Der Alchimist von Krumau
knurrte von Rosert, dessen Gesicht mit einem Mal grau geworden war. »Er ist in den heißen Quell gefallen und hat vergebens versucht, sich wieder rauszuwinden, alles andere wär Spintisterei.«
Markéta da Ludanices Antwort bestand in einem schrecklichen Stöhnen, das die Burgoberen in Verwirrung stürzte. Während sie noch ratlose Blicke tauschten, zerbarst von Breuners Atemapparat abermals in einem Hustenkrampf, und Julius tätschelte begütigend Markétas Schenkel, in den er soeben mit aller Kraft hineingekniffen hatte.
Haltet Euch fern von dort, Markéta, dachte Julius beschwörend, das Herz würd mir brechen, wenn die Hitz’ auch Euer geliebtes Antlitz verbrüht.
Tintenschwarze Nacht.
»Heda?« Keiner da.
»Robert?« Wo steckt der verdammte Kerl! Lässt alle Lampen ausgehn und verkriecht sich in seiner Kammer. »D’Alembert? Medikus?« Wo sind die alle hin, hockten eben noch wie mürrische Vögel um meinen Tisch. Muss eingeschlafen sein, mit dem Lumpenhirsch als Kissen.
Er tastete umher, zündete endlich ein Licht an, nahm die Kerze in die Hand und leuchtete zu den Schemeln hinüber. Alle auf und davon. Und so still, so still, nur das Murmeln der Moldau drang von unten herauf, leise wie im Traum.
Julius stand auf. Wie sonderbar, dass ich hier im Nachthemd steh.
»Markéta?« Er begann, auf dem Tisch umherzuleuchten. Der weiße Hirsch, o mein Herr, zerschnitten, zerhackt, in Stücke zerfetzt das majestätische Vieh!
»Von wessen frevlerischer Hand …« Seine Stimme, eben noch brüllend, erstarb. Das Messer, da liegt’s ja, und nun entsann er sich auch wieder: wie er erwacht ist in seinem Schlafgemach, vor dem Fenster fett und buttergelb der Mond.
Juliusmond! Er wirft die Decke zurück, leise, damit Markéta nicht aus dem Schlaf fährt, schleicht sich auf Zehenspitzen aus der Kammer; der Boden knarrt, die Angeln seufzen, als er die Tür zum Maskensaal aufzieht.
Er zündet eine Kerze an, und da starrt und glotzt es ihm aus tausend Augen entgegen: die Totenmasken der Rosenberger an den Wänden und, viel ärger noch, die grausigen Zaubersachen, die der Maître all die Jahre für ihn gesammelt hat.
»Eine wahre Mirakelkammer, Don Julius – pour vous, Excellence, wie die Wundersammlung der väterlichen Majestät!« Er hört d’Alembert hinter den Vitrinen wispern, fast so, als ob der Maître selbst zu den gesammelten Mirakeln zählte. Habt Ihr nie geahnt, Monsieur, wie sehr mich Eure Wunder seit jeher geängstigt haben, abgeschreckt, verstört? Als kleiner Knabe, doch auch später noch? Was würdet Ihr sagen, wenn Ihr mich jetzt sehen könntet, Maître: bei Nacht inmitten Eurer Wunder stehend, im Nachthemd, die Kerze in der Hand?
Für einen Moment sträuben sich ihm wahrhaftig die Haare, und das Flämmchen über seiner Rechten flackert.
Der Fellmann da hinten, cher maître, habt Ihr nie gespürt, welcher Schrecken von dem gepinselten Monstrum ausgeht? Die goldgefassten Haifischzähne, doppelköpfigen Missgeburten, ausgestopften Krokodile, die schon in meinen Kinderträumen grinsten; der Eisenstuhl, der jeden zerquetscht, der drauf Platz zu nehmen wagt; die Kelche aus Rhinozeroshorn, in denen unter gläsernem Deckel tödliche Gifte brodeln, solange ich denken kann; fünf Hände voll Alraunwurzeln, von der Form winziger nackter Menschlein, aus Silber geformte Riesenspinnen, Puppen aus farbigem Wachs, so lebensecht, dass ich sie mehr als einmal geküsst und geschlagen hab, wenn ich Euch, mon cher maître, und mich selbst, den dressierten Bastard, nicht mehr ertrug. Und dann die Krönung Eurer Kollektion, Monsieur: da, der nackte Frauentorso, fleischfarben, mit Kürbisbrüsten und zahnlosem Totenschädel.
Hatte er dem tönernen Rumpf tatsächlich einen Tritt versetzt, dass das Weibsstück von seinem Podest getorkelt und auf dem Boden in große Placken zerbrochen war: mürbe, rissig, hohl?
Ah, dieser heiße Zorn, eine Flutwelle, in ihm emporschießend, bis er nur noch blutroten Nebel vor Augen sah!
Weitergerissen, so viel weiß ich noch, dachte er, durch den Maskensaal voll Wunderplunder, Albtraumrequisiten bis hierher. Und dann? Auf den Sessel gehockt, hinter den Hirsch mit seinem klaffenden Unterbauch, aus dem Stroh und Lumpen quollen. Das Messer, auf einmal in meiner Hand, und die Hand hebt sich und saust hinab und fährt wieder hoch und saust runter und schneidet und sägt und ritsch und ratsch wie neulich erst, in der Kutsche, o Gott, in meinem Traum, nur im Traum …
Tatsächlich hatte er das
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