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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ich auf die Musik, und wie ich dem einen und dem andern seine Mängel artlich verweisen möchte; daher wuchs ich auf wie ein Narr im Zwiebelland, und meine Leibskräfte nahmen handgreiflich zu; man sah mir in Bälde an, daß ich mich nicht mehr im Wald mit Wasser, Eicheln, Buchen, Wurzeln und Kräutern mortifizierte, sondern daß mir bei guten Bißlein der rheinische Wein und das hanauische Doppelbier wohl zuschlug, welches in so elender Zeit für ein große Gnad von Gott zu schätzen war, denn damals stand ganz Teutschland in völligen Kriegsflammen, Hunger und Pestilenz, und Hanau selbst war mit Feinden umlagert, welches alles mich im geringsten nicht kränken konnte. Nach aufgeschlagener Belagerung nahm sich mein Herr vor, mich entweder dem Kardinal Richelieu oder Herzog Bernhard von Weimar zu schenken, denn ohne daß er hoffte einen großen Dank mit mir zu verdienen, gab er auch vor, daß ihm schier ohnmöglich wäre, länger zu ertragen, weil ich ihm seiner verlornen Schwester Gestalt, der ich je länger je ähnlicher würde, in so närrischem Habit täglich vor Augen stellte; solches widerrief ihm der Pfarrer, denn er hielt dafür, die Zeit wäre kommen, in welcher er ein Mirakel tun und mich wieder zu einem vernünftigen Menschen machen wollte; gab demnach dem Gubernator den Rat, er sollte ein paar Kalbfell bereiten und solche andern Knaben antun lassen, hernach ein dritte Person bestellen, die in Gestalt eines Arzts, Propheten oder Landfahrers mich und bemeldte zween Knaben mit seltsamen Zeremonien ausziehe, und verwenden, daß er aus Tieren Menschen und aus Menschen Tiere machen könnte, auf solche Weis könnte ich wohl wieder zurechtgebracht und mir ohne sonderliche große Mühe eingebildet werden, ich sei wie andere mehr wieder zu einem Menschen worden: Als sich der Gubernator solchen Vorschlag belieben ließ, kommuniziert' mir der Pfarrer, was er mit meinem Herrn abgeredt hätte, und überredet' mich leicht, daß ich meinen Willen darein gab. Aber das neidige Glück wollte mich so leichtlich aus meinem Narrnkleid nicht schliefen, noch mich das herrliche gute Leben länger genießen lassen; denn indem als Gerber und Schneider mit den Kleidern umgingen, die zu dieser Comoedia gehörten, terminierte ich mit etlich andern Knaben vor der Festung auf dem Eis herum; da führt', ich weiß nicht wer, ohnversehens eine Partei Kroaten daher, die uns miteinander anpackten, auf etliche leere Baurenpferd setzten, die sie erst gestohlen hatten, und miteinander davonführten. Zwar stunden sie erstlich im Zweifel, ob sie mich mitnehmen wollten oder nicht? bis endlich einer auf böhmisch sagte: »Mih weme doho blasna sebao, bo wedeme ho gbabo Obersto vi.« Dem antwort ein anderer: »Prschis ambambo ano, mi ho nagonie possadeime, wan rosumi niemezki, won bude mit kratock ville sebao.« Also mußte ich zu Pferd, und innewerden, daß einen ein einzig unglückliches Stündlein aller Wohlfahrt entsetzen und von allem Glück und Heil dermaßen entfernen kann, daß es einem sein Lebtag nachgehet.

Das 15. Kapitel
    Simplicii Reiterleben, und was er bei den Kroaten gesehen und erfahren
    Ob nun zwar die Hanauer gleich Lärmen hatten, sich zu Pferd herausließen und die Kroaten mit einem Scharmützel etwas aufhielten und bekümmerten, so mochten sie ihnen jedoch nichts abgewinnen, denn diese leichte War ging sehr vorteilhaftig durch und nahm ihren Weg auf Büdingen zu, allwo sie futterten und den Bürgern daselbst die gefangenen hanauischen reichen Söhnlein wieder zu lösen gaben, auch ihre gestohlenen Pferd und andere War verkauften, von dannen brachen sie wieder auf, schier ehe es recht Nacht, geschweige wieder Tag worden, gingen schnell durch den Büdinger Wald dem Stift Fulda zu und nahmen unterwegs mit, was sie fortbringen konnten, das Rauben und Plündern hinderte sie an ihrem schleunigen Fortzug im geringsten nichts, denn sie konntens machen wie der Teufel, von welchem man zu sagen pflegt, daß er zugleich laufe und (s. v.) hofiere, und doch nichts am Wege versäume; maßen wir noch denselben Abend im Stift Hirschfeld, allwo sie ihr Quartier hatten, mit einer großen Beut ankamen, das wurde alles partiert, ich aber wurde dem Obrist Corpes zuteil.
    Bei diesem Herrn kam mir alles widerwärtig und fast spanisch vor, die hanauischen Schleckerbißlein hatten sich in schwarzes grobes Brot und mager Rindfleisch, oder wenns wohl abging, in ein Stück gestohlnen Speck verändert; Wein und Bier war mir zu Wasser worden, und ich mußte

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