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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Kardiologie und mein direkter Vorgesetzter.
    »Genaugenommen war er kein Russe. Er kam aus der Ukraine. Aber, wie gesagt, er wird seziert.«
    »Interessant, Herr Hoffmann. Berichten Sie uns dann.«
    Ich befand mich offensichtlich im Zustand fortgeschrittener Morgenblödigkeit nach Nachtdienst. Kein Mensch hier interessierte sich für meinen gelben Mischa, und erst recht nicht dafür, ob er aus Rußland oder der Ukraine kam. Er hätte vom Mars kommen können, mit einem die Menschheit bedrohenden außerirdischen Lebervirus, für meine Kollegen war die Bettenkonferenz gelaufen.
    Nachdem die Hauptschlacht, die Verteilung der neuen Patienten, geschlagen war, wollten alle Doktors nur noch möglichst schnell auf ihre Stationen, um das tägliche Hamsterrad auf Touren zu bringen. Natürlich würde ich nie von der Sektion berichten, und es würde auch nie jemand danach fragen. Wenigstens hatte ich nicht erwähnt, daß ich »Todesursache ungeklärt« angekreuzt hatte. Dies hätte mit Sicherheit zu einer ausführlichen Belehrung über das richtige Ausfüllen von Leichenschauscheinen geführt, und auch ich wollte schnell den Stationsalltag ins Laufen bringen.
    »Gut, wenn weiter nichts ist ...«
    Noch bevor Professor Kindel die Bettenkonferenz offiziell beendet hatte, waren die Stationsärzte auf dem Weg zu ihren Patienten.
    Der Tag lief dann auch nicht chaotischer als jeder andere Tag auf meiner Station IIIb, ich stand ihn irgendwie durch wie alle Tage nach Nachtdienst. Gleich nach der Visite rief ich im Patientenarchiv an, sie sollten mir die alte Krankengeschichte vom toten Mischa Tschenkow raussuchen, aber das Telefon im Archiv war wie immer besetzt. Also füllte ich einen Anforderungsschein für die Akte aus und warf ihn in den Ausgangskorb.
    Am frühen Nachmittag hatte ich die Station weitgehend unter Kontrolle und konnte ans Heimgehen denken – die entlassungsfähigen Patienten waren entlassen, die zu verlegenden Patienten waren verlegt, und die Neuaufnahmen waren aufgenommen. Ich hatte Glück, daß der mir zugeteilte Arzt im praktischen Jahr zur Zeit im Urlaub war, so konnte er mich nicht durch schlaue Fragen oder Lehrbuchbesserwisserei aufhalten. Ich bat Marlies, die zusammen mit Schreiber die Station IIIc nebenan managte, im Notfall nach meinen Patienten zu schauen, und meine Stationsschwester Elke bat ich, Marlies die Angehörigen vom Leib zu halten und den Patienten alle Ärzte außer Marlies. Ich hatte die Schnauze voll und wollte nach Hause. Heim in mein Bett und schlafen.
    Müde war ich, aber neugierig auch. Es war unwahrscheinlich, daß Mischa schon obduziert war, denn man hätte mir als dem Doktor, der den Leichenschauschein unterschrieben hat, Bescheid gegeben. Trotzdem rief ich noch schnell in der Pathologie an und erwischte Karl, den Oberpfleger.
    »Karl, hier ist Hoffmann. Habt ihr den gelben Russen schon obduziert?«
    »Der war aus der Ukraine, Doktor.«
    »Mach mich nicht an, Karl. Habt ihr oder habt ihr nicht?«
    »Dein gelber Ukrainer ist schon längst weg. In einem Stück und ohne Holzwolle im Bauch.«
    Keine Sektion?«
    »Keine Sektion.«
    »Hat ihn die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt?«
    »Wieso denn das, Doktor? Was soll denn der Staatsanwalt mit dem? Die Jungs vom Bestattungsunternehmen haben ihn gleich mitgenommen. Ich bin froh, wenn ich die Gelben schnell los bin. Kann immer mal was Infektiöses sein.«
    »Wieso ist er nicht obduziert worden, Karl?«
    »Wieso sollte er, Doktor? Natürlicher Tod, Sektion verweigert. Kurze saubere Sache, war keine zehn Stunden unser Gast. Dem können wir kaum unsere Vollpension für hier unten berechnen.«
    »Karl, warte bitte auf mich. Ich bin gleich bei dir.«
    Obgleich ich schon acht Jahre an unserem Besten-aller-Krankenhäuser arbeitete, hatte ich immer noch Schwierigkeiten, den Weg zur Pathologie zu finden. Man muß durch die Cafeteria im Erdgeschoß und dann den Fahrstuhl ins Untergeschoß finden. Ab hinterer Ausgang Cafeteria kann man sich von der Nase leiten lassen, der zunehmend stärker werdende Formaldehydgeruch weist die Richtung. Eventuellen Hinterbliebenen wird ein anderer Weg gewiesen, die kürzeste Verbindung von dem Büro für Personenstandswesen, wo sie mit einer kurzen Floskel des Bedauerns die Unterlagen für Standesamt und Bestattungsinstitut bekommen.
    Dieser Weg führt über eine kleine Treppe ins Untergeschoß direkt in den Bauch der Klinik, vorbei an der Warenannahme, der Bettenwaschanlage und der zentralen Müllbeseitigung. Ich weiß

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