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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ich nichts mehr schwätzen, es würde mir denn von demselben erlaubt. Es war aber nur um einen Wink zu tun, den mein Herr dem tollen Fähnrich anstatt eines Befehls gab, da durft ich reden was ich wußte. Darauf fragte mich mein Herr, was der tolle Fähnrich bei mir im Gänsstall zu tun gehabt? Ich antwortet: »Er brachte eine Jungfer zu mir hinein.« »Was tat er aber weiters?« sagte mein Herr. Ich antwortet: »Mich deuchte, er wollte im Stall sein Wasser abgeschlagen haben.« Mein Herr fragte: »Was tat aber die Jungfer dabei, schämte sie sich nicht?« »Ja wohl nein Herr!« sagte ich, »sie hub den Rock auf, und wollte dazu (mein hochgeehrter, zucht-, ehr- und tugendliebender Leser verzeihe meiner unhöflichen Feder, daß sie alles so grob schreibt, als ichs damals vorbrachte) scheißen.« Hierüber erhub sich bei allen Anwesenden ein solch Gelächter, daß mich mein Herr nicht mehr hören, geschweige etwas weiters fragen konnte, und zwar war es auch nicht weiters vonnöten, man hätte denn die ehrliche fromme Jungfer (scil.) auch in Spott bringen wollen.
    Hierauf erzählte der Hofmeister vor der Tafel, daß ich neulich vom Bollwerk oder Wall heimkommen und gesagt: Ich wüßte wo der Donner und Blitz herkäme, ich hätte große Blöcher auf halben Wagen gesehen, die inwendig hohl gewesen, in dieselben hätte man Zwiebelsamen samt einer eisernen weißen Rüben, der der Schwanz abgeschnitten, gestopft, hernach die Blöcher hintenher ein wenig mit einem zinkigen Spieß gekitzelt, davon wäre vornenheraus Dampf, Donner und höllisch Feuer geschlagen. Sie brachten noch mehr dergleichen Possen auf die Bahn, also daß man schier denselben ganzen Imbiß von sonst nichts als nur von mir zu reden und zu lachen hatte. Solches verursachte einen allgemeinen Schluß zu meinem Untergang, welcher war, daß man mich tapfer agieren sollte, so würde ich mit der Zeit einen raren Tischrat abgeben, mit dem man auch den größten Potentaten von der Welt verehren, und die Sterbenden zu lachen machen könnte.

Das 4. Kapitel
    Vom Mann der Geld gibt, und was für Kriegsdienste Simplicius der Kron Schweden geleistet, wodurch er den Namen Simplicissimus bekommen
    Wie man nun also schlampamte und wieder wie gestern gut Geschirr machen wollte, meldet' die Wacht mit Einhändigung eines Schreibens an den Gouverneur einen Commissarium an, der vor dem Tor sei, welcher von der Kron Schweden Kriegsräten abgeordnet war, die Garnison zu mustern und die Festung zu visitieren. Solches versalzte allen Spaß, und alles Freudengelach verlummerte wie ein Sackpfeifen-Zipfel, dem der Blast entgangen: Die Musikanten und die Gäst zerstoben wie Tobakrauch verschwindet, der nur den Geruch hinter sich läßt; mein Herr trollte selbst mit dem Adjutanten, der die Schlüssel trug, samt einem Ausschuß von der Hauptwacht und vielen Windlichtern dem Tor zu, den Blackschmeißer, wie er ihn nennete, selbst einzulassen: Er wünschte, daß ihm der Teufel den Hals in tausend Stück breche, ehe er in die Festung käme! Sobald er ihn aber eingelassen und auf der innern Fallbrücken bewillkommte, fehlte wenig oder gar nichts, daß er ihm nicht selbst an Stegreif griff, seine Devotion gegen ihn zu bezeugen, ja die Ehrerbietung wurde augenblicklich zwischen beiden so groß, daß der Commissarius abstieg, und zu Fuß mit meinem Herrn gegen sein Losament fortwanderte, da wollte jeder die linke Hand haben, etc. »Ach!« gedachte ich, »was für ein wunderfalscher Geist regiert doch die Menschen, indem er je den einen durch den andern zum Narren macht.« Wir näherten also der Hauptwacht, und die Schildwacht rief ihr ›Wer da?‹ wiewohl sie sah, daß es mein Herr war; dieser wollte nicht antworten, sondern jenem die Ehr lassen, daher stellte sich die Schildwacht mit Wiederholung ihres Geschreis desto heftiger. Endlich antwortet' er auf das letztere ›Wer da?‹: »Der Mann ders Geld gibt!« Wie wir nun bei der Schildwacht vorbeipassierten und ich so hinten nach zog, hörete ich ermeldte Schildwacht, die ein neugeworbener Soldat, und zuvor ihres Handwerks ein wohlhäbiger junger Bauresmann auf dem Vogelsberg gewesen war, diese Wort brummten: »Du magst wohl ein verlogener Kund sein; ›ein Mann ders Geld gibt!‹ Ein Schindhund ders Geld nimmt! das bist du; so viel Gelds hast du mir abgeschweißt, daß ich wollte, der Hagel erschlüg dich, ehe du wieder aus der Stadt kämest.« Von dieser Stund an faßte ich die Gedanken, dieser fremde Herr im sammeten Mutzen müsse ein

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