Depesche aus dem Jenseits
Privatsekretär. Als er ihn schließlich entläßt, schlägt er ihm noch freundschaftlich, fast kumpelhaft auf die Schulter und schüttelt ihm herzlich die Hand. Die Mitarbeiter, die draußen vor der Tür die ganze Zeit gewartet haben, trauen ihren Augen nicht.
Am nächsten Tag steht Tom Ford träumend am Fenster des Spiegelsalons und sieht zu, wie der Hubschrauber des Präsidenten vom Rasen des Weißen Hauses abhebt und am Himmel verschwindet. An diesem Morgen hat es keine Erscheinungen gegeben. John Fitzgerald Kennedy startet zu einem offiziellen Besuch nach Texas. Am 22. November 1963 trifft der Präsident der Vereinigten Staaten in Dallas ein. Um 12 Uhr 25 fährt der Lincoln Continental des Präsidenten in die Stadtmitte ein. In der Menge, die am Straßenrand jubelnd auf ihn wartet, zeigt ein kleines Mädchen mit dem Finger auf den Geleitzug und ruft mit kristallklarer Stimme: »Hurra! Hurra! Er kommt! Da ist er!«
12 Uhr 29 — der Lincoln Continental verläßt Dealy Plaza und biegt in die Houston Street ein. Um 12 Uhr 31 bricht John F. Kennedy unter den Kugeln von Lee Harvey Oswald zusammen. Bei den umfangreichen Untersuchungsakten, die alle Umstände von Kennedys Tod festhalten, findet man auch einen dünnen Ordner mit der Aufschrift: »Tom Ford — Hausangestellter im Weißen Haus — Erledigt.«
Einige Jahre später veröffentlichte eine amerikanische Illustrierte folgenden Artikel:
»Die Übereinstimmungen zwischen den Begleitumständen des Todes der Präsidenten Kennedy und Lincoln lassen nachdenken:
Lincoln wurde 1860 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Kennedy wurde 1960 gewählt.
Beide wurden in Gegenwart ihrer Frauen ermordet. Beide traf die Kugel von hinten in den Kopf. Beide starben an einem Freitag. Ihre Nachfolger hießen Johnson: Andrew Johnson, der Nachfolger Lincolns, wurde 1808 geboren. Lyndon Johnson, der Nachfolger Kennedys, wurde 1908 geboren. John Wilkes Booth, der Mörder Lincolns, wurde 1839 geboren.
Lee Harwey Oswald, der Mörder Kennedys, wurde 1939 geboren.
Booth und Oswald wurden beide ermordet, bevor man ihnen den Prozeß machen konnte. Der Privatsekretär von Lincoln — mit Namen Kennedy — riet ihm dringend davon ab, in das Theater Ford zu gehen, in dem er dann ermordet wurde.
Der Privatsekretär von Kennedy riet ihm dringend davon ab, nach Dallas zu fahren. Sein Name war... LINCOLN.«
Eine Villa für die Silvesternacht
Monte Carlo — 1901.
Der Direktor des größten Palasthotels am Platz wundert sich schon lange nicht mehr über die unvorstellbaren Launen des russischen Adels im Allgemeinen — und ganz besonders nicht mehr über die Extravaganzen der Prinzessin Tovarov! Doch dieses Mal ist die Prinzessin entschieden zu weit gegangen.
Man kann für nahezu alles Verständnis haben, man gewöhnt sich an die unglaublichsten Dinge der Welt, und wer ein solch hochkarätiges Haus führt, setzt auch seinen Stolz darein, die zahlkräftigen Gäste zufriedenzustellen, so weit wie möglich. Aber bei der Prinzessin Tovarov kostet das Nerven! Jedes Jahr steht das ganze Personal schon eine Woche vor ihrer Ankunft Kopf. Und die findet immer am 15. November statt — keinen Tag früher, keinen Tag später — seit Jahren! Und sie bleibt grundsätzlich bis zum 15. März. Auf den Tag genau. Das bedeutet: vier Monate lang treibt sie ihr Unwesen — das ist wörtlich zu nehmen! — in dem noblen Hotel und scheint eine diabolische Freude daran zu haben, auch die gesamte Côte d’Azur mit ihren höchstpersönlichen Einfällen auf den Kopf zu stellen.
Hier einige Beispiele, nur, damit Sie sich eine Vorstellung davon machen können, mit was für einer Person wir es zu tun haben:
Prinzessin Tovarov kann es auf den Tod nicht leiden, vor dem Hotel und im Park ringsherum zwei Tage hintereinander dieselben Blumen zu sehen. Das findet sie spießig! Der Direktor engagiert also jedes Jahr ein Regiment von Gärtnern, die vier Monate lang Nacht für Nacht nur damit beschäftigt sind, die Blumenrabatten so hin- und her- und umzupflanzen, daß die Blumenliebhaberin am Morgen immer eine neue Blütenlandschaft bewundern kann. Was sie aber nicht tut. Sie geht nur vorbei und sieht nicht einmal hin. Aber wehe die Gärtner sind ein einziges Mal nachts nicht angerückt — dann merkt sie das sofort und ist so ärgerlich, daß sie direkt zum Palast der Grimaldi läuft und sich bei ihren fürstlichen Vettern beschwert! Der geplagte Direktor weiß zwar nicht, wie diese russische
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