Denn am Sabbat sollst du ruhen
die Telefonistin, ihn mit dem Revier in Bethlehem zu verbinden.
Der arabische Polizist, der das Gespräch entgegennahm, verband ihn mit dem diensthabenden Polizeioffizier: »Ochajon, alter Freund, wie geht's dir heute morgen? Wann sieht man dich mal wieder? Du bist lange nicht hier gewesen. Kann ich etwas für dich tun? Du weißt, ich tue alles für dich.«
Geduldig erledigte Michael das Begrüßungsritual, erkundigte sich nach dem Befinden von Frau und Kindern, hoffte, daß der Kleine die Lungenentzündung auskuriert habe und stellte sich dabei das runde Gesicht und den riesigen Bauch von Itzik Gidoni vor, dem Polizeioffizier von Bethlehem, der für seine Frohnatur bekannt war.
»Du kannst das Wasser aufstellen«, sagte Michael, »ich komme vorbei, um mal wieder einen richtigen Kaffee zu bekommen.« Aus dem Hörer kamen laute Freudenrufe.
Michael wurde ernst: »Aber zunächst mußt du für mich einen gewissen Ali Abu-Mustafa in Dehejsche finden.« Auch Itzik Gidoni änderte den Tonfall. »Sonst noch was? Abu-Mustafas gibt's da wie Cohens und Levis bei uns.«
»Ja, ich weiß, daß es nicht leicht sein wird. Er arbeitet in der Margoa-Klinik als Gärtner. Ein junger Bursche, ungefähr fünfundzwanzig, hat Locken, nicht groß.«
Gidoni schwieg. Schließlich sagte er seufzend: »Wir wer den's versuchen. Der Kaffee muß warten. Ich weiß nicht, wie lange das dauern wird. Glaub mir, das letzte, was mir heute Morgen noch gefehlt hat, ist, nach Dehejsche zu gehen. Aber was tut man nicht alles für dich. Und wenn wir ihn finden, sollen wir ihn wohl aufs Revier bringen und dich benachrichtigen?«
»Ja, gib mir sofort Bescheid, mir persönlich, und wenn ich nicht hier bin, versuch's über die Zentrale, sie wissen, wo ich stecke. Auf jeden Fall rechne ich damit, heute noch einen richtigen Kaffee zu kriegen.«
Michael legte den Hörer behutsam auf und betrachtete Zila und Eli, die ihm jetzt noch tiefer in Gedanken versun ken schienen als bei seinem Eintritt. Zilas schlanker Kör per war in einem großen Parka verborgen, ihr kurzes Haar und ihr ungeschminktes Gesicht verliehen ihr ein jugendliches Aussehen. Eli war unrasiert.
»Was ist heute morgen mit euch los?« fragte Michael, und als er keine andere Antwort als ein Gemurmel über Müdigkeit erhielt, sagte er gereizt: »Schluß damit. Wir haben keine Zeit für solche Launen. Wir haben einen Berg Arbeit vor uns. Kommt mit zur Lagebesprechung.«
Sie folgten ihm über den Flur ins Nebenzimmer, in dem bereits Balilati und Rafi warteten. Rafi ließ wissen, daß er der Mannschaft zugeteilt worden sei. »Ihr braucht mich in nichts einzuweihen, ich habe gestern mit Schorr gespro chen und mehr oder weniger begriffen, worum es hier geht.«
Die morgendliche Lagebesprechung dauerte eine Stunde, und um halb zehn wurden die nächsten Schritte beschlossen. Einen großen Teil der Zeit nahm Zilas Bericht über die Gespräche mit Dalia Linder und den Nachbarn in Anspruch – einer von ihnen war von dem Lärm geweckt worden, den Linder und sein Sohn gemacht hatten.
Alle hatten eine Tasse Kaffee in der Hand und verließen von Zeit zu Zeit den Raum, um sie nachzufüllen. Alle sahen erschöpft aus. Michael erwähnte den »achten Reisenden«, aber keiner hatte den Film gesehen. Er berichtete über Ali Abu-Mustafa, den Gärtner, und es wurde beschlossen, daß Balilati versuchen sollte, von der Militärverwaltung der besetzten Gebiete Informationen zu bekommen. Ferner wurde über die Überwachung des Hauses Hildesheimer berichtet. Zila hielt die Verbindung zu den Beamten, die aber nichts Außergewöhnliches beobachtet hatten, abgesehen von der Begegnung mit Dina Silber.
Schließlich wurde beschlossen, daß Eli Bachar den Steu erberater besuchen, Balilati weitere Informationen einho len, Rafi die Spurensicherung aufsuchen und Zila alle Gäste von Linders Party zum Verhör vorladen werde. »Also an die Arbeit«, schloß Michael. »Wir haben knapp drei Stunden bis zur Beerdigung.« Während er sprach, schrieb er für Eli die Adresse des Steuerberaters auf und reichte Eli den Zettel. »Und bring die Unterlagen gleich mit. Vielleicht schaffen wir es noch vor der Beerdigung, die Patienten- und Kandidatenliste anhand der Quittungen zu rekonstruieren. Er erwartet dich. Und rasiere dich vorher, du siehst aus wie ein ausgebrochener Sträfling.« Michael reichte ihm die Schlüssel für den Renault. »Ich habe neben dem Eingang geparkt, leicht zu finden.«
Eli verließ wortlos den Raum.
Zila folgte
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