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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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stehen ordentlich an ihrem Platz. Der Junge wirft schnell einen Blick in den Spiegel zurück — die Erscheinung ist verschwunden.
    »Beeilen Sie sich, Ford! Was stehen Sie nur so herum? Haben Sie nicht genug zu tun?«
    Major Howard reißt Tom aus seinen Träumen. Hastig putzt er die Fensterscheiben und flüchtet sich, so bald er kann, in sein Zimmer. Dort legt er sich hin und zwingt sich, ganz langsam, ganz regelmäßig zu atmen. »Was soll das alles bedeuten?« grübelt er. »Ist das vielleicht eine Botschaft an mich?« Je mehr er darüber nachdenkt um so mehr ist er davon überzeugt, daß diese Erscheinungen etwas ankündigen. Etwas Furchtbares!
    Tagelang und in schlaflosen Nächten brütet der Junge mit steigender Nervosität über die gleichen Fragen: »Wieso Lincoln? Wozu diese Stimmen und der Sprecher mit dem texanischem Akzent? Und was soll der Wagen des Präsidenten? Und was bedeutet >Houston Street    Fieberhaft studiert er seine Geschichtsbücher, in der Hoffnung eine Erklärung für die Zeichen darin zu finden, die Lösung dieses quälenden Bilderrätsels.
    Vergeblich. Da beschließt Tom, doch mit jemandem darüber zu reden, auch wenn man ihn für verrückt hält! Am besten spricht er zuerst mit seinem Freund, mit Cornelius. Vielleicht wird er ihm seine Geschichte nicht abnehmen, aber wenigstens wird er ihn nicht auslachen. Cornelius — ein junger Schwarzer, mit dem er zusammen arbeitet — ist ein guter Kerl, ein guter Kumpel. Nach der Arbeit gehen beide oft zusammen aus. Seit einigen Tagen allerdings nicht mehr, und Cornelius wundert sich schon darüber. Morgen früh, unter irgend einem Vorwand, wird Tom seinen Freund bitten, ihm beim Saubermachen im Spiegelsalon zu helfen — dort wird er ihm alles erzählen. Wer weiß, vielleicht wird er Lincoln auch in dem Spiegel sehen? Hoffentlich!
     
    Am nächsten Tag putzt Tom also den Spiegel im Beisein seines Freundes. Und wie jeden Morgen hört er bald die kristallklare Stimme des Kindes — »Hurra! Hurra!«, dann die Stimme des Sprechers und die Polizeisirene. Der Film läuft ab. Auch Präsident Lincoln erscheint.
    Da bestürmt Tom seinen Freund:
    »Siehst du das? Hörst du die Sirene? Nich’ wahr, du siehst ihn auch? Lincoln!«
    Der junge Schwarze starrt Tom erschrocken an. Offenbar hat er weder etwas gehört noch etwas gesehen.
    »Also Mensch Tom, dir geht’s wirklich nicht gut! Du siehst ja fürchterlich aus! Du hast Fieber! Du, geh lieber ins Bett. Das hier, das mach’ ich schon für dich.«
    Was soll der arme Tom darauf sagen? Vielleicht ist er tatsächlich krank. Sein Leben lang hat er wie besessen von diesem Haus geträumt und von allem, was sich hier ereignete. Jetzt holen ihn die Bilder der Vergangenheit ein und vermischen sich in seiner fieberhaften Vorstellung mit der Gegenwart.
    »Danke, Cornelius. Ich gehe zum Major und sage Bescheid. Du hast recht, ich fühl’ mich ganz elend.«
    Das stimmt, aber er denkt nicht daran, sich ins Bett zu legen. Und er geht auch nicht zum Major. Im Spiegelsalon eben... ja, da zweifelte er an seinem Verstand! Aber jetzt, im Gang, wo er alles ganz normal sieht, mit ganz normalen Augen, da weiß er auf einmal, was er zu tun hat: Er muß sich an den Privatsekretär des Präsidenten wenden und ihm alles sagen, bevor es zu spät ist.
    Aber bevor was zu spät ist? Und wie soll er überhaupt eine Audienz bekommen? Für die Probleme des Hauspersonals ist der Major zuständig, nicht der Berater des Präsidenten der Vereinigten Staaten! Es ist sinnlos. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, steht der Privatsekretär neben ihm. Zusammen mit seinen Mitarbeitern geht er die Treppe zum ersten Stock hoch. Selbstverständlich hat er keinen Blick für den jungen Mann der Putzkolonne. Tom hat ihn oft gesehen in den letzten vier Wochen, aber noch nie war er ihm so nahe. Das ist ein Zeichen!
    Zum allgemeinen Erstaunen stürzt sich Tom auf den hohen Beamten:
    »Ich muß dringend mit Ihnen sprechen! Ich muß Ihnen sofort etwas sehr Wichtiges mitteilen!«
    Natürlich hält man ihn mit wenigen harten Griffen zurück. Da schreit der Junge erst recht:
    »Ich muß mit Ihnen reden! Jetzt gleich, sofort! Sonst passiert was! Bitte!«
    Mit einer lässigen Handbewegung bringt der Präsidentenberater den Tumult zur Ruhe. »Lassen Sie ihn«, bedeutet er den Sicherheitsmännern. Und er nimmt ihn mit in sein Büro.
    Tom bleibt zwanzig Minuten lang allein bei Präsident Kennedys

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