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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ein Engel vorkam, jetzt aber so ohnwert, daß mich die Hund anpißten. Ich machte wohl tausend und aber tausenderlei Gedanken, was ich angreifen wollte, denn der Wirt stieß mich aus dem Haus, da ich nichts mehr bezahlen konnte, ich hätte mich gern unterhalten lassen, es wollte mich aber kein Werber für einen Soldaten annehmen, weil ich als ein grindiger Kuckuck aussah; arbeiten konnte ich nit, denn ich war noch zu matt und überdas noch keiner gewohnt. Nichts tröstete mich mehr, als daß es gegen den Sommer ging und ich mich zur Not hinter einer Hecken behelfen konnte, weil mich niemand mehr im Haus wollte leiden. Ich hatte mein stattlich Kleid noch, das ich mir auf die Reis machen lassen, samt einem Felleisen voll kostbar Leinengezeug, das mir aber niemand abkaufen wollte, weil jeder sorgte, ich möchte ihm auch eine Krankheit damit an Hals hängen. Solches nahm ich auf den Buckel, den Degen in die Hand und den Weg unter die Füß, der mich in ein klein Städtlein trug, so gleichwohl ein eigene Apothek vermochte; in dieselbe ging ich und ließ mir eine Salbe zurichten, die mir die Urschlechtenmäler im Gesicht vertreiben sollte, und weil ich kein Geld hatte, gab ich dem Apothekergesellen ein schön zart Hemd dafür, der nit so ekel war wie andere Narren, so keine Kleider von mir haben wollten. Ich gedachte, wenn du nur der schändlichen Flecken los wirst, so wird sichs schon auch wieder mit deinem Elend bessern; und weil mich der Apotheker tröstete, man würde mir über acht Tag ohne die tiefen Narben, so mir die Purpeln in die Haut gefressen, wenig mehr ansehen, war ich schon beherzter. Es war eben Markt daselbst und auf demselben befand sich ein Zahnbrecher, der trefflich Geld lösete, da er doch liederlich Ding den Leuten dafür anhängte: »Narr«, sagte ich zu mir selber, »was machst du daß du nicht auch so einen Kram aufrichtest? bist du solang bei Mons. Canard gewesen und hast nit soviel gelernet, ein einfältigen Bauren zu betrügen und dein Maulfutter davon zu gewinnen, so mußt du wohl ein elender Tropf sein.«

Das 8. Kapitel
    Wie er ein landfahrender Storcher und Leutbetrüger worden
    Ich mochte damals fressen wie ein Drescher, denn mein Magen war nicht zu ersättigen, wiewohl ich nichts mehr im Vorrat hatte, als noch einen einzigen güldenen Ring mit einem Demant, der etwa zwanzig Kronen wert war, den versilberte ich um zwölfe, und demnach ich mir leicht einbilden konnte, daß dies bald aus sein würde, da ich nichts dazugewann, resolviert ich mich, ein Arzt zu werden. Ich kaufte mir die Materialia zu dem Theriaca Diatessaron und richtete mir denselben zu; alsdann machte ich aus Kräutern, Wurzeln, Butter und etlichen Olitäten eine grüne Salbe zu allerhand Wunden, damit man auch wohl ein gedrückt Pferd hätte heilen können, item aus Galmei, Kieselsteinen, Krebsaugen, Schmirgel und Trippel ein Pulver, weiße Zähn damit zu machen; ferner ein blau Wasser aus Lauge, Kupfer, Sal ammoniacum und Camphor für den Scharbock, Mundfäule, Zahn- und Augenwehe, bekam auch ein Haufen blecherne und hölzerne Büchslein, Papier und Gläslein, meine War dareinzuschmieren, und damit es auch ein Ansehen haben möchte, ließ ich mir einen französischen Zettel konzipieren und drucken, darinnen man sehen konnte, wozu ein und anders gut war. In dreien Tagen war ich mit meiner Arbeit fertig, und hatte kaum drei Kronen in die Apothek und für Geschirr angewendet, da ich dies Städtlein verließ. Also packte ich auf und nahm mir vor, von einem Dorf zum andern bis in das Elsaß hinein zu wandern und meine War unterwegs an Mann zu bringen; folgends zu Straßburg, als in einer neutralen Stadt, mich mit Gelegenheit auf den Rhein zu setzen, mit Kaufleuten wieder nach Köln zu begeben und von dort aus meinen Weg zu meinem Weib zu nehmen; das Vorhaben war gut, aber der Anschlag fehlte weit!
    Da ich das erstemal mit meiner Quacksalberei vor eine Kirche kam und feil hatte, war die Losung gar schlecht, weil ich viel zu blöd war, mir auch sowohl die Sprach als storgerische Aufschneiderei nicht vonstatten gehen wollte; sah demnach gleich, daß ichs anderst angreifen müßte, wenn ich Geld einnehmen wollte. Ich ging mit meinem Kram in das Wirtshaus und vernahm über Tisch vom Wirt, daß den Nachmittag allerhand Leut unter der Linden vor seinem Haus zusammenkommen würden, da dürfte ich dann wohl so etwas verkaufen, wenn ich gute War hätte, allein gebe es der Betrüger so viel im Land, daß die Leut gewaltig mit dem Geld

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