Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
Geschäfte hätten. Dies war nun eben das, was ich vorlängsten gewünscht.
    Von diesem Abend an (da ich mich zwar nur ein wenig bei der Jungfer zutäppisch machte) fing ich wieder auf ein neues an mit der Leimstangen zu laufen und am Narrenseil zu ziehen; also daß sich beides die Jungfer und ihre Eltern einbilden mußten, ich hätte die Angel geschluckt, wiewohl mirs nicht halber Ernst war; ich putzte mich als nur gegen die Nacht, wenn ich zu ihr wollte, wie die Hexen, und den Tag über hatte ich mit den Liebesbüchern zu tun, daraus stellte ich Buhlenbrieflein an meine Liebste, eben als ob ich hundert Meil Wegs von ihr gewohnt hätte oder in viel Jahren nicht zu ihr käme; zuletzt machte ich mich gar gemein, weil mir meine Löffelei nicht sonderlich von den Eltern gewehrt, sondern zugemutet ward, ich sollte ihre Tochter auf der Lauten lernen schlagen. Da hatte ich nun einen freien Zutritt, bei Tag sowohl als hiebevor des Abends, also daß ich meinen gewöhnlichen Reimen
Ich und eine Fledermaus
Fliegen nur bei Nachte aus
    änderte und ein Liedlein machte, in welchem ich mein Glück lobte, weil es nur auf so manchen guten Abend auch so freudenreiche Tag verliehen an denen ich in meiner Liebsten Gegenwart meine Augen weiden und mein Herz um etwas erquicken könnte, hingegen klagte ich auch in eben demselbigen Lied über mein Unglück und bezichtigte dasselbige, daß es mir die Nächt verbittere und mir nicht gönnete, solche auch wie die Tag mit liebreicher Ergötzung hinzubringen; und ob es zwar um etwas zu frei kam, so sang ichs doch meiner Liebsten mit andächtigen Seufzern und einer lustreizenden Melodei, dabei die Laute das ihrig trefflich tat und gleichsam die Jungfer mit mir bat, sie wollte doch kooperieren, daß mir die Nächte so glücklich als die Tage bekommen möchten; aber ich bekam ziemlich abschlägige Antwort, denn sie war trefflich klug und konnte mich auf meine Erfindungen, die ich bisweilen artlich anbrachte, gar höflich beschlagen. Ich nahm mich gar wohl in acht, von der Verehelichung zu schweigen, ja wenn schon diskursweis davon geredt wurde, stellete ich doch alle meine Wort auf Schrauben; welches meiner Jungfer Schwester, die schon verheirat war, bald merkte, und dahero mir und meinem lieben Mägdlein alle Päß verlegte, damit wir nicht so oft wie zuvor allein beisammensein sollten, denn sie sah wohl, daß mich ihre Schwester von Herzen liebte, und daß die Sach in die Läng kein gut tun würde.
    Es ist ohnnötig, alle Torheiten meiner Löffelei umständlich zu erzählen, weil dergleichen Possen ohnedas alle Liebesschriften voll sind. Genug ists, wenn der günstige Leser weiß, daß es zuletzt dahin kam, daß ich erstlich mein liebes Dingelchen zu küssen und endlich auch andere Narrnpossen zu tun mich erkühnen durfte, solchen erwünschten Fortgang verfolgte ich mit allerhand Reizungen, bis ich bei Nacht von meiner Liebsten eingelassen wurde und mich so hübsch zu ihr ins Bett fügte, als wenn ich zu ihr gehört hätte. Weil jedermann weiß, wie es bei dergleichen Kürben pfleget gemeiniglich herzugehen, so dürfte sich wohl der Leser einbilden, ich hätte etwas Ungebührliches begangen: jawohl nein! denn alle meine Gedanken waren umsonst, ich fand einen solchen Widerstand, dergleichen ich mir nimmermehr bei keinem Weibsbild anzutreffen gedenken können, weil ihr Absehen einzig und allein auf Ehr und den Ehestand gegründet war, und wenn ich ihr solchen gleich mit den allergrausamsten Flüchen versprach, so wollte sie jedoch vor der ehelichen Kopulation kurzum nichts geschehen lassen, doch gönnete sie mir, auf ihrem Bett neben ihr liegen zu bleiben, auf welchem ich auch ganz ermüdet vor Unmut sanft einschlummerte. Ich wurde aber gar ungestüm aufgeweckt, denn morgens um vier Uhr stand der Obristleutnant vorm Bett mit einer Pistol in der einen und einer Fackel in der andern Hand: »Krabat«, schrie er überlaut seinem Diener zu, der auch mit einem bloßen Säbel neben ihm stand, »geschwind Krabat, hole den Pfaffen!« Wovon ich denn erwachte und sah, in was für einer Gefahr ich mich befand. »O wehe«, gedacht ich, »du sollest gewiß zuvor beichten, ehe er dir den Rest gibt!« Es wurde mir ganz grün und gelb vor den Augen, und wußte nicht, ob ich sie recht auftun sollte oder nit? »Du leichtfertiger Gesell«, sagte er zu mir, »soll ich dich finden, daß du mein Haus schändest? tät ich dir Unrecht, wenn ich dir und dieser Vettel, die deine Hur worden ist, den Hals bräche? Ach du

Weitere Kostenlose Bücher