll jetzt wochenlang regnen, und ich muss mich um meinen neuen Job kümmern.«
Schwer lastete das Schweigen auf den Gesichtern.
»Wie willst du denn deinen Geburtstag verbringen?«, fragte Gill. »Es ist dein vierzigster. Ein ganz besonderer Tag.«
Lulu seufzte. »Ich werde mit Lotte ins Piccolo Mondo gehen, so wie immer. Seid mir nicht böse, aber ich brauche jetzt ein bisschen Ruhe.«
Einer nach dem anderen ging. Nur Lotte blieb zurück. Ihr kummervolles Gesicht tat Lulu in der Seele weh.
»Wir wären sowieso irgendwann abgefahren«, sagte sie und streichelte Lottes kleine, kalte Hand.
Lotte sagte keinen Ton.
»Auch der schönste Urlaub ist mal zu Ende«, versuchte es Lulu mit einer jener Binsenweisheiten, die sie im Grunde selbst nicht ausstehen konnte. »Aber ich habe eine Idee. Wollen wir gleich eine Pizza aufs Zimmer bestellen?«
»Ich will keine Pizza! Ich will zu Teddy und Freddy«, rief Lotte.
Dann rannte sie zur Tür und schlug sie knallend hinter sich zu. Es hatte keinen Zweck, sie zurückzuhalten, das wusste Lulu.
Sie ging ins Badezimmer und drehte den Wasserhahn der Wanne auf. Das war’s also. Hilfesuchend sah sie in den Spiegel. Ihr graute vor dem nächsten Tag. Am liebsten hätte sie ihn einfach aus dem Kalender radiert. Man sagte, dass der vierzigste Geburtstag einer Frau einen Wendepunkt markierte. Ihr kam ein Spruch in den Sinn, den sie mal gelesen hatte: Von einem gewissen Alter an bedauere man nur noch die Sünden, die man nicht mehr begehen könne. Eins stand fest: Die einzige Sünde, die Lulu noch begehen konnte, wartete in der Minibar. Seufzend holte sie sich eine Tüte Gummibärchen heraus.
Kapitel 15
Karl Petersen hatte die Limousine geschickt, um die Fahrt zum Flughafen so angenehm wie möglich zu gestalten. Wie immer hielt der Wagen vor dem Hotel, wenn auch zu ungewohnt früher Stunde. Es war kurz vor sieben.
Lulu und Philipp halfen dem Chauffeur, das Gepäck zu verstauen. Sabrina hatte darauf bestanden, die drei Reisenden zu begleiten. Sie saß schon neben Lotte im Fond, wo sie unentwegt telefonierte. Ziemlich ungewöhnlich für die Uhrzeit, fand Lulu, aber Sabrina schien ihre Gründe zu haben. Vermutlich wurde ihr Lover daheim ungeduldig. Oder der Typ, mit dem sie ins Kino ging.
Gill und Fusselbart sahen stumm zu, wie Lulu den Kofferraum zuklappte. Hand in Hand standen sie da. Sie wirkten zutiefst deprimiert.
»Wir holen die Feier nach«, sagte Gill. »Jammerschade, dass du abreist. Ich weiß gar nicht, wie wir ohne dich den Tag verbringen sollen.«
Lulu umarmte ihre Mutter und gab Fusselbart die Hand. »Auf Regen folgt Sonnenschein, das hast du doch selbst gesagt, Mutter. Macht es euch noch richtig schön. Ich habe Tommy gebeten, dass er euch die Hochzeitssuite überlässt.«
»Ach, Kind«, schluchzte Gill.
Philipp hielt seine Armbanduhr hoch. »Kinder, wir hängen!«
Mit zusammengepressten Lippen stieg Lulu ein. Der Abschied von ihrer Mutter ging ihr nahe, etwas, was vor ein paar Tagen noch undenkbar gewesen wäre. Der Chauffeur hupte dreimal, als er den Motor startete. Dann fuhr er los.
Sabrina klappte ihr Handy zu. Im Gegensatz zu allen anderen schien ihre Stimmung nicht sonderlich gelitten zu haben. Still lächelte sie in sich hinein. Manchmal verstand Lulu ihre Freundin nicht. Alle bliesen Trübsal, nur Sabrina erging sich in Heiterkeit. Als der Wagen auf die Autobahn einbog, kicherte sie sogar.
»Du bist wirklich eine Frohnatur«, bemerkte Lulu. »Was ist denn so lustig?«
Sabrina zeigte aus dem Fenster. »Die
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