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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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anstatt des Betts bei den Pferden in der Streu vorliebnehmen; für das Lautenschlagen, das sonst jedermann belustiget, mußte ich zuzeiten, gleich andern Jungen, untern Tisch kriechen, wie ein Hund heulen und mich mit Sporen stechen lassen, welches nur ein schlechter Spaß war; für das hanauische Spazierengehen durfte ich mit auf Fourage reiten, Pferd striegeln und denselben ausmisten; das Fouragiern aber ist nichts anders, als daß man mit großer Mühe und Arbeit, auch oft nicht ohne Leib- und Lebensgefahr hinaus auf die Dörfer schweifet, drischt, mahlt, backt, stiehlt und nimmt was man findt, trillt und verdirbt die Bauren, ja schändet wohl gar ihre Mägd, Weiber und Töchter! Und wenn den armen Baurn das Ding nicht gefallen will, oder sie sich etwa erkühnen dürfen, einen oder den andern Fouragierer über solcher Arbeit auf die Finger zu klopfen, wie es denn damals dergleichen Gäst in Hessen viel gab, so hauet man sie nieder, wenn man sie hat, oder schicket aufs wenigste ihre Häuser im Rauch gen Himmel. Mein Herr hatte kein Weib (wie denn diese Art Krieger keine Weiber mitzuführen pflegen), keinen Pagen, keinen Kammerdiener, keinen Koch, hingegen aber einen Haufen Reitknecht und Jungen, welche ihm und den Pferden zugleich abwarteten, und schämte er sich selbst nicht, ein Roß zu satteln oder demselben Futter vorzuschütten; er schlief allezeit auf Stroh oder auf der bloßen Erd, und bedeckte sich mit seinem Pelzrock, daher sah man oft die Müllerflöhe auf seinen Kleidern herumwandern, deren er sich im geringsten nicht schämet', sondern noch dazu lachte, wenn ihm jemand eine herablas; er trug kurze Haupthaar und einen breiten Schweizerbart, welches ihm wohl zu statten kam, weil er sich selbst in Baurenkleider zu verstellen und darin auf Kundschaft auszugehen pflegte. Wiewohl er nun, wie gehöret, keine Grandezza speiset', so wurde er jedoch von den Seinen und andern die ihn kenneten, geehrt, geliebt und gefürchtet; wir waren niemals ruhig, sondern bald hier bald dort; bald fielen wir ein und bald wurde uns eingefallen, so gar war keine Ruhe da, der Hessen Macht zu ringern, hingegen feiret' uns Melander auch nicht, als welcher uns manchen Reuter abjagte und nach Kassel schickte.
    Dieses unruhige Leben schmeckte mir ganz nicht, dahero wünscht ich mich oft vergeblich wieder nach Hanau; mein größtes Kreuz war, daß ich mit den Burschen nicht reden konnte, und mich gleichsam von jedwedem hin und wieder stoßen, plagen, schlagen und jagen lassen mußte; die größte Kurzweil, die mein Obrister mit mir hatte, war, daß ich ihm auf teutsch singen und wie andere Reuterjungen aufblasen mußte, so zwar selten geschah, doch kriegte ich alsdann solche dichte Ohrfeigen, daß der rote Saft hernachging, und ich lang genug daran hatte; zuletzt fing ich an, mich des Kochens zu unterwinden und meinem Herrn das Gewehr, darauf er viel hielt, sauber zu halten, weil ich ohne das auf Fourage zu reiten noch nichts nutz war; das schlug mir so trefflich zu, daß ich endlich meines Herrn Gunst erwarb, maßen er mir wieder aus Kalbfellen ein neu Narrenkleid machen lassen, mit viel größern Eselsohren, als ich zuvor getragen; und weil meines Herrn Mund nicht ekelicht war, bedurft ich zu meiner Kochkunst desto weniger Geschicklichkeit; demnach mirs aber zum öftern an Salz, Schmalz und Gewürz mangelte, wurde ich meines Handwerks auch müd, trachtet derowegen Tag und Nacht, wie ich mit guter Manier ausreißen möchte, vornehmlich weil ich den Frühling wieder erlangt hatte. Als ich nun solches ins Werk setzen wollte, nahm ich mich an, die Schaf- und Kuhkutteln, deren es voll um unser Quartier lag, ferne hinwegzuschleifen, damit solche kein so üblen Geruch mehr machten; solches ließ sich der Obriste gefallen, als ich nun damit umging, blieb ich, da es dunkel ward, zuletzt gar aus und entwischt in den nächsten Wald.

Das 16. Kapitel
    Simplicius erschnappet ein gute Beut, und wird darauf ein diebischer Waldbruder
    Mein Handel und Wesen wurde aber allem Ansehen nach je länger je ärger, ja so schlimm, daß ich mir einbildete, ich sei nur zum Unglück geboren, denn ich war wenig Stunden von den Kroaten hinweg, da erhascheten mich etliche Schnapphahnen; diese vermeinten ohn Zweifel, etwas Rechts an mir gefangen zu haben, weil sie bei finsterer Nacht mein närrisch Kleid nicht sahen und mich gleich durch zween aus ihnen an einen gewissen Ort in Wald hineinfahren lassen; als mich diese dahin brachten und es zugleich stockfinster

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