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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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gefangen bekommen, und die übrigen totgeschossen; unter den Gefangenen waren vier, denen der übel zugerichte Reuter kurz zuvor so schändlich zu Willen sein müssen. Als nun beide Parteien aus dem Anschreien einander erkenneten, einerlei Volk zu sein, traten sie zusammen, und vernahmen wiederum vom Reuter selbst, was sich mit ihm und seinen Kameraden zugetragen; da sollte man sein blaues Wunder gesehen haben, wie die Bauren gedrillt wurden, etliche wollten sie gleich in der ersten Furi totschießen, andere aber sagten: »Nein, man muß die leichtfertigen Vögel zuvor rechtschaffen quälen, und ihnen eintränken, was sie an diesem Reuter verdient haben.« Indessen bekamen sie mit den Musketen so treffliche Rippstöß, daß sie hätten Blut speien mögen; zuletzt trat ein Soldat hervor, und sagte: »Ihr Herren, dieweil es der ganzen Soldateska ein Schand ist, daß diesen Schurken (deutet damit auf den Reuter) fünf Bauren so greulich gedrillt haben, so ist billig, daß wir solchen Schandflecken wieder auslöschen, und diese Schelmen den Reuter wieder hundertmal lecken lassen.« Hingegen sagte ein anderer: »Dieser Kerl ist nicht wert, daß ihm solche Ehr widerfahre, denn wäre er kein Bärnhäuter gewesen, so hätte er allen redlichen Soldaten zu Spott diese schändliche Arbeit nicht verrichtet, sondern wäre tausendmal lieber gestorben.« Endlich wurde einhellig beschlossen, daß ein jeder von den saubergemachten Bauren solches an zehen Soldaten also wettmachen, und zu jedem Mal sagen sollte: »Hiermit lösche ich wieder aus, und wische ab die Schand, die sich die Soldaten einbilden empfangen zu haben, als uns ein Bärnhäuter hinten leckte.« Nachgehends wollten sie sich erst resolvieren, was sie mit den Bauren weiters anfangen wollten, wenn sie diese saubere Arbeit verrichtet haben würden: Hierauf schritten sie zur Sach, aber die Baurn waren so halsstarrig, daß sie weder durch Verheißung, sie mit dem Leben davonzulassen, noch durch einigerlei Marter hierzu gezwungen werden konnten. Einer führte den fünften Bauren, der nicht geleckt war worden, etwas beiseits, und sagte zu ihm: »Wenn du Gott und alle seine Heiligen verleugnen willst, so werde ich dich laufen lassen, wohin du beachtest;« hierauf antwortet' der Baur, er hätte sein Lebtag nichts auf die Heiligen gehalten, und auch bisher noch geringe Kundschaft mit Gott selbst gehabt, schwur auch darauf solenniter, daß er Gott nicht kenne, und kein Teil an seinem Reich zu haben begehre; hierauf jagte ihm der Soldat ein Kugel an die Stirn, welche aber so viel effektuiert', als wenn sie an einen stählernen Berg gangen wäre, darauf zückte er seine Plaute, und sagte: »Holla, bist du der Haar? ich hab versprochen, dich laufen zu lassen, wohin du begehrest, siehe, so schicke ich dich nun ins höllische Reich, weil du nicht in Himmel willst«, und spaltete ihm damit den Kopf bis auf die Zähn voneinander, als er dorthin fiel, sagte der Soldat: »So muß man sich rächen, und diese losen Schelmen zeitlich und ewig strafen.«
    Indessen hatten die andern Soldaten die übrigen vier Bauren, so geleckt waren worden, auch unterhanden, die banden sie über einen umgefallenen Baum, mit Händen und Füßen zusammen, so artlich, daß sie (s. v.) den Hintern gerad in die Höhe kehrten, und nachdem sie ihnen die Hosen abgezogen, nahmen sie etliche Klafter Lunten, machten Knöpf daran, und fiedelten ihnen so unsäuberlich durch solchen hindurch, daß der rote Saft hernach ging. »Also«, sagten sie, »muß man euch Schelmen den gereinigten Hintern austrocknen.« Die Bauren schrien zwar jämmerlich, aber es war den Soldaten nur ein Kurzweil, denn sie höreten nicht auf zu sägen, bis Haut und Fleisch ganz auf das Bein hinweg war; mich aber ließen sie wieder nach meiner Hütten gehen, weil die letztgemeldte Partei den Weg wohl wußte, also kann ich nicht wissen, was sie endlich mit den Bauren vollends angestellt haben.

Das 15. Kapitel
    Simplicius wird spoliert, und läßt sich von den Baurn wunderlich träumen, wie es zu Kriegszeiten hergehet
    Als ich wieder heimkam, befand ich, daß mein Feurzeug und ganzer Hausrat, samt allem Vorrat an meinen armseligen Essenspeisen, die ich den Sommer hindurch in meinem Garten erzogen, und auf künftigen Winter vorm Maul erspart hatte, miteinander fort war: Wo nun hinaus? gedachte ich, damals lernete mich die Not erst recht beten; ich gebot allem meinem wenigen Witz zusammen, zu beratschlagen, was mir zu tun oder zu lassen sein möchte?

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