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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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gefunden haben.«
    Als sie das Kino verließen, fragte Juval seinen Vater, ob ihm der Film gefallen habe.
    »Es war der grausigste Film meines Lebens«, antwortete Michael, ohne zu überlegen, und bevor er sich verbessern konnte, sah er den dankbaren Ausdruck auf dem Gesicht seines Sohnes. »Es gibt sogar noch schrecklichere«, sagte Juval.
     
     

Zehntes Kapitel
     
     
    »Gestern stand wieder in der Zeitung, wie bedeutend du bist, und auch, woran du gerade arbeitest«, sagte Juval. Stehend trank er den Rest Kaffee aus, steckte das Käsebrot, das Michael ihm reichte, in seine Schultasche und verkündete, er sei bereit. Michael stellte die Kaffeetasse und das Frühstücksgeschirr ins Abwaschbecken. Es war sieben Uhr morgens, und der junge mußte in zwanzig Minuten in der Schule sein.
    »Um diese Zeit ist der Verkehr noch erträglich. Wir brau chen uns nicht abzuhetzen.«
    »Ich weiß, daß du nicht gern darüber sprichst«, sagte der Junge ernst, »aber ich möchte dich nur fragen, was das ist, ein Psychoanalytiker.« Der Junge hatte einige Mühe, das Wort auszusprechen.
    Michael nahm seine Schlüssel, das Päckchen Zigaretten und die Geldbörse, steckte alles in die Tasche seines Regenmantels, sah seinen Sohn an und lächelte: »So etwas wie ein Psychologe. Erinnerst du dich, als Mutter und ich uns getrennt haben, als du klein warst? Da bist du zu einer Frau gegangen, in dem großen Eckhaus in Kattamon. Das war ein Therapie-Center für Kinder, da hast du mit allen möglichen Spielsachen gespielt und mit dieser Frau gesprochen. Erinnerst du dich?«
    »Ich erinnere mich«, sagte Juval und verzog das Gesicht. »Wegen dieser Lehrerin, Zippora, mußte ich da hin, habt ihr damals gesagt. Auf jeden Fall war es bescheuert.«
    »So etwas jedenfalls macht ein Analytiker. Man kommt nur häufiger zusammen, und selbstverständlich spielen Erwachsene nicht. Es gibt Menschen, die eine solche Behandlung nötig haben.«
    Der Junge schaute verächtlich. »Ich glaube, das ist alles Unsinn.«
    Michael lächelte und öffnete die Haustür. Es regnete nicht, war aber sehr kalt, und beide hüllten sich in ihre Regenmäntel. Zwischen den Hochhäusern Giv'at Mordechais wehte es heftig, und der Wind wurde auf dem Wege nach Bajit ve-Gan, wo sich die Schule befand, noch stärker. »Ein grauer Tag«, sagte Michael zu sich selbst, und noch bevor er den Jungen vor der Schule absetzte, überlegte er, was ihn noch erwartete. Als Juval das Auto verlassen wollte, bestand Michael darauf, ihm einen Kuß zu geben und seine Wange zu tätscheln. Er hatte die Proteste seines Sohnes, der bereits als Dreijähriger »Uff, Papa, ich bin kein Baby!« gesagt hatte, nie zur Kenntnis genommen. An diesem Morgen wehrte sich Juval nicht. Er verließ schnell das Auto und begleitete ein Mädchen seines Alters, das langsam auf den Eingang zuging. Michael sah ihnen nach. Das Mädchen hatte lange Beine, ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und Juval lächelte sie an. Michael konnte das Lächeln nur von der Seite sehen, aber das Bild verursachte ihm ein Gefühl von Freude und Verlust in einem, ein Gefühl, das auch, als er die Klinik erreichte, noch nicht nachgelassen hatte.
    Baum erwartete ihn bereits am Pförtnerhäuschen. Es war viertel vor acht, und Baum sagte, daß der Gärtner jeden Augenblick kommen müsse. Der Verwalter erschien, blickte auf seine Uhr und sagte, daß Ali sich wohl verspäte. »Dabei kam er nie nach acht, bei jedem Wetter.« Aber Michael hatte das Gefühl, daß der Gärtner diesmal von seiner Gewohnheit abweichen werde.
    Sie standen im Häuschen des Pförtners, neben dem kleinen Ofen, in ihre Mäntel gehüllt und warteten. Um halb neun sagte Inspektor Ochajon, daß er nicht länger warten könne. »Rufen Sie mich doch bitte im Kommissariat an, wenn der Gärtner kommen sollte. Falls ich nicht da bin, können Sie mir eine Nachricht in der Zentrale hinterlassen. Bitte erzählen Sie dem Gärtner nichts von den letzten Vorkommnissen«, fügte er hinzu, »sondern tun Sie so, als sei nichts geschehen.«
    Zila und Eli Bachar waren bereits in seinem Büro. Zila saß am Tisch und verbog Büroklammern, die sie aus einem sauberen Aschenbecher fischte. Eli schien in seine Angelegenheiten versunken zu sein. Michael hatte das Gefühl, als sei er in ihren privaten Bereich eingedrungen. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen schweifen, sagte »Guten Morgen« und erhielt nur einen beiläufigen Gruß zur Antwort. Dann ging er zum Telefon und bat

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