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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wieder aus dem Gänskerker kam: Drei ganzer Stund, nämlich bis sich das Praeludium Veneris (der ehrlich Tanz sollt ich gesagt haben) geendet hatte, mußte ich in meiner eigenen Unlust sitzen bleiben, ehe einer herzuschlich, und an dem Riegel anfing zu rappeln; ich lausterte wie ein Sau, die ins Wasser harnt, der Kerl aber, so an der Tür war, machte solche nicht allein auf, sondern wischte auch ebenso geschwind herein, als gern ich heraußen gewesen wäre, und schleppte noch dazu ein Weibsbild an der Hand mit sich daher, gleichwie ich beim Tanz hatte tun sehen: Ich konnte nicht wissen, was es abgeben sollte, weil ich aber vieler seltsamer Abenteuren, die meinem närrischen Sinn denselben Tag begegnet, schier gewohnt war, und ich mich drein ergeben hatte, fürderhin alles mit Geduld und Stillschweigen zu ertragen, was mir mein Verhängnis zuschicken würde; also schmiegt ich mich zu der Tür mit Furcht und Zittern das End erwartend; gleich darauf erhub sich zwischen diesen beiden ein Gefispel, daraus ich zwar nichts anders verstund, als daß sich das eine Teil über den bösen Geruch desselben Orts beklagte, und hingegen der ander Teil das erste hinwiederum tröstete: »Gewißlich schönste Dame«, sagt' er, »mir ist versichert von Herzen leid, daß uns die Früchte der Lieb zu genießen vom mißgünstigen Glück kein ehrlicher Ort gegönnet wird; aber ich kann daneben beteuren, daß mir Ihre holdselige Gegenwart diesen verächtlichen Winkel anmutiger macht als das lieblichste Paradeis selbsten.« Hierauf hörte ich küssen, und vermerkte seltsame Posturen, ich wußte aber nicht was es war oder bedeuten sollte, schwieg derowegen noch fürders so still als ein Maus. Wie sich aber auch sonst ein possierlich Geräusch erhub, und der Gänsstall, so nur von Brettern unter die Stiege getäfelt war, zu krachen anfing, zumaln das Weibsbild sich anstellte, als ob ihr gar wehe bei der Sach geschehe, da gedachte ich, das sind zwei von den wütenden Leuten, die den Boden helfen eintreten und sich jetzt hieher begeben haben, da gleicherweis zu hausen und dich ums Leben zu bringen. Sobald diese Gedanken mich einnahmen, sobald nahm ich hingegen die Tür ein, dem Tod zu entfliehen, dadurch ich mit einem solchen Mordio-Geschrei hinauswischte, das natürlich lautet' wie dasjenige, das mich an denselben Ort gebracht hatte, doch war ich so gescheit, daß ich die Tür hinter mir wieder zuriegelte und hingegen die offene Haustür suchte. Dieses nun war die erste Hochzeit, bei der ich mich mein Lebtag befunden, unangesehen ich nicht dazu geladen worden, hingegen durfte ich aber auch nichts schenken, wiewohl mir hernach der Hochzeiter die Zech desto teurer rechnete, die ich auch redlich bezahlte. Günstiger Leser, ich erzähle diese Geschieht nicht darum, damit er viel darüber lachen solle, sondern damit meine Histori ganz sei, und der Leser zu Gemüt führe, was für ehrbare Früchte von dem Tanzen zu gewarten seien. Dies halte ich einmal für gewiß, daß bei den Tänzen mancher Kauf gemacht wird, dessen sich hernach eine ganze Freundschaft zu schämen hat.

Das 2. Kapitel
    Wann trefflich gut zu baden sei
    Ob ich nun zwar dergestalt aus dem Gänsstall glücklich entronnen, so wurde ich jedoch erst meines Unglücks recht gewahr, denn meine Hosen waren voll, und ich wußte nicht wohin damit; in meines Herrn Quartier war alles still und schlafend, dahero durfte ich mich zur Schildwacht, die vorm Haus stund, nicht nähern, in der Hauptwach Corps de Garde wollte man mich nicht leiden, weil ich viel zu übel stank, auf der Gassen zu bleiben war mirs gar zu kalt und unmöglich, also daß ich nicht wußte wo aus noch ein. Es war schon weit nach Mitternacht, als mir einfiel, ich sollte mein Zuflucht zu dem vielgemeldten Pfarrer nehmen. Ich folgete meinem Gutbefinden, vor der Tür anzuklopfen, damit war ich so importun, daß mich endlich die Magd mit Unwillen einließ. Als sie aber roch was ich mitbrachte (denn ihre lange Nas verriet gleich meine Heimlichkeit), wurde sie noch schelliger; derowegen fing sie an mit mir zu keifen, welches ihr Herr, so nunmehr fast ausgeschlafen hatte, bald hörete: Er rufte uns beide vor sich ans Bett, sobald er aber merkte, wo der Has im Pfeffer lag, und die Nas ein wenig gerümpft hatte, sagte er: Es sei niemals, ohnangesehen was die Kalender schreiben, besser baden, als in solchem Stand, darin ich mich befände, er befahl auch seiner Magd, sie sollte bis es vollends Tag wurde, meine Hosen waschen und vor den

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