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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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drückt sich da sehr klar aus. Es ist verboten, Menschen anzugreifen und zu töten, die dich nicht beleidigt oder gekränkt haben. Es ist verboten, Frauen und Kinder zu töten. Es ist verboten, Geiseln zu nehmen, und es ist verboten, Gefangene zu misshandeln, zu quälen oder zu töten. Die al-Qaida-Terroristen tun das alles tagtäglich. Und wir dürfen nicht vergessen, dass sie sehr viel mehr Muslime als Christen oder Juden umgebracht haben.«
    »Wie würden Sie ihren Feldzug dann nennen?«
    Der Mann am Rand des Auditoriums wurde immer unruhiger. Ein leibhaftiger General hatte ihm einen Auftrag gegeben. Er wollte sich nicht als Letzter zurückmelden.
    »Ich würde diese Leute als ›Neue Dschihadis‹ bezeichnen, denn sie haben einen unheiligen Krieg außerhalb der Gesetze des Heiligen Korans und somit des Islam erfunden. Der wahre Dschihad ist nicht grausam, aber was sie praktizieren, ist es. Letzte Frage, fürchte ich.«
    Bücher und Notizen wurden zusammengepackt. Vorn hob sich eine Hand. Sommersprossen, ein weißes T-Shirt mit dem Emblem einer studentischen Rockband.
    »Alle diese Bomber behaupten, Märtyrer zu sein. Wie rechtfertigen sie das?«
    »Schlecht«, antwortete Dr. Martin, »denn man hat sie getäuscht, auch wenn einige von ihnen durchaus gebildet sind. Im Kampf für den Islam bei einem rechtmäßig ausgerufenen Dschihad kann man als schahid, als Märtyrer, sterben. Aber auch hier gibt es im Koran klare Regeln. Der Kämpfer darf nicht durch die eigene Hand sterben, selbst wenn er sich freiwillig zu einer tödlichen Mission gemeldet hat. Er darf die Zeit und den Ort seines Todes nicht kennen.
    Bei Selbstmordattentätern ist aber genau das der Fall. Und Selbstmord ist ausdrücklich verboten. Zu seinen Lebzeiten weigerte sich Mohammed, den Leichnam eines Selbstmörders zu segnen, obwohl der Mann sein Leben beendet hatte, um den lähmenden Qualen einer Krankheit zu entgehen. Wer Massenmord an Unschuldigen und Selbstmord begeht, kommt in die Hölle, nicht ins Paradies. Die falschen Prediger und Imame, die sie auf diesen Weg locken, werden ihnen dort wiederbegegnen. Und jetzt müssen wir leider in die Welt von Georgetown und seinen Hamburgern zurückkehren. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«
    Die Studenten applaudierten stehend, und der Professor nahm, rot vor Verlegenheit, sein Jackett und ging zu dem Mann aus Fort Meade.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Professor«, sagte dieser. »Meine Vorgesetzten brauchen die Korankommission im Fort. Der Wagen wartet draußen.«
    »Sofort?«
    »Gestern. Der Teufel ist los.«
    »Wissen Sie, wieso?«, fragte Martin.
    »Nein, Sir.«
    Natürlich. Verschlusssache. Die unumstößliche Regel: Was du nicht wissen musst, um deinen Auftrag zu erfüllen, werden sie dir nicht sagen. Martin würde seine Neugier zügeln müssen. Draußen wartete die übliche dunkle Limousine mit der verräterischen Dachantenne: Der Kontakt zur Basis durfte nicht abbrechen. Der Fahrer war ein Corporal, aber obwohl Fort Meade ein Militärstützpunkt ist, war der Mann in Zivil, nicht in Uniform. Nur keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.
    Der Fahrer hielt ihm die Tür auf, Dr. Martin setzte sich auf den Rücksitz, und sie fuhren durch den frühabendlichen Verkehr hinaus zum Highway Richtung Baltimore.
     
    Weit im Osten streckte sich der Mann, der eine Scheune zu seinem Ruhesitz umbaute, neben einem Lagerfeuer im Obstgarten aus. Er fühlte sich wohl. Wer auf Steinen und Schneewehen schlafen konnte, der konnte es ganz sicher im weichen Gras unter den Apfelbäumen.
    Brennholz war kein Problem. Er hatte genug verrottete alte Bretter für ein ganzes Leben. Sein Wasserkessel sang über der roten Glut, heiß genug für einen willkommenen Becher mit dampfendem Tee. Extravagante Drinks sind auf ihre Art etwas Schönes, aber nach einem harten, arbeitsreichen Tag ist der Lohn des Soldaten ein Becher heißer Tee.
    Tatsächlich hatte er sich den Nachmittag freigegeben; er hatte sein hohes Dach verlassen und war zu Fuß nach Meonstoke gegangen, um für das Wochenende einzukaufen.
    Offensichtlich wussten alle dort, dass er die Scheune gekauft hatte und sie eigenhändig instand setzte. Bei den Leuten kam das gut an. Reiche Londoner, die mit Schecks wedelten und gern den Landjunker spielten, wurden höflich begrüßt, aber hinter ihrem Rücken zuckte man die Achseln. Der dunkelhaarige, ledige Mann dagegen, der in seinem Obstgarten zeltete und die handwerklichen Arbeiten selbst ausführte, war ein guter Kerl

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