Den letzten beißt das Schwein
»Zahlen von links nach rechts zu schaufeln prädestiniert nicht gerade dafür, einen Attentäter dingfest zu machen.«
Zwickmühle. Je mehr Leute von meinem Job wussten, desto gefährdeter war das Erbe. Aber Lisa schien vertrauenswürdig, deshalb erzählte ich ihr von meiner früheren Profession und den Bedingungen der Erbschaft.
»Du hast genauso schräge Eltern wie ich«, stellte sie fest. »Obwohl, bei mir ist nur meine Stiefmutter daneben. Die glaubt noch immer, dass sie irgendwann in Hollywood landet.«
»Hast du vergangene Nacht etwas gesehen oder gehört?«
»Tut mir leid, da habe ich tief und fest geschlafen. Adri ebenfalls. Wir machen morgens das Frühstück für die Feriengäste, und das Lehrerpärchen möchte die Brötchen immer schon um halb sieben auf dem Tisch haben, damit es rechtzeitig zu seinen Radtouren aufbrechen kann.«
Mittlerweile waren wir im Garten angelangt. Ein bärtiger Mann in grauer Montur, knapp unter fünfzig, mähte den Rasen. Dabei schien er ein Lied zu pfeifen, was aber vom Dröhnen des Rasenmähermotors übertönt wurde.
Lisa winkte ihm zu, und er stellte die Maschine ab.
»Hallo, Tobias. Du, ich hab mal eine Frage. Wir haben uns Orchideen zugelegt, aber ich habe einfach kein Händchen für Pflanzen. Könntest du nachher hochkommen und mir Pflegetipps geben? Vielleicht überleben sie dann«, grinste sie. »Das ist übrigens Dieter Nannen, Papas Buchhalter.«
Tobias gab mir die Hand: »Tobias Hardt. Ich unterstütze Emily im Garten.« Er zwinkerte mir zu. Wahrscheinlich kannte die Diva Arbeit nur vom Hörensagen. »Selbstverständlich gucke ich mir die Orchideen gleich an«, wandte er sich zu Lisa. »Wäre gelacht, wenn wir die nicht wieder aufpäppeln könnten.«
»Du bist ein Schatz«, lächelte die Rexforth-Tochter. »Ohne deine Tipps wäre bestimmt schon unsere gesamte Vegetation ausgestorben.«
Das durfte doch nicht wahr sein: Herr Hardt errötete.
»Jetzt muss ich aber zu Vater«, fuhr Lisa unbeirrt fort. »Stell dir vor, jemand hat im Schweinestall auf ihn geschossen.«
Urplötzlich wich jede Farbe aus Tobias’ Gesicht. Kreidebleich schob er den Rasenmäher beiseite und ließ sich auf einer Bank nieder.
»Das gibt’s doch nicht«, murmelte er. »Wer macht denn so
was?«
»Hast du gestern Nacht etwas gesehen oder gehört?«, schaltete ich mich ein. »Günter hat mich um Hilfe gebeten. Er denkt, ich wäre dafür qualifiziert, da ich bis vor Kurzem als Detektiv gearbeitet habe.«
»Detektiv? Interessant. Aber wer kann denn was gegen den Chef haben? Das war sicherlich ein Unfall.« Er wirkte immer noch perplex, schien sich aber allmählich zu fangen. »Du hast gefragt, ob ich was mitbekommen habe? Ich fahre im Land herum und arbeite, wo ich was bekomme. Das ist heutzutage nicht mehr so einfach. Momentan steht mein Wohnwagen auf dem Campingplatz Tannenwiese, der liegt in Hausdülmen, rund zehn Kilometer entfernt. Gestern Nacht bin ich früh ins Bett. Der Job schlaucht ganz schön. Tut mir leid, dass ich nicht weiterhelfen kann.«
Fehlanzeige. Während Tobi sich wieder dem Mäher widmete — allerdings wesentlich schwungloser als vorher —, besuchten Lisa und ich den Kranken.
Der Patient war allein und starrte gedankenverloren an die Zimmerdecke.
»Papa, du Armer.« Lisa nahm ihn in den Arm und drückte ihn.
»Aua, Vorsicht! Ich bin schwer verletzt«, jammerte der Bauer. »Danke, mein Sonnenschein. Jemand hat es auf deinen alten Herrn abgesehen. Ich hoffe, dass Dieter den Täter bald findet. Ich bin völlig mit den Nerven runter. Hast du schon was rausbekommen?«
»Ich habe eine Spur«, flunkerte ich. »Wo ist Emily?«
»Im Sonnenstudio, sie muss sich von dem Schock erholen«, stöhnte Günni.
»Gut, nehmen wir an, der Anschlag hat wirklich dir gegolten, was nach der Botschaft, die dir der Kaninchenmörder hinterlassen hat, nicht weit hergeholt ist. In meinem Netzwerk befindet sich ein hervorragender Personenschützer: Peter Grabowski. Der hat schon George Bush bei seinem letzten Deutschlandbesuch bewacht. Umsichtig, erfahren im Nahkampf und ein Superschütze. Wenn wir Glück haben, ist in seinem Terminkalender ein Plätzchen frei. Billig ist er nicht, dafür einer der Besten seiner Branche.«
»Mein Geld kann ich nicht mit ins Grab nehmen. Was kostet meine Lebensversicherung?«
Kurze Bedenkpause. »Ich habe mit Herrn Grabowski einen Sonderpreis ausgehandelt. Für dreihundert Euro pro Tag würde er dich rund um die Uhr beschützen.«
»Engagier ihn«,
Weitere Kostenlose Bücher