Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Bestia, wie kann ich mich doch nur enthalten, daß ich dir nit das Herz aus dem Leib herausreiße und zu kleinen Stücken zerhackt den Hunden darwerfe?« Damit biß er die Zähn übereinander und verkehrte die Augen als ein unsinnig Tier. Ich wußte nicht was ich sollte, und meine Beischläferin konnte nichts als weinen; endlich da ich mich ein wenig erholete, wollte ich etwas von unserer Unschuld vorbringen, er aber hieß mich das Maul halten, indem er wieder auf ein neues anfing mir aufzurücken, daß er mir viel ein anders vertraut ich aber hingegen ihn mit der allergrößten Untreu von der Welt gemeint hätte. Indessen kam seine Frau auch dazu, die fing eine nagelneue Predigt an, also daß ich wünschte, ich läge irgends in einer Dornhecken; ich glaub auch, sie hätte in zweien Stunden nicht aufgehört, wenn der Krabat mit dem Pfarrer nicht kommen wäre.
Ehe dieser ankam, unterstund ich etlichmal aufzustehen, aber der Obristleutnant machte mich mit bedrohlichen Mienen liegen bleibend, also daß ich erfahren mußte, wie gar keine Courage ein Kerl hat, der auf einer bösen Tat ertappt wird, und wie einem Dieb ums Herz ist, den man erwischt, wenn er eingebrochen, ob er gleich noch nichts gestohlen hat; ich gedenk der lieben Zeit, wenn mir der Obristleutnant samt zwei solchen Kroaten aufgestoßen wäre, daß ich sie alle drei zu jagen unterstanden, aber jetzt lag ich da wie ein ander Bärnhäuter und hatte nicht das Herz, nur das Maul, geschweig die Fäust recht aufzutun. »Seht Herr Pfarrer«, sagte er, »das schöne Spektakul, zu welchem ich Euch zum Zeugen meiner Schand berufen muß!« und kaum hatte er diese Wort ordentlich vorgebracht, da fing er wieder an zu wüten und das Tausend ins Hundert zu werfen, daß ich nichts anders als vom Halsbrechen und Händ in Blut waschen verstehen konnte; er schäumte ums Maul wie ein Eber und stellte sich nicht anders, als ob er gar von Sinnen kommen wollte, also daß ich alle Augenblick gedachte, jetzt jagt er dir eine Kugel durch den Kopf! Der Pfarrer aber wehrte mit Händen und Füßen, daß nichts Tödliches geschehe, so ihn hernach reuen möchte. »Was?« sagte er, »Herr Obristleutnant, braucht Euer hohe Vernunft und bedenkt das Sprichwort, daß man zu geschehenen Dingen das Beste reden soll; dies schöne junge Paar, das seinesgleichen schwerlich im Land hat, ist nicht das erste und auch nicht das letzte, so sich von den unüberwindlichen Kräften der Liebe meistern lassen; dieser Fehler, den sie beide begangen, kann auch durch sie, da es anders ein Fehler zu nennen, wieder leichtlich gebessert werden; zwar lobe ichs nit, sich auf diese Art zu verehelichen, aber gleichwohl hat dieses junge Paar hierdurch weder Galgen noch Rad verdient, der Herr Obristleutnant auch keine Schand davon zu gewarten, wenn er nur diesen Fehler (der ohnedas noch niemand bewußt) heimlich halten und verzeihen, seinen Konsens zu beider Verehelichung geben und diese Ehe durch den gewöhnlichen Kirchgang öffentlich bestätigen lassen wird.« »Was?« antwortet' er, »sollte ich ihnen anstatt billiger Straf erst noch hofieren und große Ehr antun? ich wollte sie ehe morgenden Tags beide zusammenbinden und in der Lipp' ertränken lassen! Ihr müßt mir sie in diesem Augenblick kopuliern, maßen ich Euch deswegen holen lassen, oder ich will sie alle beide wie die Hühner erwürgen.«
Ich gedachte: »Was willst du tun, es heißt: Vogel friß oder stirb'; zudem so ist es eine solche Jungfer, deren du dich nicht schämen darfst, ja wenn du dein Herkommen bedenkest, so bist du kaum wert, hinzusetzen wo sie ihre Schuh hinstellt«; doch schwur ich und bezeugte hoch und teur, daß wir nichts Unehrlichs miteinander zu schaffen gehabt hätten; aber mir wurde geantwortet, wir sollten uns gehalten haben, daß man nichts Böses von uns argwöhnen können, diesen Weg aber würden wir den einmal gefaßten Verdacht niemand benehmen. Hierauf wurden wir von gemeldtem Pfarrer im Bett sitzend zusammgegeben, und nachdem solches geschehen, aufzustehen und miteinander aus dem Haus zu gehen gemüßiget. Unter der Tür sagte der Obristleutnant zu mir und seiner Tochter, wir sollten uns in Ewigkeit vor seinen Augen nicht mehr sehen lassen. Ich aber, als ich mich wieder erholt und den Degen auch an der Seiten hatte, antwortet gleichsam im Scherz: »Ich weiß nicht, Herr Schwährvater, warum Er alles so widersinns anstellt, wenn andere neue Eheleut kopuliert werden, so führen sie die nächsten Verwandten schlafen, Er aber
Weitere Kostenlose Bücher