Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
»Meinst du die Motorräder?«, fragt sie und drückt ihre Tochter fest an sich. Langsam entfernt sie sich von der Straße zurück in den Wald.
    »Drachen«, sagt Mia. »Laut.«
    »Hast du auch Wölfe und Bären gesehen?«, fragt Sarah mit einem Lächeln.
    Mia schüttelt den Kopf.
    »Drachen«, wiederholt sie noch einmal.
    »Dann lass uns lieber zurückgehen ins Lager. An unser Feuer werden die Drachen nicht kommen. Dort sind wir sicher.«
    Aber Mia fühlt sich nicht sicher, auch jetzt nicht, wo sie sich an ihre Mummy klammert.
    Die Drachen, die sie gesehen hat, haben selbst Rauch gemacht. Ein Feuer würde sie bestimmt nicht erschrecken, denkt sie. Bestimmt lieben sie Feuer.
    Es ist besser, sich zu verstecken. Besser, ein Nest zu bauen und sich vor dem Mann mit den dunklen Farben, die ihn umgeben, zu verstecken.

ADAM
    »Ich kenn dich.«
    Ich habe beobachtet, wie der Typ näher kam, sich durch die Gruppe zerschlissener Zelte und Hütten seinen Weg bahnte.
    Es ist also wieder so weit , denke ich. Es ist überall dasselbe. Genau deshalb versuche ich mich von anderen Menschen fernzuhalten. Aber das ist auch gefährlich, denn allein bist du schutzlos. Wir besitzen nichts Wertvolles, trotzdem bestehlen einen die Menschen, nehmen einem das wenige, was man hat – Essen, Kleidung, sogar Feuerholz. Es ist inzwischen zu oft vorgekommen. Wir müssen bei anderen bleiben. Menge schafft Sicherheit, sagt Sarah.
    Ignorier ihn einfach, vielleicht geht er dann wieder.
    Ich halte den Kopf gesenkt und schlage den Hering mit einem Stein in den harten Boden.
    Weniger als einen Meter entfernt geht er neben mir in die Hocke und beugt sich vor, um mein Gesicht zu sehen.
    »Ich kenn dich«, sagt er wieder. »Du bist Adam Dawson.«
    Ich drehe mich weg. Meine Finger krampfen sich fest um den Stein.
    Er streckt den Arm aus und berührt meinen Ärmel. Er ist zu nah. Ich sehe den Schmutz unter seinen Fingernägeln, die Reste von Sägespänen in seinem Bart.
    »Adam«, sagt er lächelnd. Er tippt sich an die Nase und versucht mich dazu zu bringen, ihm in die Augen zu sehen. »Adam, du hast mein Leben gerettet.«
    »Nein, Kumpel«, antworte ich und meine Stimme wird ganz krächzig. »Ich bin der Falsche.«
    »Nein, ich habe dich gesehen. Ich werde dich nie vergessen, dein … Gesicht.«
    Er meint meine Narben, mein verbranntes Gesicht.
    »Du hast mich gerettet, Adam. Ich war in London. Meine Wohnung lag im Untergeschoss, direkt am Fluss. Ich habe dich im Fernsehen gesehen und es rechtzeitig aus der Stadt geschafft. Wie Millionen andere. Du bist ein Held.«
    Die gleiche Geschichte. Ich hab sie so oft gehört.
    Ich war nur ein Mal im Fernsehen, aber es war die letzte Sendung, die die meisten Menschen gesehen haben. Seitdem gibt es in England keine Fernseher oder Computer, keine Bildschirmwände und keine Telefone mehr. Die Netze und Sender wurden nach dem Beben am Anfang der großen Katastrophe nicht wieder aufgebaut. Deshalb bleibe ich allen im Gedächtnis als dieser Junge mit den irren Augen und dem vernarbten Gesicht, der in die Kamera schaut und die Warnung vor dem Ende der Welt herausschreit. Und sie erinnern sich an mich, weil ich Recht hatte. Die Welt ist zusammengebrochen – zumindest die Welt, die wir kannten.
    Inzwischen behandelt mich jeder, mit dem ich rede, wie eine Berühmtheit, eine Art Retter. Das will ich nicht.
    »Wir haben Fleisch«, fährt der Mann fort, als ihm klar wird, dass ich nicht reden werde. »Wild. Jemand hat einen Hirsch geschossen, ein kräftiges Tier. Komm rüber zu uns. Komm und iss mit uns.«
    Ich höre auf, den Hering in den Boden zu hämmern. Fleisch … Ich weiß nicht, wann wir das letzte Mal Fleisch gegessen haben. Fleisch klingt besser als die Nesselsuppe, die es bei uns geben wird. Ich schaue hinüber zu Sarah, Mia und Sarahs Brüdern. Marty und Luke schieben mit dem Fuß die Blätter am Boden zur Seite und suchen nach trockenen Zweigen, irgendwas, das sich zum Anzünden eignet. Mia sitzt in unserem Handkarren und schaut zu, wie Sarah die Matten ausrollt, die wir als Betten benutzen. Sie ist klein für ein zweijähriges Mädchen. Ihre Arme und Beine sind so dünn und braun wie die Zweige, nach denen die Jungs suchen. Sie wirkt fast wie eine Puppe, mit den vielen kleinen blonden Locken, den vollen Lippen und diesen Augen, denen nichts entgeht.
    Sarah tut so, als ob sie beschäftigt wäre, aber ich sehe, wie sie uns aus dem Augenwinkel beobachtet und auf meine Reaktion wartet. Ich weiß, dass sie jedes

Weitere Kostenlose Bücher