Denken hilft - frische Ideen für Gedächtnis und Kreativität
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Es gibt übrigens einen lustigen Sprechtext, der nicht aus Abkürzungen besteht und dessen Inhalt trotzdem kaum zu verstehen ist. Lesen Sie den folgenden Text mal jemandem sehr schnell vor: »Mähen Ãbte Heu? Ãbte mähen nie Heu. Ãbte beten.« Und dann fragen Sie hinterher: »Was glaubst du, welche Sprache das war?« Von Norwegisch bis Arabisch wird alles dabei sein. Der Text klingt fremd im Ohr, weil Ãbte, die Heu mähen, kein sehr gängiges Gesprächsthema sind. Jedenfalls nicht mehr.
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Sprache und Sprechen verändern sich. Und das nicht nur im Laufe der Zeit. Manchmal auch schlagartig, wenn jemand durch eine Tür tritt. Zum Beispiel ein Kellner. So manchem Gast eines teuren Restaurants würde der Froschschenkel im Halse stecken bleiben, hörte er des Obers Unterhaltung hinter den Kulissen. In der Küche fliegen verbale Fetzen. Da wird wild
mit Wortbrokkoli um sich geschmissen. Ehrlich: Auf Veranstaltungen habe ich mich oft erschrocken, wie die Chefs ihre Servicekräfte an die Tische schicken. Da ist das Kampfgeschrei der Germanen in der Varusschlacht nichts dagegen. Wenn 200 Lammfilets in den Saal galoppieren, dann sollte man aus dem Weg springen. Die Flügeltür zwischen Gastraum und Küche trennt Welten, das ist eine echte Schwelle zwischen zwei Sprachräumen. Und hier meine ich nicht die groÃen geografischen Sprachräume, sondern die ganz kleinen. Täglich düsen wir durch Dutzende solcher Sprachräume: von der Wohnung ins Büro, zum Elternabend, auf den Sportplatz, zum Bankberater, ins Restaurant. Und je nachdem, in welchem Raum wir uns gerade befinden, sprechen wir eine andere Sprache â abhängig von der Rolle, die wir einnehmen, und den Absichten, die wir verfolgen. Peinlich kann es werden, wenn Menschen uns in einem Sprachraum sprechen hören, der eigentlich für sie verschlossen ist. Wenn ein Künstler die Bühne verlässt, dabei vergisst, sein Ansteckmikro auszuschalten und hinterm Vorhang flucht: »Meine Güte, was für ein lausiges Publikum«, dann war all die Mühe, die er sich zuvor gegeben haben mag, vergebens.
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Ihren Wortschatz können Sie trainieren, indem Sie sich möglichst viele Sprachräume erschlieÃen und mit möglichst vielen Rollen spielen. Die Sprachschwelle zwischen Küche und Esstisch können Sie zu Hause trainingsweise testen. Laden Sie Partner, Familie oder Freunde zum Mitmachen ein, und stellen Sie folgende Regel auf: »In der Küche darf mächtig geflucht werden, am Esstisch müssen alle ganz höflich sein.« Spannend wird sein, an welchem der beiden Orte das Dinner endet.
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Gute Kenner und Beobachter von Sprachräumen sind Comedians. Sie benutzen Sprache, um sich innerhalb von Sekunden mit ihrem Publikum zu solidarisieren, indem sie einfach genau den Sprachraum betreten, in dem die Zuschauer zu Hause
sind â oder zu Hause waren. Wörter wie »Ahoi-Brausepulver«, »Pril-Klebeblumen« und »Gummitwist« haben eine magische Wirkung, weil sie blitzartig Bilder und Emotionen einer gemeinsamen Vergangenheit entstehen lassen, zumindest bei einer Zielgruppe um die vierzig. Solche Comedy-Acts beginnen immer mit dem Satz: »Hey, erinnern Sie sich noch â¦Â« Dann hagelt es ein Dutzend solcher Retrobegriffe und eine Handvoll Oneliner, und am Schluss wird noch kurz das Krümelmonster, ein Barbapapa oder John-Boy von den Waltons nachgemacht. Fertig ist die Nummer.
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Ein besonders komischer â weil humorloser â Sprachraum, ist die deutsche Beamtenstube. Hier ist der Wortschatz eher ein Verbalgerümpel. Ein Baum ist ein raumübergreifendes GroÃgrün. Eine Ampel ist eine Lichtzeichenanlage. Die Vermittlung eines Kindes in eine Pflegefamilie ist eine Beelterung. Und in Mecklenburg-Vorpommern wurde sogar mal ein Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz beraten. Wahrscheinlich beraten die immer noch. Aber auch aus solchem Beamtendeutsch kann man als Komiker Kapital schlagen. Denken Sie nur an den spieÃig-verklemmten Postbeamten Hans-Hermann Thielke.
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Im wahrsten Sinne des Wortes nicht zu vergessen sind Komiker und andere lustige Personen, die es geschafft haben, sich mit einem einzigen Satz in unserem Wortschatz zu verewigen. Arnold Schwarzeneggers »Hasta la vista, baby!«, Rüdiger Hoffmanns »Ich weià gar nicht, ob
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