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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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heißen – und warum auch just heut und in Herrgottsfrühe? Bald zwei Jahre sind vergangen, seit Ihre Majestät ihm die Grafschaft zugeschlagen hat. Nicht ein einziges Mal ist Don Julius seither hier in Krumau gewesen – und da sollen sie gerade jetzt herbeieilen und ihm die Hände küssen?«
    »Ich weiß, ich weiß, mon ami.« D’Alembert sah mit einem dünnen Lächeln zu ihm auf. »Aber nun ist Don Julius eben hier, und die stolzen Bürger von Krumau werden wohl oder übel das Knie vor ihm neigen müssen.« Im Hintergrund bemerkte er einen Gardisten in blauer Uniform, der offenbar versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Also sendet jemanden zum Rat von Krumau oder begebt Euch am besten selbst zum Rathaus hinunter.« Er nickte von Hasslach zu und winkte zugleich den Soldaten herbei.
    »Gardist Jan Mular!« Inmitten des ganzen Wirrwarrs aus Musikanten, schwatzenden Künstlern und umherschwirrenden Höflingen knallte er die Hacken zusammen.
    »Was gibt es?« Zu seinem Ärger bemerkte d’Alembert vier blutige Zickzacklinien auf der Wange des dicklichen Gardisten. Vor einem halben Jahr hatte er vier Hundertschaften junger Männer aus der Grafschaft ausheben lassen, um sie in einer Kaserne am Stadtrand von Prag zu Wachsoldaten auszubilden, und noch am gestrigen Sonntag hatte er die gesamte gräfliche Salvaguardia nach Krumau abkommandiert. Aber dieser zerkratzte Bauerntölpel schien den sechsmonatigen Drill im Schweinekoben verschlafen zu haben.
    »Melde gehorsamst, Herr Obersthofmeister – am untern Burgtor stehen Krumauer Bürger und begehren den Herrn Grafen zu sprechen.«
    »Ah bon?«, machte d’Alembert, verblüfft über die Promptheit, mit der sich Julius’ Voraussage zu bewahrheiten schien. »Und um wen handelt es sich?«
    »Um einen gewissen Pichler, Bader von Krumau, Herr Obersthofmeister, sowie seine Tochter und ein … Subjekt. Der Bader will was zurückgeben, das dem Herrn Grafen gehört, wie er angibt.«
    D’Alembert wechselte einen Blick mit von Hasslach. »Lasst sie ein«, befahl er Mular, »sie müssen allerdings noch in der Kammer neben dem Thronsaal warten. Sag ihnen, die Audienz beginnt um Schlag neun.«
    Eigentlich hatte er dem Soldaten noch einen Rüffel erteilen wollen: Wusste dieser Mular denn nicht, dass den gräflichen Gardisten Raufereien untersagt waren? Doch der Maître beließ es bei einer knappen Handbewegung, die den Gardisten aus dem Saal scheuchte, in diesem Moment nämlich spazierte das syrakusische Zwillingspaar Arm in Arm an ihm vorbei. Vor drei Wochen waren die beiden, Fabrio und Helena, mit einer fahrenden Theatertruppe nach Prag gekommen, und Don Julius hatte sich in die bronzehäutige Hübschheit der halbwüchsigen Geschwister vergafft und sie für ein paar Silbermünzen freigekauft. Seither hatte Fabrios Brombeerlächeln auch d’Alembert manche schlaflose Nacht bereitet – im Moment allerdings gab es Wichtigeres zu bedenken, rief er sich selbst zur Ordnung und wandte seinen Blick von dem jungen Syrakuser ab.
    Unterdessen hatte Julius an der Tafel Platz genommen, umgeben von Nymphchen und Satyrn. D’Alembert machte Freiherr von Breuner ein Zeichen; sein ältlicher Haushofmeister stand am anderen Ende des Saals, neben der geschlossenen Doppeltür, hinter der zweifellos schon die Kuchelmägde mit Silbertabletts voll hastig zubereiteter Speisen warteten: kalter Kapaun und Schwanenpastete, dazu weißes Brot und Tokaier. Als von Breuner die Geste des Maître bemerkte, nestelte er den Silberschlegel aus seinem Gürtel und schlug auf den mondgesichtigen Gong, den d’Alemberts Gesandte für ein Spottgeld im Hafen von Amsterdam erstanden hatten.

  11
     
     
    Der Tokaier schwappte ihm unter der Schädeldecke, und die gläsernen Klänge des Klavichord gellten ihm noch in den Ohren. Von d’Alembert in den Audienzsaal geführt, blieb Julius vor dem Marmorsockel mit dem alten Rosenberger Thronsessel stehen. Auf einmal war er sich gar nicht mehr so sicher, ob er das Horoskop und seinen Traum richtig gedeutet hatte. Und wenn Mariandls Sternengucker doch bloß ein Scharlatan war?
    »Die Leute aus der Stadt«, sagte er, »sind denn welche gekommen?«
    In die Hölle mit allen Betrügern, auch die väterliche Majestät hatte er mehr als einmal über hinterlistige Sternengaukler wettern hören. Doch auch der Kaiser machte seit langem keinen Schritt mehr, ohne zuvor seine Astrologen zu befragen.
    »Alles, wie Ihr befohlen habt, Excellence.« Der Maître bedachte ihn mit dem

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