Der Afghane
sicher fügte sich alles zusammen. Anscheinend hatte Tewfik al-Qur den Auftrag gehabt, eine große Summe Geldes unbekannter Herkunft aufzutreiben, um damit unbestimmte Einkäufe zu tätigen. Nichts wies darauf hin, dass er diese Einkäufe selbst übernommen hatte; die logische Schlussfolgerung war deshalb, dass er anderen Personen die nötigen Mittel beschafft hatte. Die amerikanischen Behörden hätten alles dafür gegeben, zu erfahren, mit wem er zusammengetroffen war. Mit den Namen dieser Leute, so war zu vermuten, hätte man das gesamte geheime Netzwerk in Europa und dem Nahen und Mittleren Osten aufrollen können. Das einzige nennenswerte Land, das der Ägypter nicht besucht hatte, waren die USA.
In Fort Meade kam die Spur der Enthüllungen endlich zum Abschluss. Dreiundsiebzig Dokumente waren aus dem in Peschawar sichergestellten Toshiba gerettet worden. Ein Teil davon waren schlichte Flugpläne, und die darin enthaltenen Flüge, die al-Qur benutzt hatte, waren inzwischen bekannt. Bei anderen handelte es sich um öffentlich zugängliche Finanzreports, die den Financier anscheinend interessiert hatten, sodass er sie gespeichert hatte, um sie bei Gelegenheit zu studieren. Ihnen war nichts weiter zu entnehmen.
Die meisten Dokumente waren in englischer, einige aber auch in französischer und deutscher Sprache verfasst. Es war bekannt, dass al-Qur neben seiner arabischen Muttersprache alle drei Sprachen fließend beherrschte. Die verhafteten Leibwächter, die mittlerweile im Luftwaffenstützpunkt fröhlich plauderten, hatten berichtet, der Mann habe auch gebrochen Paschto gesprochen, was darauf hindeutete, dass er einige Zeit in Afghanistan verbracht hatte, aber im Westen hatte man keinen Hinweis auf Zeitpunkt und Dauer dieses Aufenthalts.
Die arabischen Texte waren es, die Unbehagen hervorriefen. Da Fort Meade im Grunde ein riesiger Militärstützpunk ist, untersteht es dem Verteidigungsministerium. Der Chef der NSA ist immer ein Viersternegeneral, und diesen bat der Leiter der arabischen Übersetzungsabteilung um ein Gespräch.
Die NSA beschäftigt sich seit den neunziger Jahren immer eingehender mit der arabischen Sprache, nicht nur wegen ihres Interesses an der Lage in Israel/Palästina, sondern auch wegen des zunehmenden islamistischen Terrorismus. Durch Ramzi Jusef und seinen Autobombenanschlag auf das World Trade Center im Jahr 1993 trat die Beschäftigung mit dieser Sprache weiter in den Vordergrund. Aber nach 9/11 hieß es: »Wir wollen über jedes einzelne Wort, das in dieser Sprache gesprochen wird, Bescheid wissen.« Infolgedessen beschäftigt die riesige arabische Übersetzungsabteilung Tausende von Übersetzern. Die meisten davon sind als Araber geboren und aufgewachsen, doch es finden sich auch ein paar nichtarabische Experten darunter.
Arabisch ist nicht nur eine Sprache. Abgesehen vom klassischen Arabisch des Korans und der akademischen Welt spricht eine halbe Milliarde Menschen mindestens fünfzig verschiedene Dialekte und Mundarten dieser Sprache. Spricht jemand schnell, mit einem unbekannten Akzent, in einem regionalen Idiom, und ist die Aufnahmequalität schlecht, benötigt man meist einen Übersetzer, der aus derselben Gegend kommt wie der Sprecher, wenn man sicher sein will, dass wirklich jede Bedeutungsnuance erfasst wird.
Darüber hinaus ist es eine oft blumige Sprache voller Bilder, Schmeicheleien, Übertreibungen, Gleichnisse und Metaphern. Zudem kann sie sehr elliptisch sein: Gemeintes wird eher angedeutet als ausgesprochen. Sie ist also völlig anders als das eindeutige Englisch.»Wir haben uns auf die beiden letzten Dokumente konzentriert«, sagte der Leiter der arabischen Übersetzungsabteilung. »Anscheinend stammen sie von zwei verschiedenen Personen. Wir halten es für möglich, dass das eine von Aiman al-Sawahiri persönlich und das andere von al-Qur stammt. Das Erste entspricht al-Sawahiris Sprachmustern, wie wir sie von früheren Reden und Videos kennen. Hundertprozentig sicher könnten wir natürlich nur sein, wenn es Tondokumente wären.
Das Antwortschreiben stammt anscheinend von al-Qur, aber in unseren Archiven findet sich kein Muster, dem wir entnehmen können, wie er Arabisch schreibt. Als Banker hat er hauptsächlich Englisch gesprochen und geschrieben.
In beiden Dokumenten finden sich jedoch wiederholt Verweise auf den Koran und auf bestimmte Passagen daraus. Sie rufen Allahs Segen auf irgendetwas herab. Ich habe eine Menge Arabisch-Fachleute, aber die Sprache des
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