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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Ewigkeit reuen würde, ich will lieber gar von der Straß bleiben, als nur irr laufen; zudem sind noch mehr Religionen, denn nur die in Europa, als die Armenier, Abessinier, Griechen, Georgianer und dergleichen, und Gott geb was ich für eine davon annehme, so muß ich mit meinen Religionsgenossen den andern allen widersprechen. Wird nun der Herr Pfarrer mein Ananias sein, so will ich ihm mit großer Dankbarkeit folgen und die Religion annehmen, die er selbst bekennt.«
    Darauf sagte er: »Der Herr steckt in großem Irrtum, aber ich hoffe zu Gott, er werde Ihn erleuchten und aus dem Schlamm helfen; zu welchem End ich Ihm denn unsere Konfession inskünftig dergestalt aus Hl. Schrift bewähren will, daß sie auch wider die Pforten der Höllen bestehen solle.« Ich antwortet, dessen würde ich mit großem Verlangen gewärtig sein, gedachte aber bei mir selber, wenn du mir nur nichts mehr von meinen Liebchen vorhältst, so bin ich mit deinem Glauben wohl zufrieden. Hierbei kann der Leser abnehmen, was ich damals für ein gottloser böser Bub gewesen, denn ich machte dem guten Pfarrer deswegen vergebliche Mühe, damit er mich in meinem ruchlosen Leben ungehindert ließe, und gedachte: Bis du mit deinen Beweistümern fertig bist, so bin ich vielleicht wo der Pfeffer wächst.

Das 21. Kapitel
    Wie der Jäger unversehens zum Ehmann wird
    Gegen meinem Quartier über wohnet' ein reformierter Obristleutnant, der hatte ein überaus schöne Tochter, die sich ganz adelig trug; ich hätte längst gern Kundschaft zu ihr gemacht, unangesehen sie mir anfänglich nicht beschaffen zu sein deuchte, daß ich sie allein lieben und auf ewig haben möchte, doch schenkte ich ihr manchen Gang und noch viel mehr liebreicher Blick, sie wurde mir aber so fleißig verhütet, daß ich kein einzig Mal, als ich mir wünschete, mit ihr zu reden kommen konnte, so durfte ich auch so unverschämt nit hineinplatzen, weil ich mit ihren Eltern keine Kundschaft hatte und mir der Ort für einen Kerl von so geringem Herkommen als mir das meinige bewußt war, viel zu hoch vorkam; am allernächsten gelangte ich zu ihr, wenn wir etwa in oder aus der Kirch gingen, da nahm ich denn die Zeit so fleißig in acht, mich ihr zu nähern, daß ich oft ein paar Seufzer anbrachte, das ich meisterlich konnte, ob sie zwar alle aus falschem Herzen gingen: Hingegen nahm sie solche auch so kaltsinnig an, daß ich mir einbilden mußte, daß sie sich nicht so leicht wie eines schlechten Bürgers Tochter verführen lassen würde, und indem ich gedachte, sie würde mir schwerlich zuteil, wurden meine Begierden nach ihr desto heftiger.
    Mein Stern, der mich das erstemal zu ihr vermittelte, war derjenige, den die Schüler zu immerwährendem Gedächtnis um selbige Zeit des Jahrs herumfragen, damit anzuzeigen, daß die drei Weisen durch einen solchen nach Bethlehem begleitet worden, so ich anfänglich für ein gut Omen hielt, weil mir dergleichen einer in ihre Wohnung leuchtete, da ihr Vater selbst nach mir schickte: »Monsieur«, sagte er zu mir, »seine Neutralität, die er zwischen Bürgern und Soldaten hält, ist eine Ursach, daß ich ihn zu mir bitten lassen, weil ich wegen einer Sach, die ich zwischen beiden Teilen ins Werk zu richten vorhabe, einen unparteiischen Zeugen bedarf.« Ich vermeinte, er hätte was Wundergroßes im Sinn, weil Schreibzeug und Papier auf dem Tisch war, bot ihm derowegen zu allen ehrlichen Geschäften meine bereitfertigsten Dienst an, mit sondern Komplimenten, daß ich mirs nämlich für eine große Ehr halten würde, wenn ich so glückselig sei, ihm beliebige Dienst zu leisten. Es war aber nichts anders, als (wie an vielen Orten der Gebrauch ist) ein Königreich zu machen, maßen es eben an der Hl. Drei König Abend war, dabei sollte ich zusehen, daß es recht zuginge und die Ämter ohne Ansehung der Personen durch das Los ausgeteilt würden. Zu diesem Geschäft, bei welchem des Obristen Secretarius auch war, ließ der Obristleutnant Wein und Konfekt langen, weil er ein trefflicher Zechbruder und es ohnedas nach dem Nachtessen war; der Secretarius schrieb, ich las die Namen, und die Jungfer zog die Zettel, ihre Eltern aber sahen zu; und ich mag eben nicht ausführlich erzählen, wie es hergangen, dann ich die erste Kundschaft an diesem Ort machte. Sie beklagten sich über die langen Winternächt und gaben mir damit zu verstehen, daß ich, solche desto leichter zu passieren, wohl zu ihnen zu Licht kommen dürfte, indem sie ohnedas keine besonders großen

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