Der 7. Lehrling (German Edition)
verabschiedeten sich von ihren Lohnherren mit den fadenscheinigsten Entschuldigungen. Das fanden diese nicht besonders schön, aber wer will schon einem jungen Gesellen die plötzliche Heimreise verwehren, wenn zum Beispiel dessen geliebte Großmutter schwer erkrankt war? Und da in keinem Dorf und keiner Stadt zwei Gesellen gleichzeitig arbeiteten – das war eine weitere Regel auf der Wanderschaft – fiel die hastige flächendeckende Abreise der Magiergesellen niemandem auf.
Denjenigen, die an den äußersten Grenzen des Landes unterwegs waren, stand eine echte Herausforderung bevor. Sie mussten fast Tag und Nacht auf den Beinen sein, um Filitosa rechtzeitig zu erreichen, denn die Botschaft war unmissverständlich: Bis zum siebten Sonnenaufgang hatten sich alle im Convenium einzufinden.
Einer der Gesellen im Grenzgebiet war Milan. Im zivilen Beruf war er Schmiedegeselle, als Zauberer hatte er vor zwei Jahren die Prüfung bestanden.
Milan war ein hochgewachsener dunkelhaariger junger Mann, dem man seinen Beruf als Schmied deutlich ansehen konnte. Sein Lohnherr, Schmiedemeister in einem größeren Ort, war froh, dass Milan bei ihm arbeitete. Wenn zum Beispiel an einem Ochsenkarren ein Rad neu bereift werden musste, brauchte er früher mindestens zwei Gesellen, die unter großer Anstrengung den Wagen hoben, während er das Rad ab- oder wieder anmontierte. Solche Sachen erledigte Milan allein. Und lachte auch noch dabei.
Bei all seiner Kraft war Milan ein sanfter, freundlicher und aufmerksamer Zeitgenosse. Bei den anderen Gesellen und der Kundschaft war er daher sehr beliebt. Milan war noch nicht lange bei dem Schmiedemeister, aber er hatte in Windeseile alle für sich eingenommen.
Jetzt hatte er allerdings eine Aufgabe vor sich, bei der ihm Kraft allein nicht helfen konnte: Eine Strecke von acht oder neun Tagesmärschen musste er bis zum siebten Sonnenaufgang geschafft haben.
Nachdem er sich unter dem in diesen Tagen recht üblichen „Großmutter-Vorwand“ bei seinem Lohnherrn entschuldigt und verabschiedet hatte, packte er schnell seine Sachen zusammen. Dann machte er sich auf den Weg Richtung Südwesten, lange bevor das zweite Frühstück gerichtet war.
Balsberg
Quentin kam gut voran. Er konnte immer mehr Einzelheiten von Balsberg erkennen. Und was er sah, steigerte seine Vorfreude immer weiter. Was für eine Riesenstadt! Da gab es sicher tausende neuer Dinge zu entdecken! Aber zuerst musste er eine Arbeit finden.
Den ganzen Weg malte er sich aus, was er für tolle Sachen in der großen Stadt unternehmen könnte. Darüber vergaß er sogar, eine Mittagspause zu machen.
Der Fahrweg wurde immer breiter. Von rechts und links mündeten immer mehr Seitenwege ein. Ab und zu begegnete er Bauern, Händlern und anderen Wandersleuten. Aber Quentin nahm sich keine Zeit für lange Gespräche, viel zu spannend war das, was da vor ihm lag.
Dann kamen die ersten Aussiedlerhöfe. Auf den Feldern wurden die letzten Reste der Ernte eingebracht, überall herrschte Hochbetrieb. Goldene Korngarben standen auf den Stoppeln oder wurden auf große Leiterwagen aufgeladen. Ab und zu konnte Quentin einen Blick in eine Scheune werfen, in der das Korn inmitten riesiger Staubwolken aus den Ähren gedroschen wurde.
An einer Kreuzung, an der sein Weg auf eine Fahrstraße traf, stand ein großes Weghaus. Hier kehrten Reisende ein, denen die Unterkünfte in der Stadt zu teuer waren, oder auch Wanderer, die sich stärken wollten, ohne erst in die Stadt gehen zu müssen.
Quentin setzte sich auf eine Bank bei einem Brunnen und sah dem Treiben zu. Seine Laune war ausgezeichnet, in zwei bis drei Stunden würde er in der Stadt sein.
Schnell aß er ein Stück Brot, das ihm ein Bauer unterwegs geschenkt hatte, und trank einen Schluck Brunnenwasser dazu. Dann ging es wieder weiter.
Es war ein wundervoller Sommertag. Die Grillen zirpten ihre Lieder in den Büschen und Wiesen, Kühe lagen friedlich wiederkäuend auf den Weiden, alle waren in guter Stimmung. Am Himmel waren nur ein paar kleine Schäfchenwolken zu sehen, kein Zeichen deutete mehr auf die schweren Regenwolken hin, die noch vor ein paar Tagen über den Horizont gezogen waren. Quentin pfiff ein fröhliches Wanderlied und marschierte zügig auf die Stadt zu.
Nach einer Weile kamen die ersten Wohnhäuser. Jetzt war Quentin im äußeren Gürtel der Stadt angekommen. Begierig nahm er alle Bilder in sich auf. Höfe und Wohnhäuser wechselten sich ab, hier und da gab es einen
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