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Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Borlik
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Moment ging eine Verwandlung mit den zwölf vor sich. Vor den Augen der entrüstet murmelnden Gäste fiel ihre menschliche Gestalt von ihnen ab, zerfaserte wie ein Spiegelbild auf der Oberfläche eines Teiches, in den ein Stein geworfen wurde. Darunter kamen überirdisch schöne Wesen zum Vorschein. Sie waren in lange weiße Gewänder gekleidet und mit mächtigen weißen Schwingen ausgestattet, die ihre Schultern wie Mäntel aus Federn umgaben. Das Faszinierendste an ihnen waren jedoch ihre Augen: Sie waren golden und leuchteten von innen heraus.
    Schreie des Entzückens und der Freude brachen unter den Gästen aus.
    Amy schüttelte den Kopf. Sie waren alle so ahnungslos. Aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Engel ihre wahren Gesichter zeigten.
    »Da, deine Tante und Lord Winterhall«, raunte Finn.
    Amy sah zu den beiden hinüber. Sie hatten sich von ihren Plätzen erhoben. Ihre Gesichter spiegelten Erleichterung wider. Und Triumph. Als die Engel nahe genug waren, um einen Halbkreis um den Thron zu bilden, eilten sie zu ihnen. »Was hat das zu bedeuten, Lord Winterhall?«, wandte sich der neue König an seinen Ratgeber. Doch der ignorierte ihn. »Seht!«, rief er den Gästen zu. »Seht, die Engel sind zurückgekehrt!«
    Die Menge jubelte.
    Amy seufzte.
    Lord Winterhall fuhr sich zufrieden über seinen Walrossbart, dann drehte er sich mit einem boshaften Lächeln zum Thron um. »Allerdings sind sie nicht zu Ehren Seiner Majestät gekommen.« Anklagend wies er auf den verdutzt dreinblickenden König. »Denn seine Familie war es, die die Engel einst verraten hat. Oh ja, hintergangen und verraten. Und nun soll er als der letzte Spross des alten Königshauses dafür büßen!«
    Dieses Mal folgte entsetztes Schweigen.
    Der Engel Lucia wandte sich Lord Winterhall zu. »Bring mir den Schwarzen Stern!« Ihre Stimme hallte wie Donner durch die Kathedrale und ließ die Gäste zusammenzucken. »Und eile dich, denn dieser Ort widert mich an!« Voller Abscheu musterte sie die leeren Podeste, bevor sie den Blick ihrer hasserfüllten Augen über die erstarrte Menge schweifen ließ.
    Inzwischen musste allen klar geworden sein, dass dies nicht die freundlichen und gütigen Engel aus den alten Geschichten waren. Nackte Angst stand vielen Menschen ins Gesicht geschrieben. Hier und da stiegen leise Schluchzer auf. Amy beobachtete, wie man überall zusammenrückte, um Schutz und Trost beim anderen zu suchen. Warum flohen diese Narren nicht?
    Auf Lucias Befehl hin traten Lord Winterhall und Tante Hester auf den jungen König zu, um sich mit Gewalt zu nehmen, was die Engel seit ihrem Erwachen begehrten. Sofort stellten sich ihnen die sechs Leibgardisten entgegen. Sie hatten ihre Waffen gezückt, juwelenbesetzte Zeremonienschwerter. Anscheinend hatte niemand wirklich mit einem Angriff gerechnet. Amy schüttelte den Kopf. Was machten die da? Tante Hester war eine geschickte Zauberin und Lord Winterhall stand ihr bestimmt in nichts nach. Entsprechend unbeeindruckt gingen sie auf die Männer zu. Doch plötzlich flammten Feuerkugeln in den freien Händen der Leibgardisten auf. Sie warfen sie Tante Hester und Lord Winterhall entgegen. Aber bevor die brennenden Kugeln die Verräter erreichen konnten, verpufften sie wirkungslos an einem unsichtbaren magischen Schild.
    »Was war das?«, zischte Finn.
    »Das hätte ich mir denken können«, grummelte Cornelius. »Lucia schützt die beiden. Die Wachen haben keine Chance gegen sie.«
    Wie um seine Worte zu bestätigen, winkten Lord Winterhall und Tante Hester fast schon gelangweilt mit den Händen, woraufhin Seile aus dem Nichts erschienen und die Leibgardisten des Königs binnen weniger Augenblicke fest verschnürt hatten. Die Männer stürzten zu Boden, wo sie sich wie hilflose Würmer wanden und krümmten.
    »Ich beschwöre Euch!«, rief der Erzbischof und stellte sich dem Ersten Ratgeber des Königs entgegen. »Besinnt Euch darauf, wem Ihr die Treue geschworen habt!«
    Lord Winterhall stieß ihn mit einem hämischen Lachen zur Seite. Scheppernd schlugen Zepter und Reichsapfel, die den zittrigen Händen des alten Mannes entglitten waren, auf dem Steinboden auf. Ohne darauf zu achten, deutete Lord Winterhall auf das Schwert eines Gardisten, woraufhin es ihm in die Hand sprang. »Nun, Majestät«, sagte er mit einer Stimme, die vor Spott und Hohn triefte, »werdet Ihr mir den Schwarzen Stern freiwillig übergeben oder ich werde Euch töten müssen!«
    Der junge König zögerte. Sein Blick

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