Den letzten beissen die WerWölfe
eine Szene? Wenn ja, brauch ich Namen. Die kann ich dann abklopfen. In vier Richtungen sollten Sie nachforschen: Skinheads, die sogenannten Kameradschaften, neue Rechte – da die nicht organisiert sind, ist da sicher schwer dranzukommen – und rechte Parteien. Soviel ich weiß, ist die Eifel aktuell davon aber unbeleckt: Also mal nachforschen. Wer war früher in der NPD, bei den Republikanern, bei der Deutschen Volksunion oder vielleicht sogar, aber das ist mehr im Ruhrgebiet, »Ab jetzt – Bündnis für Deutschland«. Sie können mir alle Ergebnisse zukommen lassen – bloß, da bitte ich drum: Lasst mich nicht dauernd in die Eifel kommen. Es reicht mir schon, dass meine Frau einmal im Monat nach Monschau will, um Reisfladen zu essen!«
Gottfried Zimmermann verabschiedete sich:
»Dann werden wir aber häufig telefonieren.«
»Kein Problem«, sagte der Staatsschützer und wandte sich wieder »In der Pratsch« zu.
Am nahen Tivoli war das Training beendet, die Flutlichtbeleuchtung ging aus, der Regen hörte schlagartig auf.
***
18.35 Uhr
Charly Nusselein zog es an die Theke. Beim »JWD« (»Janz Weit Draußen«), der neuen Kultkneipe an der Roetgener Bundesstraße, war kaum noch ein Parkplatz zu finden. Nusselein quetschte seinen Mazda in eine Parklücke, musste aber sofort wieder zurücksetzen, da er nicht mehr aussteigen konnte. Er stellte seinen Wagen etwas weiter entfernt auf dem Bürgersteig ab und lief die wenigen Meter zu Fuß:
»Ich bin ein Highlander, ein echter Eifeler Highlander und muss tatsächlich zu Fuß gehen. Eine Frechheit.«
Im »JWD« herrschte reger Betrieb. Nusselein drängte sich an die Theke und bestellte bei einer vollbusigen Bedienung:
»Eine Maurerbrause!«
»Hä?«, fragte die Kellnerin ohne einen Anflug von Charme.
»Ein Bier, ein ganz einfaches Bier.«
»Sag das doch gleich, du Kacknase!«, grummelte die Kellnerin und stellte Nusselein wenig später ein Bier hin.
»Von sieben Minuten auch keine Spur«, nörgelte dieser, doch das hatte die Servierkraft schon nicht mehr gehört.
Nusselein dachte scharf nach. Da er aber nur ganz selten zwei Dinge auf einmal machen konnte, kleckerte er dabei sein Hemd mit Bier voll. Irgendwie müsste er hier jemanden finden, der sich in Sachen Roetgen auskennt – in einem Ort, der bald zur »einheimischenfreien Zone« erklärt wird, sicher ein schweres Unterfangen.
Das Glück war auf Nusseleins Seite, da der Mann, der neben ihm an der Theke stand, ihm freundlich auf die Schulter schlug, was einen weiteren Bierfleck auf dem hellblauen Hemd nach sich zog:
»Na, kennste mich nicht mehr, Pressefritze? Du hast doch von mir ein Foto gemacht, als ich vor drei Jahren für hundertmal Blutspenden mit einer Ehrennadel vom Roten Kreuz geehrt worden bin.«
Nusselein erinnerte sich an gar nichts, sagte aber:
»Ja, klar, natürlich. Der Dings, der Hundertblutspender, genau der. Hatte richtig Achtung, da mir schon bei einer Blutabnahme im Ohrläppchen die Sinne von dannen weichen.«
Der Blutspender rief der Kellnerin zu:
»Mach uns noch zwei!.
Als die Biergläser zu einem fröhlichen »Na Prost« aneinander klirrten, kam der Journalist, ganz nach seiner Art, sofort zur Sache:
»Schlimme Sache, das da mit dem Mord.«
Der unbekannte Blutspender nickte:
»Kannste wohl laut sagen. Und dann hier bei uns in Roetgen. Kann mich nicht erinnern, dass es hier schon mal einen Mord gegeben hat.«
Nusselein wollte und konnte nicht widersprechen und nickte:
»Was erzählt man sich denn so im Dorf?«
»Ah, der Zeitungsfritze ist dienstlich hier. Dann bezahlst du das Bier.«
Nusselein versprach dies und orderte eine weitere Runde bei der Dickbusigen, während der Blutspender sich zu Nusselein rüberbeugte:
»Also, der Rumbach war ziemlich beliebt. Und weißt du was? Das hat mir meine Mutter vorhin erzählt, der war auch der erste Bürgermeister nach dem Krieg.«
»Sicher von der CDU?«, kombinierte Nusselein knapp daneben.
»Neee, kein Schwarzer«, jubelte der anonyme Blutspender. »Den haben die Amis eingesetzt, also ernannt, als die hier einmarschiert sind. Bei der ersten richtigen Wahl hat der dann auch nicht mehr kandidiert. Der hat vor irgendetwas Schiss gehabt, sagt meine Mutter. Die weiß aber auch nichts Genaues. Ist ja auch schon fast hundert Jahre her.«
»Woher kannte deine Mutter den denn?«
»Roetgener untereinander eben, damals kannte man sich eben
noch im Dorf, heute ist das nicht mehr so. Zuviel Fremde: Aache-ner, Walheimer und so ein
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