Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
jagt mich nach der Kopulation nit allein aus dem Bett, sondern auch gar aus dem Haus, und anstatt des Glücks, das er mir in Ehestand wünschen sollte, will er mich nicht so glückselig wissen, meines Schwähers Angesicht zu sehen und ihm zu dienen; wahrlich, wenn dieser Brauch aufkommen sollte, so würden die Verehelichungen wenig Freundschaft mehr in der Welt stiften.«
Das 22. Kapitel
Wie es bei der Hochzeit ablief, und was er weiter anzufangen sich vorgestellt
Die Leut in meinem Losament verwunderten sich alle, da ich diese Jungfer mit mir heimbrachte, und noch vielmehr, da sie sahen, daß sie so ungescheut mit mir schlafen ging; denn ob mir zwar dieser Poß, so mir widerfahren, grandige Grillen in Kopf brachte, so war ich doch so närrisch nit, meine Braut zu verschmähen; ich hatte zwar die Liebste im Arm, hingegen aber tausenderlei Gedanken im Kopf, wie ich mein Sach heben und legen wollte; bald gedacht ich, es ist dir recht geschehen, und bald vermeint ich, es wäre mir der allergrößte Schimpf von der Welt widerfahren, welchen ich ohne billige Rach mit Ehren nicht verschmerzen könnte: Wenn ich aber besann, daß solche Rach wider meinen Schwährvater und also auch wider meine unschuldige fromme Liebste laufen müßte, fielen alle meine Anschläg. Ich schämte mich so sehr, daß ich mir vornahm, mich einzuhalten und vor keinem Menschen mehr sehen zu lassen, befand aber, daß ich alsdann erst die allergrößte Narrheit begehen würde. Endlich war mein Schluß, ich wollte vor allen Dingen meines Schwährvaters Freundschaft wieder gewinnen und mich im übrigen gegen jedermann anlassen, als ob mir nichts Übels widerfahren und wegen meiner Hochzeit alles wohl ausgerichtet hätte. Ich sagte zu mir selber: »Weil alles auf eine seltsame ungewöhnliche Weis sich geschickt und seinen Anfang genommen, so mußt du es auch auf solche Gattung ausmachen, sollten die Leut erfahren, daß du Verdruß an deiner Heirat hättest, und wider deinen Willen kopuliert worden wärest, wie ein arme Jungfer an einen alten reichen Ehekrüppel, so hättest du nur Spott davon.«
In solchen Gedanken ließ ich mir früh tagen, wiewohl ich lieber länger im Bett verblieben wäre; ich schickte am allerersten nach meinem Schwager, der meines Weibs Schwester hatte, und hielt ihm kurz vor, wie nahe ich ihm verwandt worden, ersuchte ihn daneben, er wollte seine Liebste kommen lassen, um etwas zurichten zu helfen, damit ich den Leuten auch bei meiner Hochzeit zu essen geben könnte; er aber wollte belieben, unsern Schwähr und Schwieger meinetwegen zu begütigen, so wollte ich indessen ausgehen, Gäste zu bitten, die den Frieden zwischen mir und ihm vollends machten. Solches nahm er zu verrichten auf sich, und ich verfügte mich zum Kommandanten, dem erzählte ich mit einer kurzweiligen und örtlichen Manier, was ich und mein Schwährvater für eine neue Mode angefangen hätten, Hochzeit zu machen, welche Gattung so geschwind zugehe, daß ich in einer Stund die Heirats-Abred, den Kirchgang und die Hochzeit auf einmal vollzogen; allein weil mein Schwährvater die Morgensupp gesparet hätte, wäre ich bedacht, an deren Statt ehrlichen Leuten von der Specksuppen mitzuteilen, zu der ich ihn untertänig eingeladen haben wollte. Der Kommandant wollte sich meines lustigen Vortrags schier zu Stücken lachen, und weil ich sah, daß sein Kopf recht stund, ließ ich mich noch freier heraus und entschuldigte mich deswegen, daß ich notwendig jetzt nit wohl klug sein müßte, weil andere Hochzeiter vier Wochen vor und nach der Hochzeit nit recht bei Sinnen seien; andere Hochzeiter zwar hätten vier Wochen Zeit, in welchen sie allgemach ihre Torheiten unvermerkt herauslassen und also ihren Mangel an dem Witz ziemlich verbergen könnten; weil mich aber die ganze Bräuterei vollkommen überfallen, so mußte ich auch die Narrnpossen häufig fliegen lassen, damit ich mich hernach desto vernünftiger im Ehestand anlassen könnte. Er fragte mich, wie es mit der Heirats-Notul beschaffen wäre und wieviel mir mein Schwährvater Füchse, deren der alte Schabhals viel hätte, zum Heiratgut gebe? Ich antwortet, daß unser Heirats-Abred nur in einem Punkte bestünde, der laute, daß ich und seine Tochter uns in Ewigkeit vor seinen Augen nicht mehr sollten sehen lassen, dieweil aber weder Notarien noch Zeugen dabeigewesen, hoffe ich, er sollte wieder revoziert werden, vornehmlich weil alle Heirat' zu Fortpflanzung guter Freundschaft gestiftet würden, es wäre denn
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