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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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blickte seinen Sohn an, der näher getreten war, ihm die Hand auf die Schulter legte und sagte: »Beruhige dich, Vater, beruhige dich, es ist nicht deine Schuld.«
    Nein, es war nicht seine Schuld, dachte Michael, aber das würde ihm selbst kaum helfen. Er hörte schon Arie Levi, den Chef der Jerusalemer Kriminalpolizei, sagen: »Was haben Sie sich gedacht, he? Wir sind hier nicht auf der Universität.« Er konnte die Blicke in seinem Rücken fühlen, das verborgene Lächeln aller, die ihm Böses wünschten, die ihm seine bevorstehende Beförderung zum Leiter des Hauptkommissariats nicht gönnten. Und dazu noch die mißtrauischen Blicke der Leute von der Ausbildungskommission im Institut.
    Es war alles ganz einfach gewesen: Um acht Uhr früh lag die Akte bereit, und um halb neun – als ich das Kranken haus verließ, hätte ich selbst hier vorbeikommen können, dachte Michael wütend – betrat ein Mann das Büro des Steuerberaters, sehr groß, mit Schnurrbart, in Uniform. Die Khakihosen, sagte Smira, hatte sie unter dem weiten Parka, der bis an die Knie reichte, hervorschauen sehen. »Ein Armee-Parka. Er trug schwarze Lederhandschuhe und sagte, daß er die Akte holen wolle.« Mehr war der Sekretärin nicht zu entlocken. »Ich habe doch ihm schon alles erzählt«, sagte sie und deutete auf Eli Bachar. Der zischte sie an: »Und jetzt erzählen Sie es bitte noch einmal.« Sie erinnerte sich an keine weiteren Einzelheiten. Seine Rangzeichen hatte sie nicht sehen können. »Er trug einen weiten Mantel, wie ich gesagt habe. Auch eine Sonnenbrille, die seine Augen verdeckte. Nur seinen Schnurrbart und einen Mund voller Zähne konnte ich sehen«, sagte Smira mit erstickter Stimme, nahm die rosa Masse aus ihrem Mund und brach in Tränen aus.
    Niemand tröstete sie. Michael saß in einem großen Korb stuhl, gegenüber dem Schreibtisch, hinter dem Seligman Senior den Knoten seiner Krawatte betastete und sich die Stirn tupfte. Ab und zu blickte er an die Wand, an der in prächtigen Rahmen Urkunden hingen, die bezeugten, daß er ein Diplom-Buchhalter und zugelassener Steuerberater war.
    Auf dem Tisch stand eine kunstvolle Vase aus veneziani schem Glas. Michael spürte den starken Drang, sie auf den Boden zu werfen und ihr Zersplittern zu hören. Er strengte sich an, seine Gedanken von ihr abzulenken. Da war niemand, an dem er seinen Zorn hätte auslassen können. Eli Bachar legte die alten Akten beiseite und sagte, daß sie wertlos seien: »Nichts weiter drin als Bankbelege.« Michael war bedrückt. Er wiederholte »Bankbelege« und fragte Seligman Senior, ob er die Kontonummern der Verstorbenen besitze.
    »Ja«, antwortete Seligman und richtete seine Krawatte. Er könne ihm sagen, daß sie ein Girokonto besaß und mehrere Spareinlagen. »Wertpapiere und Aktien sowie Geschäftskonten interessieren Sie auch?« fragte er.
    »Alles, insbesondere die Konten, auf die sie die Honorare der Patienten eingezahlt hatte.«
    »Kein Problem«, sagte der Steuerberater. »Ich habe sogar einen Scheck von ihr hier, vordatiert auf den kommenden Monat, den ich bei der Bank einreichen sollte. Die Einkommensteuervorauszahlung«, erklärte er, »bezahlte sie für gewöhnlich am Ende jedes Monats. Ich habe ein von ihr unterschriebenes Scheckbuch zur Begleichung der Mehrwert- und Einkommensteuer. Sie wollte sich damit nicht beschäftigen. Dr. Neidorf hatte volles Vertrauen zu uns. Hier, der Herr Inspektor kann es selber sehen«, Seligman öffnete die Schublade seines Tisches. Er beugte sich darüber, wühlte in den Papieren und zog schließlich einen dünnen Pappdeckel hervor, dem er ein Scheckbuch entnahm, das er Michael reichte. Es war ein Scheckbuch der Diskont-Bank in der deutschen Kolonie, in dem sich zwei unterzeichnete Schecks befanden, einer für die Einkommensteuer, der andere für die Mehrwertsteuer. Sie waren beide auf den fünfzehnten April datiert. Seligman erklärte eilig, daß er noch kein Scheckheft für das kommende Jahr erhalten habe, daher gebe es nur zwei Schecks. Sie habe immer im April ein volles Scheckheft für das kommende Rechnungs jahr bei ihm deponiert, er habe dann alles pünktlich bezahlt, selbstverständlich. »Ihre Belege hat sie immer am Ersten eines Monats selbst gebracht. Das Heft war voll und unterzeichnet, Sie können es den Quittungen entnehmen, alles wurde pünktlich bezahlt.«
    Er ist zur direkten Anrede übergegangen, dachte Michael, das heißt, er fürchtet uns nicht mehr. Er konnte sich gut daran erinnern, wann

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