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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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das gerahmte Demi-Moore-Bild wollte nicht so recht ins Raumdesign passen.
    Emily war gerade damit beschäftigt, ihrem Gatten Kamillentee einzuflößen.
    »Dieter«, röchelte Günni theatralisch, »mit mir ist es bald zu Ende.«
    »Was hast du denn gesehen?« Er sollte mir lieber den Anschlag aus erster Hand berichten, anstatt in Selbstmitleid zu zerfließen.
    »Bärchen geht es schon viel besser.« Emily drehte sich um. »Wusstest du, dass ich beinahe beim Film gelandet wäre?«
    »Nein.« Ich musste passen. Interessierte mich auch nicht.
    »Ich war Hauptdarstellerin in einem Werbespot für die Kosmetikbranche. Der ist beim Publikum super angekommen.« Sie lächelte mich verführerisch an, wie wahrscheinlich jeden Mann.
    »Schatz, dein Drei-Sekunden-Auftritt in dem verdammten Tampon-Spot interessiert Dieter nicht. Ich —«
    »Bärchen ist nur eifersüchtig«, unterbrach Emily ihn verärgert. »Der Regisseur Orlando Wenders, ein Cousin von Wim, wollte mich in einer Romantic Comedy mit Moritz Bleibtreu unterbringen. Ein Jahrhunderttalent hat er mich genannt.«
    »Blödsinn, das glaubst auch nur du. Vorher solltest du in seinem Schmuddelstreifen >Feuchte Träume< mitspielen«, höhnte Günni.
    »Hätte ich das mal gemacht, aber für Erotikfilme war ich damals noch nicht bereit. Später war er leider nicht mehr erreichbar. Unbekannt verzogen. Im Filmgeschäft musst du halt viel reisen.« Verträumt blickte sie auf Demi. »Dann habe ich als Goldschmiedin weitergearbeitet und schließlich Günter kennengelernt.«
    Der Blick auf ihren Angetrauten wirkte wenig liebevoll.
    »Es war Liebe auf den ersten Blick«, flötete sie falsch wie ein indischer Schlangenbeschwörer. »Ohne zu zögern, habe ich meinen Job gegen die Freuden des Landlebens eingetauscht. Ich habe Bärchen viel zu verdanken.«
    Unglaublich, wie manche Menschen ungefragt ihr gesamtes Privatleben vor anderen ausbreiteten.
    »Ja, Liebe auf den ersten Blick.« Bärchen transformierte sich für einige Sekunden in einen lüsternen Satyr. Dann kehrte die Wehleidigkeit zurück: »Aber Dieter ist wegen mir hier. Darf ich jetzt?«
    Emily nickte huldvoll und setzte sich zu ihrem Schatz aufs Bett.
    »Bin gestern Nacht in den Schweinestall, kurz vor Mitternacht, das mache ich immer. Es war kalt und hat geregnet, falls das wichtig sein sollte. Hab Lisa, Wendy und Tatjana gute Nacht gewünscht, dann war ich bei Elsbeth. Die grunzte anders als sonst, als ob irgendwas nicht in Ordnung wäre.«
    »Aber im Stall sah es aus wie immer?« Ich versuchte, mir die hübschen Tiernamen zu merken.
    »Ja. Dann hab ich ein Geräusch gehört. Als ich mich umdrehe, geht plötzlich das Licht aus, und nach einem ohrenbetäubenden Knall fühlte sich mein Arm an, als hätte jemand Benzin draufgekippt und angezündet. Mann, das waren vielleicht Schmerzen, und dann diese Angst.«
    Ich nickte mitfühlend.
    »Hörte sich für mich wie ein Gewehrschuss an. Gott sei Dank hatte ich mich instinktiv auf den Boden geworfen, sonst läge ich jetzt in der Kiste. Dann habe ich nur noch gehört, wie der Mistkerl weggerannt ist, und fünf Minuten später war Emily bei mir. Sie hat mich sofort zu unserem Freund Dr. Rudolph gefahren, der meinen Arm verbunden und mir ein starkes Schmerzmittel verabreicht hat. Hätte mich schwer erwischt, meinte er.« Günter hielt das entsprechende Körperteil wie eine Trophäe in die Höhe.
    Der lädierte Oberarm erweckte bei mir nur einen Hauch von Mitgefühl; Westfalen kennen keinen Schmerz. Sorgen bereitete mir hingegen die zunehmende kriminelle Energie des Täters. Zwischen Kaninchenschlächter und Menschenmörder lagen Welten. Es wurde gefährlich.
    »Du hast den Schützen gerade Mistkerl genannt. War es ein Mann?«
    »Keine Ahnung. Konnte leider nichts erkennen, aber welche Frau benutzt schon ein Gewehr?« Für ihn war das Geschlecht des Täters geklärt.
    »Was ein wenig komisch ist«, nuschelte Günni nachdenklich weiter und rieb sich über den Verband. »Der Lichtschalter liegt versteckt hinter einem Pfeiler. Künstlerische Freiheit des damaligen Elektrikers. Wenn du das nicht weißt, suchst du dir einen Wolf.«
    »Der Täter kennt sich also aus, willst du damit sagen.«
    »Ist das nicht ein schrecklicher Gedanke? Oh, mein Arm tut so weh.« Er heulte auf, als er sich aufstützen wollte.
    »Mein armer Schmusebär!« Emily hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn.
    »Ich werde jetzt den Tatort inspizieren«, beschloss ich, denn dieses Rumgeflenne beziehungsweise -gesülze

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