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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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derselbigen Partei erst heimlich erschnappt und geschwind zu sich in Ranzen geschoben haben, damit er solches mit den andern nicht partiern dürfe.
    Hierauf zehrte ich fröhlich zu Morgen, fand auch bald ein lustig Brünnlein, bei welchem ich mich erquickte, und meine schönen Dukaten zählete. Wenn mirs allbereit das Leben gälte, ich sollte anzeigen, in welchem Land oder Gegend ich mich damals befunden, so könnte ichs nicht; ich blieb anfangs so lang im Wald, als mein Proviant währte, mit welchem ich sparsam Haus hielt, als aber mein Ranzen leer worden, jagte mich der Hunger in die Baurenhäuser, da kroch ich bei Nacht in Keller und Küchen und nahm von Essenspeis, was ich fand und tragen mochte, das schleppte ich mit mir in Wald, wo er am allerwildesten war, darinnen führte ich wieder überall ein einsiedlerisch Leben wie hiebevor, ohne daß ich sehr viel stahl und desto weniger betete, auch keine stetige Wohnung hatte, sondern bald hie bald dorthin schweifte. Es kam mir trefflich wohl zustatten, daß es im Anfang des Sommers war, doch konnte ich auch mit meinem Rohr Feuer machen, wenn ich wollte.

Das 17. Kapitel
    Wie Simplicius zu den Hexen auf den Tanz gefahren
    Unter währendem diesem meinem Umschweifen haben mich hin und wieder in den Wäldern unterschiedliche Baursleut angetroffen, sie sind aber allezeit vor mir geflohen, nicht weiß ich, wars die Ursach, daß sie ohnedas durch den Krieg scheu gemacht, verjagt und niemals recht beständig zu Haus waren; oder ob die Schnapphahnen dasjenige Abenteuer, so ihnen mit mir begegnet', in dem Land ausgesprengt haben? Also daß hernach diese, so mich nachgehends gesehen, ingleichem geglaubt, der böse Feind wandere wahrhaftig in selbiger Gegend umher, derowegen mußte ich sorgen, das Proviant möchte mir ausgehen, und ich dadurch endlich ins äußerste Verderben kommen, ich wollte denn wieder Wurzeln und Kräuter essen, deren ich nicht mehr gewohnt war. In solchen Gedanken hörte ich zween Holzhauer, so mich höchlich erfreute, ich ging dem Schlag nach, und als ich sie sah, nahm ich ein Hand voll Dukaten aus meinem Säckel, schlich nahe zu ihnen, zeigte ihnen das anziehende Gold, und sagte: »Ihr Herrn, wenn ihr meiner wartet, so will ich euch die Hand voll Gold schenken.« Aber sobald sie mich und mein Gold sahen, ebensobald gaben sie auch Fersengeld und ließen Schlegel und Keil samt ihrem Käs und Brotsack liegen, mit solchem versah ich meinen Ranzen wieder, verschlug mich in den Wald und verzweifelte schier, mein Lebtag wieder einmal zu Menschen zu kommen.
    Nach langem Hin- und Hersinnen gedacht ich: Wer weiß wie dirs noch gehet, hast du doch Geld, und wenn du solches zu guten Leuten in Sicherheit bringest, so kannst du ziemlich lang wohl darum leben; also fiel mir ein, ich sollt's einnähen, derowegen machte ich mir aus meinen Eselsohren, welche die Leut so flüchtig machten, zwei Armbänder, gesellet meine hanauischen zu den schnapphahnischen Dukaten, tat solche in besagte Armbänder wohl attestieren und oberhalb der Ellenbogen um meine Arm binden. Wie ich nun meinen Schatz dergestalt versichert hatte, fuhr ich den Bauren wieder ein und holte von ihrem Vorrat was ich bedurfte und erschnappen konnte, und wiewohl ich noch einfältig gewesen, so war ich jedoch so schlau, daß ich niemals, wo ich einst einen Particul geholt, wieder an denselbig Ort kam, dahero war ich sehr glückselig im Stehlen und wurde niemals auf der Mauserei ertappt.
    Einsmals zu End des Mai, als ich abermal durch mein gewöhnlich, obzwar verbotenes Mittel meine Nahrung holen wollte und zu dem Ende zu einem Baurnhof gestrichen war, kam ich in die Küchen, merkte aber bald, daß noch Leut auf waren (Nota, wo sich Hund befanden, da kam ich wohl nicht hin), derowegen sperrete ich die eine Küchentür, die in Hof ging, angelweit auf, damit wenn es etwa Gefahr setzte, ich stracks ausreißen könnte; blieb also mausstill sitzen, bis ich erwarten mochte, daß sich die Leut niedergelegt hätten: Unterdessen nahm ich eines Spalts gewahr, den das Küchenschälterlein hatte, welches in die Stuben ging; ich schlich hinzu, zu sehen, ob die Leut nicht bald schlafen gehen wollten? aber meine Hoffnung war nichts, denn sie hatten sich erst angezogen und anstatt des Lichts eine schweflichte blaue Flamm auf der Bank stehen, bei welcher sie Stecken, Besen, Gabeln, Stühl und Bänk schmierten und nacheinander damit zum Fenster hinaus flogen. Ich verwundert mich schrecklich und empfand ein großes Grausen; weil

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