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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoite Groult
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VORWORT
    Wie soll ich ihn überhaupt nennen, damit es seine Frau niemals erfährt? Einen bretonischen Vornamen werde ich ihm auf jeden Fall geben, denn einen solchen hatte er ja. Aber es sollte ein Bardenname sein, der Name eines jener irischen Helden, deren Mut absurd war und die ihre Schlachten meistens verloren haben, nie aber ihre Seele.
    Wie wäre es mit einem Wikingernamen? Nein, die waren blond. Lieber einen Keltennamen ‒ die keltischen Männer waren dunkel, stämmig, ihre Augen waren hell, und in ihren Bärten lag ein rötlicher Hintergedanke. Doch, zu diesem Volk mit ungenauer Geographie, mit umstrittener Geschichte, das allenfalls in der Dichtung, kaum in der Wirklichkeit überlebt hat, gehörte er.
    Einen rücksichtslosen, rauhfelsigen Namen will ich ihm geben, einen Namen, der zu seiner kantigen Gestalt paßt, zu seinen dunklen, vorne ein wenig tief ansetzenden und im Nacken dicht gekräuselten Haaren; einen Namen, der zu seinen leuchtendblauen Augen paßt ‒ blau wie zwei Meeressplitter unter dem Dickicht der Augenbrauen ‒, zu seinen Tatarenbackenknochen, zu dem kupferschimmernden Bart, den er sich wachsen ließ, wenn er auf See war.
    Vor meinem inneren Spiegel probiere ich ihm mehrere solche Namen an… Nein, der eine würde nur ungenügend die verstockte Miene wiedergeben, die er immer dann aufsetzte, wenn man ihm Widerstand leistete; der andere paßt nicht zu seinem schweren Gang. »Kevin«? Ja, aber ich müßte sicher sein, daß er englisch und nicht französisch ausgesprochen wird. »Yves« klingt nach Islandfischer * . »Jean-Yves«, davon habe ich während meiner Bretagne-Ferien zu viele getroffen, immer waren es kleine Hagere mit Sommersprossen.
    »Loïc«? Vielleicht… aber mir wäre ein noch seltenerer Name lieber, ein Name, der zu einem Kormoran passen würde.
»Tugdual« also? Oder »Gauvain« ** nach einem der Zwölf von der Tafelrunde? Oder »Brian Boru« nach Irlands Karl dem Großen? Aber die Franzosen würden diesen Namen abscheulich verunstalten, und die sanfte Liebkosung des englischen »r« würde zu einem uncharmanten Krächzlaut.
Aber er braucht wirklich einen Ritternamen. Gab es einen treueren Ritter als Gauvain, Sohn des Loth, König von Norwegen, und der Anne, Artus' Schwester, Gauvain, der im Zweikampf gegen Mordred fiel, Mordred, dem Verräter an seinem König. Maßvoll, weise, würdig, großmütig, von erschreckender Kraft und von unbeirrbarer Treue seinem Herrn gegenüber, so berichten die Texte der Artussage: Er war kein Dichter, sondern ein Mann der Pflicht, auch wenn ihm dies manchmal schwerfiel, er scheute kein Abenteuer und keine heroische Anstrengung. So wird er geschildert in dem bretonischen Zyklus, und so ist der Mann meines Berichts.
Im wirklichen Leben trug er einen Namen, den ich dümmlich fand. Gleich nachdem er in mein Leben eingetreten war, stattete ich ihn mit allerlei Kosenamen aus. Heute widme ich ihm diesen endgültigen Namen, der schön zu schreiben und schön zu lesen ist, denn mittlerweile kann ich ihn nur
    * Nach dem gleichnamigen fünfteiligen Roman von Pierre Loti, erschienen 1886. (Anm. d. Übs.)
** Französische Form von »Gawain«. (Anm. d. Übs.)

    noch zu Papier bringen, mehr nicht.
    Jedoch nicht ohne eine gewisse Scheu mische ich mich unter die zweifelhafte Schar der Schriftsteller, die versucht haben, auf einem jungfräulichen Blatt Papier jene Freuden dingfest zu machen, die man die fleischlichen nennt, die einem aber zuweilen heftig das Herz angreifen. Und ich entdecke, wie vermutlich viele unter ihnen und wie die noch viel zahlreicheren, die irgendwann aufgegeben haben, daß die Sprache sich wenig hilfreich zeigt, wenn man die Verzückung der Liebe ausdrücken will, jene äußerste Lust, die die Grenzen des Lebens fernrückt und in uns Körper gebiert, von denen wir nichts ahnten. Ich weiß, daß mir Lächerlichkeit auflauert, daß meine erlesenen Gefühle der Banalität nicht entkommen können und daß jedes Wort nur darauf wartet, mich zu verraten, jedes Wort: jämmerlich oder vulgär, fad oder grotesk, wenn nicht gar abstoßend.
    Wie soll ich ganz nach meinem Herzen jene Auswüchse oder Einwüchse benennen, in denen das Begehren sich ausdrückt, sich auflöst und wiederersteht? Wie soll man anrühren, indem man »Coitus« sagt? Co-ire, gewiß, zusammen-gehen und, in meiner Sprache, zusammen-passen. Was wird jedoch aus der Lust zweier Körper, die zusammengehen, weil sie zusammenpassen? Und »Penetration«? Klingt ungemein

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