Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen
die schon früh in ihrer Familie Verantwortung übernehmen mussten, evtl. schon als Kind.
Ein Lernziel für einen derartigen Helfertyp wäre es, auch eigene Interessen wahrzunehmen und einen eigenen Standpunkt zu vertreten, um mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Hier ist noch einmal eine Übersicht der häufigsten Charaktereigenschaften, die für eine depressive Entwicklung förderlich sind:
anhaltende Unzufriedenheit
geringes Selbstwertgefühl
kritische Haltung anderen und sich selbst gegenüber
Neigung zu Sorgen und Grübeln
Pessimismus
Tendenz zu Schuldgefühlen
All diese Eigenschaften kann man natürlich auch haben, ohne gleich eine Depression zu entwickeln. Forscher überlegen noch, ob z. B. die weiter oben erwähnten negativen Bindungserfahrungen und die erlernte Hilflosigkeit zwangsläufig zur Ausprägung eines sogenannten „depressiven Charakters“ führen müssen, der dann über längere Zeit fortbestünde.
Eine Frage, die die Forscher noch beantworten müssen, ist, ob man die beschriebenen Charaktereigenschaften im Laufe des Lebens erwirbt oder ob man mit einer depressiven Persönlichkeit bereits auf die Welt kommen kann (Erbtheorie). Charaktereigenschaften gelten als schwieriger beeinflussbar als z. B. das Verhalten oder einige Grundüberzeugungen. Eine Charakterstruktur, die im Volksmund als „Miesepeter“ oder „Nörgler“ beschrieben würde, würde andauern, während eine depressive Stimmung irgendwann wieder vorüberginge. Man müsste also schon früh versuchen, die Verfestigung solcher Charaktereigenschaften zu verhindern, wenn man sie beispielsweise bei Kindern bemerkt.
Zusammenfassung
Depressionen sind gekennzeichnet durch Niedergeschlagenheit, Minderung von Lebensfreude und verminderten Antrieb (bzw. erhöhte Erschöpfbarkeit) über einen überdurchschnittlich langen Zeitraum von mehreren Wochen bis einigen Monaten (mindestens aber zwei Wochen).
Zusätzliche Symptome können Konzentrationsstörungen, Schuldgefühle, Schlafstörungen, Appetitminderung, Wertlosigkeitsgefühle und/oder Pessimismus sein. Je mehr Symptome vorliegen und je länger sie anhalten, desto schwerer ist das Krankheitsbild. Je schwerer die Depression, desto dringender der Behandlungsbedarf. Insbesondere bei Selbstmordgedanken muss ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Depressionen können unipolar („nur“ depressiv) oder bipolar (depressiv und manisch) sein. Die bipolare Störung mit Schwankungen zwischen beiden Extremen ist wesentlich seltener als die unipolare Form. Manische Symptome sind übersteigerter Antrieb, Selbstüberschätzung, Ideenflut, erhöhte Risikobereitschaft.
Eine leichtere Verlaufsform, die aber chronisch ist, wird Dysthymie genannt. Depressionen können einmalig auftreten (Episode) oder mehrmals. Man spricht dann von einem Rezidiv (Wiederholung).
Eines der Ziele der Depressionsbehandlung ist z. B. die Verhinderung eines solchen Rezidivs.
Ursachen der Depression sind Erbfaktoren, seelische Belastungen, chronischer Stress, körperliche Erkrankungen, Veränderungen der Botenstoffe im Nervensystem und psychologische Faktoren wie z. B. erlernte Hilflosigkeit und negative Bindungserfahrungen. Auch Verluste und evtl. Traumatisierungen spielen eine Rolle.
Auch Charaktereigenschaften wie Neurotizismus, Kritiksucht, niedriges Selbstwertgefühl, „Helfersyndrom“, Grübelneigung, häufige Schuldgefühle oder Pessimismus werden oft im Zusammenhang mit einer Depression beobachtet.
Chronische körperliche Erkrankungen (Diabetes, Schmerzen, Krebs, Herzerkrankungen usw.) sind oft mit Depressionen vergesellschaftet. Wahrscheinlich ist die anhaltende Anspannung der Grund dafür. Eine Depression kann sich auch körperlich ausdrücken, z. B. durch Schmerzen oder Magen-Darm-Probleme. Das liegt daran, dass Seele und Körper sich wechselseitig beeinflussen (Psychosomatik).
Ein Depressiver kann auch von anderen, zusätzlichen psychischen Erkrankungen betroffen sein. Häufig bestehen z. B. gleichzeitig Angsterkrankungen und/oder eine Substanzabhängigkeit (meist Alkohol). Die Kombination dieser Krankheitsbilder wird Komorbidität genannt.
Besondere Depressionsformen sind die „Winterdepression“, die auf die verminderte Sonnenlichteinstrahlung auf der Nordhalbkugel in den Wintermonaten zurückgeführt wird, und die „Wochenbettdepression“ bei jungen Müttern, die durch Hormonschwankungen, den großen psychischen Stress bei einer Geburt und die ungewohnten Anforderungen und Veränderungen im Rahmen der
Weitere Kostenlose Bücher