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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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umständlich.
    »Dies ist Ihr Ticket zum Glück«, sagte er.
    Misstrauisch beäugte Lulu das Schriftstück. »Sieht eher nach einem Vertrag aus.«
    »Erraten!«
    Karl Petersen genoss sichtlich die kleine Zeremonie, die er sich ausgedacht hatte. Er strich das Papier glatt und begann feierlich vorzulesen. Je weiter er kam, desto perplexer wurde Lulu. Was er da verkündete, war einfach unfassbar. Sie schluckte einen Schluchzer herunter.
    »Und?«, fragte Petersen, als er geendet hatte.
    Lulu fühlte, wie brennend heiße Tränen in ihre Augen strömten. »Das ist nicht Ihr Ernst«, sagte sie tonlos.
    »Mein voller Ernst. Fassen wir noch mal zusammen: Fünf-Jahres-Exklusivvertrag mit der Option auf weitere fünf Jahre. Ein Bildband pro Jahr mit einem Thema Ihrer Wahl. Zehn garantierte Kampagnen im Jahr. Alle Spesen gehen zu Lasten der Agentur, Bewirtungen und Reisekosten ebenfalls.«
    Jetzt schluchzte Lulu los, und nichts konnte mehr ihreTränen stoppen. Das war kein Vertrag. Das war eine sichere Existenz, bis Lotte achtzehn war, und die Aussicht auf unbegrenzte künstlerische Freiheit. Ein Geschenk des Himmels!
    Sie konnte sich kaum beruhigen. »Aber, aber … so was … geht doch gar nicht. Keine Agentur kann so was anbieten.«
    Karl reichte ihr ein Taschentuch. »Wir sind keine normale Agentur. Hinter uns steht ein Medienkonzern, der global agiert – Visual Life. Unsere Produkte werden international vermarktet. Die Visual-Life-Bildbände liegen von Rio bis Tokio in den Buchläden. Und unsere Fotostrecken verkaufen wir rund um den Globus.«
    Das war zu viel. Lulu sank in Karls Arme und heulte hemmungslos in sein schwarzes T-Shirt.
    Wie viele Nächte hatte sie wach gelegen, weil das Geld nicht reichte. Wie oft hatte sie vor dem Bankautomaten gestanden und ein leeres Konto vorgefunden. Und wie oft hatte sie für einen Hungerlohn drittklassige Kampagnen fotografieren müssen, wo man sie wie einen Sklaven herumkommandierte.
    »Lesen Sie alles in Ruhe durch«, sagte Karl und tätschelte beruhigend ihre Schulter. »Sie können sich auch gern anwaltlich beraten lassen. Überstürzen Sie nichts. Aber wenn ich Ihnen in aller Freundschaft einen Tipp geben darf: Greifen Sie zu.«
    »Danke«, schniefte Lulu. »Tausend Dank!«
    »Sie müssen sich nicht bedanken. Sie sind jeden Cent wert. Möchten Sie jetzt nicht doch ein Glas Wein? Oder etwas, das dem Anlass angemessener wäre?«
    Er wartete Lulus Antwort nicht ab, sondern stand auf und öffnete die Tür zu einem Nebenraum.
    »Sam, sei so lieb, und bring den Champagner!«
    Lächelnd erschien Sam Haller mit einem Tablett, auf dem drei hohe, dünnwandige Gläser und eine Flasche Champagner standen.
    »Ich hatte ihn in die Küche verbannt«, erklärte Karl. »Damit wir ›ungestört‹ sind. Sorry, dass ich Sie so erschreckt habe.«
    Lulu lachte und weinte gleichzeitig. Erst jetzt merkte sie, welch ein ungeheurer Druck all die Jahre auf ihr gelastet hatte. Der Druck, ihre Kleinstfamilie durchzubringen. Der Druck, immer wieder um Aufträge zu ringen. Sie wischte sich mit dem Handrücken über ihr tränennasses Gesicht.
    »Ich sehe bestimmt furchtbar aus«, schluchzte sie.
    Sam grinste. »Nebenan ist ein Spiegel. Da können Sie sich von der verlaufenen Wimperntusche befreien.«
    »Danke. Aber erst möchte ich mit Ihnen anstoßen.«
    Sie wartete, bis Karl eingeschenkt hatte, dann hob sie ihr Glas in die Höhe. »Karl, Sam – Worte reichen nicht aus, um zu sagen, wie glücklich ich bin. Hoffentlich wache ich nicht auf, und alles war nur ein Traum.«
    »Soll ich Sie kneifen?«, fragte Karl.
    »Lass es. Sonst hast du gleich ein Schädeltrauma«, kicherte Sam. »Lulu sieht nicht so aus, als ob sie lange fackelt. Sie hat eine Kamera. Und sie wird sie benutzen.«
    Der Champagner fuhr Lulu in die Glieder wie eine Sauerstoffinfusion. Ihr ganzer Körper prickelte, ihre Seeletanzte. Auf einmal hatte sie einen Geistesblitz, wenn auch reichlich spät.
    »Sie haben Philipp gesagt, dass er später kommen soll, richtig? Er hat gar nicht verschlafen.«
    Petersen hob verschmitzt die Augenbrauen. »Es gibt Dinge, die man am besten zu zweit bespricht. Und nun sollten wir zum Finale unserer Weinkampagne übergehen.«
    Er verließ den Raum und kehrte mit einem untersetzten, weißhaarigen Mann zurück, der ein kariertes Hemd und eine Lederschürze trug. Dahinter tauchte Philipp auf.
    »Darf ich vorstellen? Das ist Enrico Portales, der beste Winzer Mallorcas. Er steht Ihnen zur Verfügung. Den jungen Mann

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