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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wurde, wollte der Kerl kurzum Geld von mir haben, zu solchem End legte er seine Handschuh samt dem Feurrohr nieder und fing an mich zu visitieren, fragend: »Wer bist du? hast du Geld?« Sobald er aber mein haarig Kleid und die langen Eselsohren an meiner Kappe (die er für Hörner gehalten) begriff und zugleich die hellscheinenden Funken (welche gemeiniglich der Tiere Häut sehen lassen, wenn man sie in der Finstere streichet) gewahr wurde, erschrak er, daß er ineinander fuhr; solches merkete ich gleich, derowegen striegelt ich, ehe er sich wieder erholen oder etwas besinnen konnte, mein Kleid mit beiden Händen dermaßen, daß es schimmerte, als wenn ich inwendig voller brennendem Schwefel gesteckt wäre, und antwortet ihm mit erschrecklicher Stimm: »Der Teufel bin ich, und will dir und deinem Gesellen die Häls umdrehen!« Welches diese zween also erschreckte, daß sie sich alle beide durch Stöck und Stauden so geschwind davontrolleten, als wenn sie das höllisch Feuer gejagt hätte. Die finstere Nacht konnte ihren schnellen Lauf nicht hindern, und ob sie gleich oft an Stöck, Stein, Stämm und Bäum liefen und noch öfter zuhaufen fielen, rafften sie sich doch geschwind wieder auf, solches trieben sie, bis ich keinen mehr hören konnte; ich aber lachte unterdessen so schrecklich, daß es im ganzen Wald erschallete, welches ohne Zweifel in einer solchen finstern Einöde fürchterlich anzuhören war.
    Als ich mich nun abwegs machen wollte, strauchelt ich über das Feuerrohr, das nahm ich zu mir, weil ich bereits mit dem Geschoß umzugehen bei den Kroaten gelernet hatte; da ich weiterschritt, stieß ich auch an einen Knappsack, welcher gleich meinem Kleid von Kalbfellen gemacht war, ich hob ihn ebenmäßig auf und fand, daß eine Patrontasche mit Pulver, Blei und aller Zugehör wohl versehen unten daran hing. Ich hängte alles an mich, nahm das Rohr auf die Achsel wie ein Soldat und verbarg mich ohnweit davon in einen dicken Busch, der Meinung, daselbst ein Weil zu schlafen: Aber sobald der Tag anbrach, kam die ganze Partei auf vorbenannten Platz und suchten das verlorne Feurrohr samt dem Knappsack, ich spitzte die Ohren wie ein Fuchs und hielt mich stiller als eine Maus, wie sie aber nichts fanden, verlachten sie die zween, so von mir entflohen waren: »Pfui ihr feigen Tropfen«, sagten sie, ..schämt euch ins Herz hinein, daß ihr euch von einem einzigen Kerl erschrecken, verjagen und das Gewehr nehmen laßt!« Aber der eine schwur, der Teufel sollt ihn holen, wenns nicht der Teufel selbst gewesen sei, er hätte ja die Hörner und seine rauhe Haut wohl begriffen; der ander aber gehob sich gar übel, und sagte: »Es mag der Teufel oder sein Mutter gewesen sein, wenn ich nur meinen Ranzen wieder hätte.« Einer von ihnen, welchen ich für den Vornehmsten hielt, antwortet' diesem und sagte: »Was meinst du wohl, daß der Teufel mit deinem Ranzen und dem Feuerrohr machen wollte, ich dürfte mein Hals verwerten, wo nicht der Kerl, den ihr so schändlich entlaufen lassen, beide Stück mit sich genommen.« Diesem hielt ein anderer Widerpart und sagte, es könne auch wohl sein, daß seither etliche Bauren da gewesen wären, welche die Sachen gefunden und aufgehoben hätten, solchem wurde endlich von allen Beifall gegeben, und von der ganzen Partei festiglich geglaubt, daß sie den Teufel selbst unter Händen gehabt hätten, vornehmlich weil derjenige, so mich in der Finstere visitieren wollen, nicht allein solches mit grausamen Flüchen bekräftiget', sondern auch die rauhe funkelnde Haut und beide Hörner, als gewisse Wahrzeichen einer teuflischen Eigenschaft, gewaltig zu beschreiben und herauszustreichen wußte. Ich vermeine auch, wenn ich mich unversehens hätte wiederum sehen lassen, daß die ganze Partei entlaufen wäre.
    Zuletzt, als sie lang genug gesucht und doch nichts funden hatten, nahmen sie ihren Weg weiters, ich aber machte den Ranzen auf zu frühestücken, und langte im ersten Griff einen Säckel heraus, in welchem dreihundert und etlich sechzig Dukaten waren. Ob ich nun hierüber erfreuet worden, bedarf zwar keines Fragens: Aber der Leser sei versichert, daß mich der Knappsack viel mehr erfreute, weil ich ihn mit Proviant so wohl versehen sah, als diese schöne Summa Golds selbst. Und demnach dergleichen Gesellen bei den gemeinen Soldaten viel zu dünn gesäet zu sein pflegen, daß sie solche mit sich auf Partei schleppen sollten, also machte ich mir die Gedanken, der Kerl müsse dies Geld auf eben

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